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Flüchtlingsbetreuung: Wo Goslar von Vienenburg lernen kann

Auch die Familie Utsmaev aus Tschetschenien wird schon seit Jahren von Christa Hillebrandt (links) betreut.  Archivfoto: Nixdorf

Auch die Familie Utsmaev aus Tschetschenien wird schon seit Jahren von Christa Hillebrandt (links) betreut. Archivfoto: Nixdorf

Goslar. Erstmals durfte Vienenburgs langjährige Ausländerbeauftragte Christa Hillebrandt der Goslarer Politik berichten. Sie stieß auf teils großes Staunen und Respekt für ihren Einsatz.

Von Frank Heine Samstag, 25.04.2015, 12:35 Uhr

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Premiere für Christa Hillebrandt: Zu Vienenburger Zeiten hatte die Ausländerbeauftragte den Rat regelmäßig jedes Jahr über ihre Arbeit informiert. In Goslar durfte sie am Freitag nach einigen Anläufen endlich im Fachausschuss für Bildung, Familie und Soziales vortragen – und auch den Wunsch anbringen, vom Einwohnermeldeamt über alle neuen Flüchtlingsfamilien automatisch von der Stadt informiert zu werden.

Was in Vienenburg problemlos lief, scheitert in Goslar bis dato an Datenschutz-Bedenken. Die Grünen hätten laut Sabine Seifarth bereits einen Antrag im Sinne Hillebrandts gestellt. Michael Ohse (Linke) erinnerte zudem an einen SPD-Antrag von vor 23 Monaten, für Goslar einen Ausländer-Beirat einzurichten. Genug zu tun hätte er gerade in diesen Zeiten wohl jede Menge.

Allein in Vienenburg jedenfalls ist die Ehrenamtliche Hillebrandt, die eine Aufwandsentschädigung erhält, mit ihrer Aufgabe gut ausgelastet. Wenn einmal zwei Wochen ohne drängende Probleme vergingen, gäbe es wieder Zeiten, wo sie wochenlang jeden Tag vier bis fünf Stunden eingebunden sei, antwortete sie auf eine Frage der Vorsitzenden Renate Lucksch (SPD). Derzeit sei eine gut integrierte, seit November 2011 in Vienenburg lebende Familie aus Serbien konkret von der Abschiebung betroffen. Der durch den Krieg schwer traumatisierte Mann arbeitet inzwischen auf Vermittlung von Bürgermeisterin Almut Broihan (CDU) bei einer Goslarer Firma. Das Schicksal der Familie liege gegenwärtig bei der Härtefall-Kommission. Die jederzeit drohende Abschiebung bedeute eine große Belastung und Unsicherheit.

Apropos Jobs: Auch wenn sich die Kooperation der Behörden in den vergangenen Jahren sehr verbessert habe, sei die Stellen-Suche extrem schwierig für Menschen, die zwei- bis dreimonatsweise ihre Duldung verlängert bekämen. Welcher Arbeitgeber spielt da mit? Auch Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk habe diese Schwierigkeiten erfahren müssen, der Ende Januar für zwei Vienenburger seine Hilfe versprochen habe. Inzwischen, so Broihan, zeichne sich zumindest in einem Fall ab Mai eine Möglichkeit ab.

Ein ganz anderes Feld ist das Vermitteln innerhalb der Familien: Wenn Kinder, insbesondere Mädchen, wie ihre deutschen Freunde leben wollen und gegen alte Traditionen verstoßen, sind Konflikte programmiert. Hillebrandt schilderte höchst eindrucksvoll ihre Hilfe in zwei schwierigen Fällen – Hut ab.

Aber es gibt auch Dinge, die einfach Spaß machen: So zahlte sie aus dem GZ-Glücksschweinchengeld 2014 fünf Migranten-Kindern den Schwimmunterricht – alle bestanden ihr Seepferdchen, ein Mädchen sogar das Bronzeabzeichen. Das Geld reichte noch für ein Duo, das eine Ferienfreizeit auf der Erlebnisfarm Neuland verbrachte. Der Verein zur Förderung der Jugendarbeit spendierte zehn Zehnerkarten fürs Vienenburger Freibad. Drei Kinder nahm der Lions Club Bad Harzburg mit auf seine Sommer-Löwenreise.

Ebenfalls drei Kinder fuhren mit der katholischen Kirche für zwei Wochen in die Niederlande. Bezahlt hatte der Verein Leben in der Fremde. Hillebrandt: „Die Freude und Dankbarkeit der Eltern und Kinder war eine Sternstunde für mich.“

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