Eine Stadt unter Schock: Heinz-Werk in Seesen schließt

<p>Ende Mai schließt das Werk, 190 Mitarbeiter sind betroffen. Foto: Kusian-Müller</p>
Schwarzer Tag für die Stadt: Der Nahrungsmittelhersteller Heinz hat angekündigt, sein Seesener Werk zu schließen. 190 Arbeitsplätze sind betroffen.
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„Im Zuge einer umfassenden und kontinuierlichen Überprüfung der europaweiten Lieferkette, der Kompetenzen und Kapazitätsauslastung des Unternehmens, gibt Heinz hiermit seine Absicht bekannt, das 190Mitarbeiter umfassende Werk Seesen zu schließen“, so lapidar der Original-Ton einer von der H. J. Heinz GmbH verschickten Pressemitteilung. Es sei vorgesehen, die Produktion über die nächsten Monate stufenweise auf Co-Packer zu übertragen – heißt: die Verlagerung von Herstellung und Logistikdienstleistungen auf Subunternehmen. Mehr als besagte Pressemitteilung – mit dem Hinweis, dass im Rheinland Weiberfastnacht sei – war gestern aus dem Deutschland-Sitz der H. J. Heinz GmbH in Düsseldorf nicht zu bekommen.
„Das ist eine sehr, sehr schlechte Nachricht für die Stadt Seesen. Ganz schlimm. Es ist für Mitarbeiter und deren Familien dramatisch – und auch für die Stadt“, erklärte Bürgermeister Erik Homann in einer ersten Reaktion. „Es besteht die Gefahr, dass wir noch weiter an Bevölkerung verlieren, weil die Heinz-Beschäftigten auf der Suche nach neuen Jobs wegziehen“ – er hofft deshalb, dass möglichst viele Arbeitnehmer bei anderen Seesener Unternehmen unterkommen. „Das Werk war ein großer Abwasserkunde und Gewerbesteuerzahler“, erläutert Homann. „Die Stadt hat nun nicht nur weniger Einnahmen, sondern es kommen auf sie eventuell auch Rückzahlungen zu. Gleichzeitig werden die Abwasserkosten auf weniger Schultern verteilt werden müssen“, führt Homann die Folgen aus. Außerdem bedeutet der Verlust der Arbeitsplätze auch einen Kaufkraftverlust in der Stadt.
Ein Aus habe schon länger über dem Werk wie ein Damoklesschwert geschwebt. Es hieß aber immer, es sei durch die Modernisierungen gut aufgestellt, so Homann weiter. Gleichwohl sei ihm in Vorgesprächen immer wieder signalisiert worden, dass trotzdem eine Schließung nicht auszuschließen sei. „Die Bohnenproduktion ist abwassertechnisch nicht einfach. Seitens der Stadt haben wir immer versucht, kulant mit diesem Thema umzugehen, um keine Probleme zu verursachen, die den Heinz-Standort Seesen hätten in Gefahr bringen können“, blickt Homann zurück.
Heinz stellt in Seesen Fertiggerichte in Dosen und Kunststoffschalen her, vor allem Produkte für die Marke „Weight Watchers“, und beliefert damit vorrangig den ausländischen Markt, so Homann. „Vor einigen Jahren verkauften sie den Markennamen Sonnen-Bassermann“, erläutert der Seesener Verwaltungschef. Er ist seit 2012 im Besitz des niederländischen Lebensmittelkonzerns Struik Foods Europe. Die Entscheidung zum Aus sei in der Heinz-Konzernzentrale in den USA gefallen. Es sei der Verlust eines traditionsreichen Standorts – „viele Seesener Familien sind mit der Fabrik verbunden.“
Homann hat noch ein Fünkchen Hoffnung, dass sich jemanden für das Werk findet, der dort weiterproduziert. „Aber die Hoffnung ist nur sehr klein.“ Deshalb bestehe auch die Gefahr, dass mitten in der Seesener Innenstadt eine Industrieruine entstehe.