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Tot am Strand von Juist gefunden: Vor einem Jahr starb Alexandra W.

Juist/Harz. Am Freitag vor einem Jahr zog das Entsetzen auf Juist ein. Zwei Urlauberinnen fanden am Morgen in der Nähe ihres Strandkorbes die fast vollständig mit Sand bedeckte Leiche einer jungen Frau.

Donnerstag, 24.07.2014, 20:00 Uhr

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Alexandra W., Psychologie-Studentin aus dem Oberharz, die als Saisonkraft in einer Insel-Bäckerei arbeitete, wurde nur 23 Jahre alt.

Die lebensfrohe junge Frau starb eines gewaltsamen Todes. Der Iserlohner Patrick S. (24) hatte die Studentin in der Nacht zuvor am Strand erdrosselt. Die Schwurgerichtskammer am Landgericht Aurich verurteilte ihn im März wegen Totschlags zu sieben Jahren und neun Monaten Haft. Die Eltern der Getöteten legten Revision ein, über die indes noch nicht entschieden ist.

Die Eltern und die beiden Geschwister sind nach wie vor davon überzeugt, dass Alexandra nicht Opfer eines Totschlags nach einem Streit wurde. Sie glauben vielmehr, dass Patrick S. die Studentin ermordet hat.

Zunächst deutete vieles auf ein Sexualdelikt hin. Der Körper der jungen Frau war bis auf ihr Halstuch und eine Halskette entkleidet, die Beine waren weit gespreizt. Das Gericht, so die Eltern, habe sich zu wenig diesem drastischen Bild gewidmet. „Der psychiatrische Sachverständige hat nur geäußert, dass er dazu nichts sagen kann. Eine andere Psychiaterin sagte uns, dass gerade diese Situation Indiz für einen Sexualmord ist“, so der Vater.

Er übt Kritik am Urteil: „Es hat sich für uns bestätigt, dass das Gericht an mehreren Stellen nicht versucht hat, Aufklärung herbeizuführen. Das Gericht war bei der Feststellung des Tatablaufs in weiten Teilen dem Angeklagten gefolgt, der zur Tatzeit alkoholisiert war. Er hatte angegeben, mit der jungen Frau zum Strand gegangen zu sein, um einvernehmlich Sex zu haben. Dazu sei es nicht gekommen, weil er keine Erektion bekommen habe. Alexandra habe ihn deshalb verhöhnt, beleidigt, ausgelacht und ins Gesicht geschlagen.

Daraufhin sei es zur körperlichen Auseinandersetzung gekommen. An viel mehr könne er sich nicht erinnern. Die Mutter sagt dazu: „Der Prozess hat gezeigt, dass er in der Vergangenheit immer wieder gelogen hat, wenn er belastet wurde. Aber das Gericht glaubt ihm.“

Die Schwurgerichtskammer nahm zwar nicht an, dass die junge Frau den ersten Schlag gesetzt hatte, ging aber von geplantem einvernehmlichen Sex und Streit aus.

„Wir sehen einen anderen Handlungsablauf“, sagt der Vater der Getöteten. „Weder auf den Sex mit diesem Mann, noch auf den Streit hätte Alexandra sich eingelassen. Wir gehen davon aus, dass der erste Schlag für sie völlig überraschend kam und sie so beeinträchtigt hat, dass sie nicht mehr weglaufen konnte. Für uns ist damit ein heimtückisches Vorgehen erfüllt.“

Die Mutter betont: „Das Urteil macht eine ganze Menge mit uns. Es entsetzt uns. Ich glaube nicht mehr an unsere Gesetzgebung.“ Der Prozess hat die Familie viel Kraft gekostet. Aber sie nimmt weiterhin die Mühen des Verfahrens auf sich. „Rund 95 Prozent der Revisionen werden abgelehnt“, weiß der Vater.

Die Eltern gehen wieder ihrer Arbeit nach, Alexandras Geschwister haben ihr Studium fortgesetzt. „Es ist die einzige Möglichkeit, alltäglich wieder klarzukommen“, sagt Alexandras Vater.

Heute wird die Familie einen Ausflug unternehmen, „so wie wir ihn früher mit Alexandra gemacht haben“. Gedenktage braucht die Familie aber nicht. Der Verlust der Tochter und Schwester ist allgegenwärtig – jeden Tag.

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