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Hohe Hürden fürs Schierker Skigebiet

Anfang Januar am Wurmberg: Sie Skibedingungen sind alles andere als ideal. Der Winter kommt bislang nicht richtig in Schwung. Kein Wunder, dass in Zeiten des Klimawandels die Pläne für ein Skigebiet am benachbarten Winterberg in Schierke seit einiger Zeit auf Eis liegen.  Foto: Brabanski

Anfang Januar am Wurmberg: Sie Skibedingungen sind alles andere als ideal. Der Winter kommt bislang nicht richtig in Schwung. Kein Wunder, dass in Zeiten des Klimawandels die Pläne für ein Skigebiet am benachbarten Winterberg in Schierke seit einiger Zeit auf Eis liegen. Foto: Brabanski

Schierke. Es ist eines der touristischen Vorzeige-Projekte in Sachsen-Anhalt, aber auch eines, das die immer wieder brüchige schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt auf die Probe stellt: Die Pläne für ein alpines Skigebiet mit Seilbahn am Winterberg in Schierke werden mit zunehmender Planungszeit unrealistischer.

Montag, 13.01.2020, 17:14 Uhr

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Aktuelle Nachrichten aus dem Verkehrsministerium in Magdeburg offenbaren, dass die Planer und Investoren nach wie vor nicht in der Lage sind, das Projekt über die kritischen Hürden zu bringen.

Wegen einiger offener Fragen hat das Ministerium das Raumordnungsverfahren bereits im Juni 2019 „dauerhaft ruhend gestellt“, wie es im Behördendeutsch heißt. Offenbar um zu verhindern, dass das Verfahren nach einem halben Jahr abgeblasen wird, haben jetzt der aus Hildesheim stammende Investor Gerhard Bürger, der mit Zweitwohnsitz in Braunlage lebt, und die Stadt Wernigerode von sich aus darum gebeten, das Verfahren auch weiterhin ruhen zu lassen.

Investor und Behörde wollen die Zeit nutzen, um sich mit der unteren Naturschutzbehörde beim Landkreis Harz in Halberstadt zu verständigen, heißt es auf Nachfrage dazu aus dem Magdeburger Ministerium.

Die Investition am Schierker Winterberg, die perspektivisch eines der Argumente für den Bau des Parkhauses mit 700 Stellplätzen im verträumten Schierke war, hängt an mehreren ungelösten Fragen, auf die nach mehreren Jahren noch keine Antworten gefunden wurden: Die Seilbahn würde durch ein nach EU-Recht streng geschütztes Gebiet laufen; eine Moorwaldfläche erschwert die Planungen zusätzlich.

Dazu kommt, dass die Investoren in Zeiten des Klimawandels verdeutlichen müssen, dass eine solche öffentlich geförderte Investition, für die das Land Sachsen-Anhalt mit Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Wirtschaftsminister Armin Willingmann geworben hatten, überhaupt in die Zeit passt. Am Wochenende hat etwa die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet, dass es nicht nur immer weniger Schnee gibt, sondern Touristen zunehmend Bedenken bekommen, angesichts des Energieaufwands für Schneekanonen.

Ins Bild passen Klimadaten über den Hochharz. Demnach gab es im Zeitraum von 1961 bis 1990 im Mittelgebirge 58 Schneetage. Von 1990 bis 2018 schmolz die Zahl auf 32. Das berichtete kürzlich der MDR und berief sich auf Potsdamer Klimaforscher.

Laut Ministerium gibt es eine weitere unbeantwortete und zentrale Frage. Um ein „übergeordnetes allgemeines Interesse“ für die Investition nachzuweisen, müsste mit dem Skigebiet am Wurmberg eine Kooperation entstehen. Aber falls die Signale vom Wurmberg unverändert abweisend bleiben, ist es eine Frage, an der die Schierker Seilbahnträume scheitern müssten. Investor Bürger wirbt nicht ohne Grund mit einem länderübergreifenden Skigebiet. Das Problem ist, dass der Wurmberg den Planern vom Winterberg die kalte Schulter zeigt.

Daran hat sich nichts geändert. Das wissen Investor Bürger und der Tourismusexperte Christoph Schrahe. Beide meinen aber, wenn am Winterberg erst mal Skigefahren werde, könne sich der Wurmberg nicht abschotten. Ob diese Theorie die Genehmigungsbehörden überzeugt, daran darf gezweifelt werden. Dirk Nüsse, Betriebsleiter der Seilbahn-Gesellschaft, bekräftigt, dass sich an der Haltung am Wurmberg nichts geändert habe.

In Braunlage befürchten sie, dass die Skifahrer vom Winterberg wegen des umfangreicheren Angebots scharenweise nach Niedersachsen wechseln. Das würde den Engpass von Parkplätzen und die Wartezeiten an den Liften vergrößern.

Nüsse wirft Bürger vor, nach anfänglichen Gesprächen überhaupt nicht auf die Argumente aus Braunlage einzugehen, sondern nur seine eigenen Ideen zu verfolgen. „Alles andere interessiert ihn nicht.“

An der Wurmbergseilbahn in Braunlage wollen sie den Winter 2019/2020 noch nicht abschreiben, erklärt Betriebsleiter Dirk Nüsse. Zwar habe es in diesem Jahr nur vom 1. bis 5.  Januar einige Schneetage gegeben, doch er hoffe auf eine Wende Ende Januar. Wenn es gut laufe, seien noch einige Wochen Skifahren möglich. Seit der Erweiterung des Skigebiets für zehn Millionen Euro 2012 und 2013 gebe es eine gute Bilanz. Bis auf die erste Wintersaison sei es „eigentlich immer gut gelaufen“. Die Zahl der Schneetage, auch solcher, bei denen mit Kunstschnee nachgeholfen werden musste, stieg von 60 auf 80 und auf 110, sagt Nüsse. Die Investitionen seien auf zehn Jahre angelegt und würden sich rechnen. „Das kommt hin“, erklärt Nüsse. Ob in Zeiten des Klimawandels noch einmal umfassend in das Skigebiet investiert werde, entscheide sich vielleicht in zwei Jahren.  

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