Zotiger Zoff und garstige Geschichten
Glitzer-Klamotten und Zoten-Salven: Herr Willnowsky und seine Emmi gefallen dem Publikum sehr – so und so. Viele Lacher und lang anhaltender Applaus sind die Belege dafür. Foto: Potthast
Bad Harzburg. "Hau, ho, pf…hoaar…huha“: Laute, die das kleine russische Taiga-Frettchen von sich gibt – zwischendrin. Also zwischen den Sätzen. Denn sprechen kann es ja auch. Herr Willnowsky wird es genannt. Und es gehört (zu) Emmi. Willnowsky ist aber nicht ihr Haustier, sondern ihr Ehemann. 21 Jahre sind sie verheiratet, streiten sich, beleidigen sich – und das auf der Bühne. Am Samstag auf der des Kulturklubs Bad Harzburg im Bündheimer Schloß. Die Vorstellung „Tour 2018“ war ausverkauft, das Publikum hatte Dauer-Spaß.
Auf wie viele anzügliche Witze zwei Künstler bloß kommen können… Emmi und Herr Willnowsky demonstrieren es. Sie stehen am Klavier, neben dem Klavier und geben den Gästen Komik und Klamauk im Überfluss. Die konsumieren das sehr gerne. Lachen tut gut.
Auslöser dafür: Es ist der Schlagabtausch, den sich Herr Willnowsky und Emmi liefern. Es sind die garstigen und die zotigen Scherze, die sie loswerden. Es sind die gesprochenen und gesungenen Reime mit fiesem Inhalt. Es sind die Improvisationen, die in der selten netten und oft frivolen Kontaktaufnahme mit dem Publikum gefordert sind.
„Was kommt immer am 23. September, Gaby, sag es, Du Luder…“, knarzt Herr Willnowsky einen Gast an. Ob ihr Vater Fotograf gewesen sei, hatte er zuvor wissen wollen. Warum? „Du bist so gut entwickelt.“ Die Antwort auf den 23. September gibt Emmis Gatte später auch noch: Mon Chéri, diese Likörpralinen mit Frucht.
„Mein Lieber“ – mon chéri im Deutschen – so mit voller Inbrunst ausgesprochen, das kriegt Herr Willnowsky, der vorne Valentin heißt, nicht zu hören. „Meine Frau ist ganz schlecht zu mir“, sagt er. „Ooooh“, kommt vom Publikum mitleidsvoll. Aber: Der Herr ist zu der seinen nicht minder mistig. „Böse, böse Emmi, böser Hobbit, geh‘ nach Auenland, wir wollen Dich hier nicht, zeig Deine haarigen Füße…“ Mehr davon, viel mehr reichert den Abend im Bündheimer Schloß an. Sie zu ihm: „Du solltest Dein Gesicht in der Hose tragen.“ Er über sie: „Von wegen Carglass tauscht aus, hohä.“
Dass nicht Audi die „Sagrada Familia“ in Barcelona entworfen hat, sondern Gaudi, muss sie ihm beipulen. Gaudi ist für ihn aber Käse. Sie korrigiert, der heiße Gouda. „Oh, da irren wir uns aber“, sagt er. So hangeln sie sich weiter zu Lauda, Lada, Lama und Rama. Und kommen über Rama zu Butter und darüber sogar zum Zweiten Weltkrieg und zu Führerbildern, die „entrahmt“ wurden…
Anspielungen dieser Art bringt Herr Willnowsky auf. Weil beispielsweise die Gäste gleich mitsingen, als er plötzlich ein Lied durch einen ganz bekannten Mitgröler unterbricht. Seine Geste dann: zwei Finger über der Oberlippe… Derlei Einschübe sondert Willnowsky nicht ständig ab. Und schon gar nicht so häufig wie das Reißverschluss-Rauf-Runter-Runter-Rauf und wie den Unterkörper-Schwung.
Die Dame und der Herr singen Paartherapeutisches zur Melodie „Die kleine Kneipe“: „…wir schreien uns an und werfen mit Messern…die kleine Beule auf unserer Nase… weil wahre Liebe nicht totzukriegen ist…“ Sie sind sich aber auch mal einig: „Wir hassen die Deutsche Bahn… der Kaffee kalt, die Brötchen alt… steht was dunkel im Schnee, ist es ein ICE… wäre Pünktlichkeit Pflicht, gäb’ es sie nicht…“
Sie flirten mit Gästen, na, was die beiden so unter flirten verstehen: Willnowsky mit Gaby und Doris, Emmi mit Lennart, Louis und Max und Norman. Sie verraten einiges über sich. Herr Willnowsky über Emmi, dass sie eine Frühgeburt war – ein Quickborn, wie Emmi ins Englische übersetzt. Emmi über Willnowsky, dass in seiner Familie offenkundig inzestuöse Verhältnisse herrschen. Willnowsky über Willnowsky: „Manchmal bin ich schon selber erstaunt, was ich auf der Bühne für eine Scheiße erzähle.“
Mit der kommt er, kommen er und Emmi beim Publikum an, sie, die Wortgewaltige, und er, der Tastenzauberer und Schweinkram-Lieferant. Nur ein Beispiel dafür: Fragt er, was Hunde und kurzsichtige Gynäkologen denn gemeinsam hätten. Na, was mag das sein? „Die feuchte Nase.“