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Die Sammlung auf Schloss Derneburg ist ein Muss für Fans moderner Kunst

Angekommen: In der Eingangshalle von Schloss Derneburg werden die Kunstreisenden in Empfang genommen und anschließend durch die Neupräsentation der Sammlung der Schlossherren Andrew und Christine Hall geführt. Es gibt viel zu sehen: Eine Gruppenausstellung haben Jonathan Meese, Albert Oehlen und Daniel Richter gemeinsam bestückt und kuratiert. Fotos: Kempfer

Angekommen: In der Eingangshalle von Schloss Derneburg werden die Kunstreisenden in Empfang genommen und anschließend durch die Neupräsentation der Sammlung der Schlossherren Andrew und Christine Hall geführt. Es gibt viel zu sehen: Eine Gruppenausstellung haben Jonathan Meese, Albert Oehlen und Daniel Richter gemeinsam bestückt und kuratiert. Fotos: Kempfer

Hinter jeder Tür wartet eine Offenbarung. In einem Schloss, das vom 12. Jahrhundert an zunächst ein Kloster war, haben amerikanische Kunstsammler – Andrew und Christine Hall – ein Museum für moderne Kunst geschaffen, dessen Durchschreiten den Atem raubt. Der Verein zur Förderung moderner Kunst (VFK) war am Mittwoch im Schloss Derneburg zu Gast – und begegnete in Georg Baselitz’ alter Wirkungsstätte den Werken weiterer Kaiserringträger und solcher Künstler, die das Potenzial hätten, es zu werden.

Von Sabine Kempfer Donnerstag, 18.07.2019, 18:38 Uhr

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Hinter jeder Tür wartet eine Offenbarung. In einem Schloss, das vom 12. Jahrhundert an zunächst ein Kloster war, haben amerikanische Kunstsammler – Andrew und Christine Hall – ein Museum für moderne Kunst geschaffen, dessen Durchschreiten den Atem raubt. Der Verein zur Förderung moderner Kunst (VFK) war am Mittwoch im Schloss Derneburg zu Gast – und begegnete in Georg Baselitz’ alter Wirkungsstätte den Werken weiterer Kaiserringträger und solcher Künstler, die das Potenzial hätten, es zu werden.

Abzweigend von der Bundesstraße 6, gerade mal 35 Kilometer hinter Goslar und 15 Kilometer vor Hildesheim, liegt der Ort des Staunens. Während Baselitz nur am Schloss selbst interessiert war und mit seiner Familie dort bis 2006 hinter hohen Hecken gelebt haben soll, kaufen Halls auch die Kleinode in der Umgebung wie die alten Kutscher- oder Fischerhäuser auf – und tragen damit langfristig zu deren Erhalt bei.

Es gibt vieles hier, was einen Ausflug wert wäre – Dorothée Prüssner, die mit Inge Langner und Dr. Bettina Ruhrberg die Gruppe führte, empfiehlt einen Spaziergang über den 2,5 Kilometer langen Laves-Kulturpfad, der nach dem Baumeister Georg Ludwig Friedrich Laves benannt ist – er legte auch den englischen Garten rund ums Schloss an. Die Orangerie, das als Café bekannte „Glashaus“, wird derzeit renoviert: Keine Kaffeepause lenkt ab von der Kunst, die im Schloss auf vorangemeldete Gruppen mit maximal 20 Personen wartet – nur so ist eine Erkundung der privaten Sammlung in privater Umgebung möglich. Erklärende Schildchen sucht man hier vergeblich.

Die Hallsche Sammlung wurde neu arrangiert – in Sälen, die selbst sehenswert sind und zeigen, wie Kunstwerke mit Raum wirken können. Alleine der Longo! Goslars Kaiserringträger von 2005 bildet einen Schwerpunkt mit der Ausstellung „When Heaven and Hell change Places“. Eine Halle, ein Video. Meterlange Kohlezeichnungen erinnern an die Mönchehaus-Wellen und: „Unsere Rose!“ ruft jemand.

Dass Longo aber auch einen skulpturalen Schwerpunkt hat, war vielleicht in Vergessenheit geraten – Derneburg frischt die Erinnerung auf. Bronzekreuze stehen im Innenhof des Kreuzgangs; im Kreuzgang selbst dann die in eben jene Formen gegossenen Wachskreuze.

Die Fülle an zeitgenössischer Kunst, die sich im ehemaligen Zisterzienserkloster mit Kirche & Co. auseinandersetzt, erstaunt selbst Künstlerpfarrer Ulrich Schmalstieg. Viel zu kurz sind die zwei Stunden, um alles auf sich wirken zu lassen: Hier hängt ein Lüpertz, dort die Kreuzigung von Baselitz, in einer Ecke gibt es ein Wiedersehen mit dem gekreuzigten Frosch von Kippenberger. „Durfte er in Goslar hängen bleiben?“ will Gerda Pohlmann wissen, die bis zum Ruhestand im Kunstmuseum Wolfsburg führte und jetzt die Gäste durchs Schloss schleust. Er durfte; Anerkennung für die Goslarer, die seit Serras Stahlplatte Kummer um Kunst gewohnt sind.

Ein Wiedersehen gibt es mit dem Enfant terrible, Jonathan Meese, der im Mönchehaus seine Diktatur der Kunst erklärte und in Derneburg starke Skulpturen zeigt, die an die Unterwasserzombies der „Pirates of the Caribbean“ erinnern. Ein Hingucker auch die Augäpfel eines in Kreuzform ausgebreiteten Skeletts (Damien Hirst), die dank eines kontrollierten Luftzuges ständig im Raum schweben. Beeindruckend: Antony Gormleys „Sleeping Field“, ein ganzer Raum voller kleiner Klötzchen, die bei genauem Hinsehen Figuren darstellen und Assoziationen zwischen Friedhof und Feiernden im Park wecken. Herrlich die Fotografien von Candida Höfer, die den Louvre und die Eremitage so aufgenommen hat, dass der Betrachter meint, vor Ort zu sein.

Wer in Derneburg vor Ort sein will, findet Näheres unter www.hallartfoundation.org.

Die Kreuze im Schlossinnenhof sind die Form, die Wachskreuze im Kreuzgang (Foto rechts) des ehemaligen Zisterzienserklosters die Füllung. Schloss Derneburg bietet den Platz für raumgreifende Installationen wie diese.

Die Kreuze im Schlossinnenhof sind die Form, die Wachskreuze im Kreuzgang (Foto rechts) des ehemaligen Zisterzienserklosters die Füllung. Schloss Derneburg bietet den Platz für raumgreifende Installationen wie diese.

Baselitz-Atelier und Küche: An diesem besonderen Ort im Schloss verbinden sich Kaffeeduft und Kunstsinn.

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Wer durch die private Bibliothek schlendert, dem zaubert der Snoopy überm Kamin ein Lächeln ins Gesicht.

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Schloss in Derneburg, Achtung, noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben

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