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Sehnsucht nach Freiheit beflügelt

Eine Autorin mit Humor und Biss und eine lebendige Vorleserin: Petra Hartmann spielt die Szenen ihres Romans nahezu.  Fotos: Kempfer

Eine Autorin mit Humor und Biss und eine lebendige Vorleserin: Petra Hartmann spielt die Szenen ihres Romans nahezu. Fotos: Kempfer

Es geht um Mitbestimmung und Emanzipation in einer patriarchalischen Zeit und Gesellschaft, in der der bloße Gedanke an Freiheit noch elektrisiert, der pure Thrill: Petra Hartmann las aus „Freiheitsschwingen“.

Sonntag, 23.08.2020, 13:39 Uhr

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Es geht um Mitbestimmung und Emanzipation in einer patriarchalischen Zeit und Gesellschaft, in der der bloße Gedanke an Freiheit noch elektrisiert, der pure Thrill: Petra Hartmann las aus „Freiheitsschwingen“.

Trotz brütender Hitze bevölkerte am Freitag eine erkleckliche Anzahl Neugieriger die Caféterrasse auf den Goslarschen Höfen, um die zweite schreibende Seite der promovierten Germanistin kennenzulernen: Die Zeitungsredakteurin, diese Seite ist GZ-Lesern weit über ein Jahr bekannt, schreibt auch Geschichten, Märchen, Romane. Meistens fiktiven Inhalts, fantastische Storys. Was sie für ihre erste Goslarer Lesung aussuchte, basiert dagegen auf Fakten, historischen Vorbildern.

Hartmann nimmt ihr Publikum mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1832, mitten hinein in eine gefährliche Strömung, in der „Fürstenwillkür und Kleinstaaterei“ zusammenprallen mit der sich immer heftiger Bahn brechenden Forderung nach gesetzlich verankerter Freiheit – inklusive Pressefreiheit, natürlich. Was für eine aufregende Zeit. Allein das lebendige Lesen der Autorin, die die Stimme modulierend einsetzt und Szenen nahezu spielt, vermag die Spannung auf den Zuhörer zu übertragen. Schon ist man mittendrin im Hambacher Fest, auf den Fersen einer 14-jährigen Heldin namens Andrea, die sich mitreißen lässt von revoltierenden Massen und ihren Forderungen nach Freiheit.

Die Frau als freie Genossin eines freien Bürgers? Das lässt sich Andrea auf der Zunge zergehen. Worte und Inhalt, denen sie nachschmeckt – und die so gar nicht zur familiären und gesellschaftlichen Realität der Tochter eines fürstenfreundlichen Bürgermeisters passen wollen, von der Häuslichkeit als höchste Tugend erwartet wird. Der einzige Blitzableiter, den das zunehmend wacher und ärgerlicher werdende Mädchen beim verordneten Sticken findet, ist, dem gestickten Löwen wieder und wieder mit der Nadel ins Auge zu stechen. Da fließt das Gefährliche wie der Witz der Autorin förmlich aus der Feder, die auch sprachlich spielt und etwa „Witzableiter“ (statt Blitzableiter) am Rathaus einführt.

Obwohl man anfangs meinen könnte, in einen Jugendroman eingetaucht zu sein (die erste Liebesgeschichte deutet sich an), ist das wohl nur der erste Eindruck. „Die Heldin entwickelt sich“, verspricht Hartmann, die ihren Roman über Jahre spielen lässt. Und so, wie Andrea Mitbestimmung in einem „neuen, freien Deutschland“ fordert, gewährt Hartmann ihren Leserinnen und Lesern Mitbestimmung in der Literatur: „Freiheitsschwingen“ ist ein personalisierter Roman. Namen und Merkmale der Helden sind frei wählbar für alle, die weiterlesen wollen: Das Buch gibt es im Internet auf personalnovel.de.

Ihre erste Lesung in Goslar bestreitet Petra Hartmann auf den Goslarschen Höfen.

Ihre erste Lesung in Goslar bestreitet Petra Hartmann auf den Goslarschen Höfen.

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