Keine Party mit Luzifer, Maikönigin und dem Tod

Ein Jahr Zwangspause – das bedeutet die Pandemie für die Wolfshäger Hexenbrut. Die Begeisterung für das Fest wird aber dennoch nicht schwinden, da ist sich Antje Wedde sicher. Archivfotos: Leifeld
Wolfshagen. Der Countdown auf der Homepage der Wolfshäger Hexenbrut tickt. Unermüdlich zählt der Timer bereits jetzt die Zeit bis zum nächsten Walpurgisfest, allerdings stehen nicht mehr nur wenige Stunde auf der Uhr, sondern gleich 365 Tage – denn die höllische Fete auf der Wolfshöhe musste bekanntlich aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden.
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Auch die Maikönigin wird in diesem Jahr nicht auftreten.
„Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, erklärte die Oberhexe der Wolfshäger Hexenbrut, Antje Wedde, dieser Tage beim Spaziergang durch den heimischen Wald. Normalerweise würde sie jetzt mitten in den letzten Vorbereitungen zum teuflischen Festspektakel stecken und von ihren kreischenden Mit-Hexen umgeben sein. Nicht aber Walpurgis 2020. Keine Vorbereitungen. Kein Hexentanz. Kein Teufelstreiben. Da bleibt selbst einer Oberhexe nur der einsame Weg durch den Wald – nicht einmal begleitet von einem waschechten Werwolf, sondern nur von ihrem gepunkteten Dalmatiner.
Aber der unaufhörlich tickernde Countdown macht Mut. Auch einer Hexe. „Ich hatte den Auftritt der Hexenbrut schon sehr frühzeitig abgesagt, weil sich nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt ein Kontaktverbot für mich und die Hexen schon früh abzeichnete. Es war eine Vernunftentscheidung, denn ich sehe mich auch in der Verantwortung“, erklärte Antje Wedde. Die Hexenbrut sei ein Magnet für die Veranstaltung des Fremdenverkehrsvereins (FVV) auf der Wolfshöhe, die in den vergangenen Jahren bis zu 10.000 Walpurgisfreunde von nah und fern begeisterte. „Wir haben so viele Fans von auswärts. Da wollte ich rechtzeitig bekannt machen, dass die Hexenbrut in diesem Jahr nicht auftritt.“ Mit dem auferlegten Veranstaltungsverbot sagte dann auch später der FVV das ganze Spektakel ab. „Es wurde auch im Ort nichts geschmückt. Warum sollten wir uns auf etwas einstimmen, dass nicht ist?“, betonte sie voller Wehmut.
„Dabei hatten wir so viel vor: Wir wollten unseren legendären Hexentanz ,Schüttle den Speck‘ als Tanz der Nationen aufführen und damit den Menschen aus möglichst vielen Ländern vereinen.“ Zusagen von tanzwilligen Gästen aus Schottland, Polen und sogar den USA (Florida) lagen ihr bereits vor. „Mit Jan Abraham als ,Lord Luzifer‘ und Nora Schönborn als Maikönigin wollten wir unsere so teuflische, zehnjährige Zusammenarbeit feiern.“ Auch Kassandra Vollmering wäre als „der Tod“ wieder ins Programm eingebunden gewesen. Als „Gespielin des Teufels“ hat auch Nadine Geide ein neues Duett mit Jan Abraham einstudiert. „Aber all das wird nun nicht stattfinden“, betonte die Hexe bedröppelt, ihre Zuversicht auf 2021 richtend.
Abreißen wird der Wahn der Walpurgisnacht jedenfalls auch mit der einjährigen Pause nicht, ist sie sich sicher. „Die Hexenbrut pflegt übers Internet weltweite Kontakte. Auch haben wir etliche neue junge Hexen in unserer Gruppe, die ganz heiß auf teuflische Tänze sind.“ Da könne eine so alte Oma-Hexe, wie sie es mit einem teuflischen Enkel inzwischen sei, beruhigt in die Hexenzukunft blicken.
„Ich werde es in dieser Walpurgisnacht ruhig angehen lassen. In meinem Hexenhaus mit Kräutergaren. Vielleicht schaue ich mal zur Wolfshöhe hoch und murmele ein paar Hexensprüche.“ Einen teuflischen Tipp hält sie für Familien mit Kindern parat: Am heutigen Donnerstag wird in neuen Goslarer Autokino der Familienfilm „Die kleine Hexe“ gezeigt. „Bei den Dreharbeiten haben mehrere Wolfshäger Hexen als Komparsen mitgewirkt. Im Vorfeld des Films überbringt die Hexenbrut in einem kurzen Video Grüße zur Walpurgisnacht. Den Clip haben wir in der vergangenen Woche gedreht.“ Vielleicht wird es so doch noch ein teuflisch-vergnügter (Kino-)Abend.