Exklusiv: „Subway to Sally“-Geigerin Ally Storch im GZ-Interview
Geigerin Ally Storch ist seit 2016 festes Mitglied von „Subway to Sally“.
Goslar. „Engel steigen auf“ – so heißt ein Titel auf ihrem aktuellen Album „Hey“. Am heutigen Freitag sollten sie eigentlich auf eine Goslarer Bühne steigen. Die Potsdamer Folk-Metal-Band „Subway to Sally“ spielt nach der Absage aufgrund der Corona-Entwicklung jetzt aber erst am 30. Oktober beim Miner‘s Rock am Rammelsberg. Die Karten behalten ihre Gültigkeit.Mit Blick auf das Konzert hatte GZ-Redakteurin Svenja Paetzold-Belz mit Geigerin Ally Storch, die der 1990 gegründeten Formation seit 2016 als festes Mitglied zur Seite steht, bereits in der Vorwoche über Pessimismus angesichts des Zeitgeschehens, über das aktuelle Album und über „Subway to Sallys“ ganz eigenes Musik-Genre gesprochen. Auch diese Aussagen behalten ihre Gültigkeit, weshalb die GZ das Interview trotz Verschiebung des Auftritts abdruckt. Vor allem der Anfang zeigt, wie sehr man sich manchmal täuschen kann . . .
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Zunächst mal die naheliegende Frage: Wie abergläubisch ist denn die Band „Subway to Sally“?
Ist die Frage naheliegend? (lacht)
Ich sage gleich, warum.
Also, so weit ich weiß, eigentlich überhaupt nicht.
Also kein Problem, dass Sie ausgerechnet an einem Freitag, den 13., in Goslar auf der Bühne stehen.
Ach deswegen! Im Gegenteil, das Konzert ist ja sogar ausverkauft. Wir treten also quasi den Gegenbeweis an, dass der Tag Unglück bringen soll.
Dann lassen wir den Aberglauben beiseite: Auf „Hey“ spielen sowieso eher aktuelle und kritische Themen eine Rolle (z.B. Konsumwahn und Mobbing), der Grundton der Texte ist ziemlich pessimistisch. Wieso ist das so?
Na ja, so ist eben gerade Zeitgeschehen. Wir sprechen an, dass wir alle immer so weitermachen wie bisher, aber ohne hinzusehen. Wir wollen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger kommen und sagen: „Ihr müsst euch jetzt alle verändern“, sondern eher: „Wir müssen alle gemeinsam hinschauen, was wir da eigentlich machen“.
Fühlt sich die Band angesichts des Zeitgeschehens also ein Bisschen verpflichtet, solche Themen aufzugreifen?
Ich denke, das ist eher die persönliche Sache eines jeden. Ich glaube nicht, dass sich die Band verpflichtet fühlt, so etwas herauszustellen, das groß herauszuschreien und zu sagen: „Wir verändern jetzt die Welt“. Aber wir sind ja alle denkende und fühlende Menschen und haben alle den Wunsch, dass sich etwas verändert. Wir sehen, dass es so nicht geht, und drücken das in unserer Musik auch aus. Und nehmen uns, wie gesagt, dabei selbst nicht aus.
Wo wir gerade bei Aktuellem sind: Um das Coronavirus kommt man in den Nachrichten nicht herum. Haben Sie schon über möglich Konzertabsagen sprechen müssen?
Wir sind da eher entspannt, uns bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Aber es gab tatsächlich schon kurz die Information, dass es womöglich eine Limitierung geben könnte, also dass bestimmte Shows ab einer gewissen Größe vielleicht nicht gespielt werden können. Das wurde kurz angemerkt. Aber bisher ist nichts passiert. (*Anmerkung der Redaktion: Erst nach dem in der Vorwoche geführten Interview wurde das Konzert in Goslar abgesagt)
Im vergangenen Jahr hat Mono Inc. beim Miner’s Rock die Goslarer umgehauen – eine Band, die Sie gut kennen. Zum Beispiel war sie bei der „Subway-to-Sally“-Kreuzfeuer-Tournee 2009 Ihre Vorband (*Anmerkung der Redaktion: Dabei machten sie übrigens auch im jetzigen Coronavirus-Krisengebiet Wuhan halt). Setzt Sie das ein bisschen unter Druck, jetzt auf diese andere Art nach Ihrer ehemaligen Vorgruppe im Rammelsberg abliefern zu müssen?
Überhaupt nicht, nein. Wir sind gute Kollegen, machen aber glücklicherweise ganz verschiedene Musik. Wobei, was heißt „glücklicherweise“? (lacht) Ich finde es immer sehr schön, dass man „Subway to Sally“ eigentlich in keine Schublade stecken kann. Wir sind damit quasi konkurrenzfrei. Und gerade Vielfalt macht ja unsere Musikwelt spannend. Bestimmt haben wir mit Mono Inc. auch eine gewissen Publikums-Schnittmenge, aber zu uns werden auch ganz andere Leute kommen. Und zum Thema „abliefern“: Wir haben, wie gesagt, schon eine super Verkaufszahl hingelegt. Und nachdem die erste „Hey“-Tour schon so toll gelaufen ist, mache ich mir überhaupt keine Sorgen, dass die Goslarer unzufrieden nach Hause gehen könnten.
