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Heinrichs Evangeliar: Ein Historienschatz kehrt heim

Uppsala/Goslar. Heinrich III. wird 1000 Jahre alt, Goslar feiert seinen Kaiser. Aber um welchen Schatz handelt es sich eigentlich, wenn dessen prächtige Bibel im September leihweise heimkehrt?

Samstag, 18.02.2017, 11:00 Uhr

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Für die neue Stiftskirche gegenüber seiner Goslarer Lieblingspfalz musste etwas Prunkvolles her. Zu deren Weihe um das Jahr 1050 gab der mächtige Kaiser Heinrich III. deshalb in der weltberühmten Echternacher Klosterschule ein Evangeliar in Auftrag, das unter dem Namen „Codex Caesareus Goslariensis“ bis heute ein glänzendes Zeugnis von den Bild- und Schreibkünsten der dortigen Benediktiner-Mönche ablegt.

Ab dem 3. September 2017 ist das gemeinhin Kaiserbibel genannte Schmuckstück in einer Ausstellung in der Kaiserpfalz zu sehen. Weil die Welterbestadt den 1000. Heinrich-Geburtstag feiert, sorgt der Museumsverein für ein wahres Glanzlicht. „Dieses Buch muss nach Goslar kommen“, dachte Vorsitzender Jörg-Utz Hapke, als er das Evangeliar 2006 in der Paderborner Canossa-Ausstellung bewunderte.

2006 – es war Salier-Jahr auch in Goslar. Der Todestag Heinrichs III. jährte sich zum 950. Mal, der seines in Goslar geborenen Sohnes, Nachfolgers und Canossa-Gängers Heinrichs IV. zum 900. Male. Und weil ein vierstelliger runder Geburtstag ohnehin ein viel schönerer Anlass als jeder Todestag ist, erfüllt sich Hapkes Traum jetzt dank Goslarer Kontakte zur Universitätsbibliothek im schwedischen Uppsala.

Dort liegt der Schatz seit 1805 und wird nur seltenst aus der Hand gegeben. Neben Paderborn kam in jüngster Zeit nur Speyer 1992 als deutscher Gastgeber in den Genuss der farbenprächtig ausgemalten Bibel. In Goslar – so ist es geplant – bekommen die Besucher der Ausstellung jeden Monat eine neue Seite aufgeschlagen in jenem Buch, das im Wintersaal der Pfalz – der Raum geht auf die Zeit Heinrichs zurück – in einer elektronisch bestens gesicherten und klimatisierten Glasvitrine nur wenige Meter vom Kaiserstuhl seinen Platz finden soll. Außerhalb der Öffnungszeiten versperren Stahlgitter den Weg zusätzlich.

Ohne Zweifel: Das Evangeliar ist eine historische Kostbarkeit. Dass irgendwann zwischen Reformation – Gruß an Martin Luther, den zweiten Jubilar des Jahres – und Dreißigjährigem Krieg die mit vergoldeten Silber beschlagene sowie mit Edel- und Halbedelsteinen besetzte Vorderseite gegen einen vergleichsweise bescheidenen blauen Samteinband mit Silberrosetten aus einer Augsburger Manufaktur ausgetaucht wurde, mag der Mensch der Moderne verschmerzen.

Die Handschrift ist 28 mal 38 Zentimeter groß und enthält 159 Pergamentbögen, die – nach frühmittelalterlicher Technik in der Regel gefaltet – jeweils zwischen zwei Brettchen eingebunden wurden. Von den insgesamt 318 Seiten, die bis auf eine „gewisse Welligkeit“ in der vorderen Buchhälfte allesamt vollständig und unbeschädigt erhalten sind, weisen 97 herrliche, häufig ganzseitige Bilder auf. Laut Museumsverein machen sie einen „frischen Eindruck, als wären sie gerade erst gemalt“. Wesentlicher Inhalt sind die vier Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, geschrieben – selbstredend – in lateinischer Sprache.

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