Stichwort Goslar: Mit dem in diesem Jahr anstehenden sechsten Auftritt beim Rockharz Open Air ist „Subway to Sally“ quasi harzerprobt. Wie sieht es mit Goslar aus?
Also ich kenne die Stadt aus persönlichen Gründen. Ich habe einen ganz lieben Freund und Fan, der inzwischen schon seit vielen Jahrzehnten irgendwie an meiner Seite ist als jemand, der meine Arbeit verfolgt. Der wohnt in Goslar. Und jetzt komme ich nach über zehn Jahren das allererste Mal in seine Stadt. Da freue ich mich natürlich ganz doll drauf.
Dann hoffe ich, Sie sehen sich auch, wenn Sie hier sind?
Das ist fest geplant!
„Subway to Sally“ hat im Laufe der Karriere eine starke Entwicklung gemacht, ist von Folk-Einflüssen gekommen, hat lange den Mittelalter-Rock-Stempel getragen und zwischenzeitlich härtere Klänge angeschlagen. Inzwischen sind Sie als Band quasi ihr eigenes Genre – Sie haben es eben gesagt: „konkurrenzlos“. Was unterscheidet „Hey“ von bisherigen Alben?
„Subway to Sally“ bleibt sich immer treu, aber trotzdem spinnen wir den Faden ständig weiter. So kommen immer kleine neue Elemente dazu. Die neue Platte – ja, die ist ganz verrückt eigentlich (lacht.)
Unser Gitarrist Ingo ist ein Kindskopf – im positiven Sinne! Und er hat mal ganz tief in seiner Schublade gekramt, was ihn so seit seiner Jugend musikalisch verfolgt. Und er hat’s tatsächlich geschafft, ganz viele Zitate aus den 70er und 80ern in die neuen Songs einzubetten. Das ist was ganz Neues bei „Subway to Sally“ und es ist ihm unglaublich geschickt gelungen.
Unsere Platte „Mitgift“, das vorangegangene Album, hatte schon Dubstep-Elemente, aber mit den elektronischen Einflüssen sind wir jetzt noch einen Schritt weitergegangen. Ingo hat sich noch lange damit beschäftig, was es in den ganzen Spielarten der elektronischen Musik noch so gibt und was die ganz moderne Metal-Welt derzeit zu bieten hat. Also diese zwei Elemente sind ganz neu: Die Erinnerungen an seine eigene Jugend, die Ingo mit eingebracht hat, und das extrem weitergesponnene Elektronische.
Da höre ich raus, dass Sie mit aktuellen Entwicklungen in der Musik mitgehen wollen.
Ja, unbedingt. Ich sage für mich immer: Man muss das Rad nicht neu erfinden. Musiker, die Musik machen, die es immer schon gab, muss es meines Erachtens auch geben. Das sind diejenigen, die etwas konservieren und das finde ich wertvoll. Aber es muss auch unbedingt den Gegenpol geben – diejenigen, die die Musik weiterentwickeln und daraus neue Ideen schaffen. Insofern bin ich ganz dankbar, ausgerechnet bei „Subway to Sally“ gelandet zu sein, wo man nicht zum tausendsten Mal „Herr Mannelig“ (*Anmerkung der Redaktion: Schwedische Ballade in mittelalterlichem Stil, die häufig von Mittelalter-Bands gecovert wird) runter betet, sondern sich immer wieder neu erfindet, ohne sich zu verlieren. Das finde ich faszinierend.
Eine persönliche Geschichte muss ich kurz loswerden, bevor ich zur letzten Frage komme. „Subway to Sally“ hat irgendwann ¨– es muss 2004 oder 2006 gewesen sein – auf dem „Rock Harz“ gespielt, damals noch auf einem Bolzplatz in Dorste bei Osterode. Zu der Zeit habe ich als Schülerin ab und zu für die örtliche Zeitung geschrieben. Als die mich fragten, ob ich nicht ein Interview mit der Band machen möchte, habe ich entsetzt abgelehnt.
Ohje, echt? (lacht) Das wäre nicht nötig gewesen!
Allerdings aus dem einfach Grund, dass ich „Subway to Sally“ damals viel gehört habe und von der Vorstellung, so eine bekannte und erfolgreiche Band zu interviewen, total eingeschüchtert war. Da freue ich mich natürlich umso mehr, dass es jetzt doch noch dazu gekommen ist. Worauf ich damit hinaus will: In meiner Erinnerung war das Konzert damals total gut besucht. Sie haben in der Region also Fans, auch Fans der ersten Stunden. Kommen die in Goslar ebenso auf ihre Kosten wie alle, die sich auf neuere Titel freuen?
Na klar! Immer (lacht). Das ist ja das Schöne: Wir haben so ein paar Lieder dabei, die werden nicht müde. Was ich faszinierend finde, wenn man sie tausend Mal spielt – obwohl ich ja in der glücklichen Lage bin, dass ich sie vielleicht erst 999 Mal gespielt habe, da ich erst seit 2016 dabei bin – spielt man sie trotzdem noch gerne. Die bleiben trotzdem im Programm, weil sie einfach ganz wichtige Meilensteine der Bandgeschichte sind. Also, es ist wie immer für jeden was dabei.
<p>Ab sofort gibt es wieder reichlich Tickets für die Folk-Rocker aus Potsdam: Subway to Sally kommt jetzt am 12. August an den Rammelsberg und gestaltet zusammen mit Faun einen Open-Air-Abend. Foto: Veranstalter</p>