Die Geschichte vom Weihnachtsstorch
Goslar. Weihnachten wohnt ein besonderer Zauber inne. Fast jeder von uns kann sich an ganz besondere Präsente erinnern – und Momente, die uns ein Leben lang begleiten. In unserer Adventsserie „Mein schönstes Geschenk“ erzählen GZ-Leserinnen und -Leser ihre besondere Geschichte – heute Gudrun Niemeyer aus Goslar:
Goslar. Weihnachten wohnt ein besonderer Zauber inne. Fast jeder von uns kann sich an ganz besondere Präsente erinnern – und Momente, die uns ein Leben lang begleiten. In unserer Adventsserie „Mein schönstes Geschenk“ erzählen GZ-Leserinnen und -Leser ihre besondere Geschichte – heute Gudrun Niemeyer aus Goslar:
Hoffentlich kommt bald der Weihnachtsmann, fiebern wir Kinder 1957. Wie lange müssen wir denn noch warten? Was wird er uns bringen? Vielleicht die sehnsüchtig gewünschten Puppenmöbel oder das Puppengeschirr? Auf jeden Fall haben wir schon den Weihnachtsbaum, als die Mutter sagt: „Vielleicht bekommt ihr ja auch einen Bruder oder eine Schwester.“
Ach nein, eine Schwester reicht doch. Noch eine, da müssten wir ja die Puppenmöbel teilen. Nein, lieber Puppenmöbel als noch eine Schwester. Und der Weihnachtsmann ist doch nicht für neue Geschwister zuständig. Das weiß jedes Kind, dass dafür der Storch kommen muss.
„Na ja, diese Weihnachten hat der Weihnachtsmann Verstärkung. Er schickt den Weihnachtsstorch“, erklärt die Mutter. Für den sollen wir jeweils ein Stück Würfelzucker auf die Fensterbank legen. Würfelzucker? Den hatten wir noch nie! Zucker in jeder Form war Mangelware. Man könnte ja schon mal ein wenig an dieser Kostbarkeit lecken. Vielleicht überlegt sich dann der Weihnachtsstorch das mit dem Bruder oder der Schwester. Angeleckter Würfelzucker ist nicht jedermanns – jedes Storchs – Sache. Wir müssen aufpassen, ob der Weihnachtsstorch die zwei Stück Würfelzucker auch mitnimmt.
Beim Schmücken des Weihnachtsbaums dürfen wir zum ersten Mal helfen. Dabei lassen wir den Würfelzucker nicht aus den Augen. Es ist schon spät am Vorabend des Heiligen Abends. Unsere Augen wollen zufallen vor Aufregung und Müdigkeit. Die Mutter stöhnt leise auf und sagt: „Nun geht schlafen. Morgen ist ein anstrengender Tag.“ Sie ist sicher auch müde vom Kochen und Backen und heimlichen Tun. Dann, am anderen Morgen, dem Heiligen Abend, es ist noch dunkel – da stürmen wir zwei Schwestern in die Wohnschlafstube. Ein merkwürdiges Geräusch kommt aus dem Bett der Mutter. „Kommt und begrüßt euren Bruder“ sagt sie matt. Ach, ein Bruder, wie klein der ist. Mit dem kann man noch nicht spielen. Gott sei Dank ist es ein Bruder, der wird nicht mit unseren Puppenmöbeln spielen wollen, wenn denn der Weihnachtsstorch welche gebracht hat. Aber wieso haben wir den Weihnachtsstorch nicht gesehen, wo wir doch so aufgepasst haben? Wir stürmen zum Fenster. Vielleicht fliegt er ja noch über dem Haus. Aber, o Schreck, was ist das denn? Die zwei Stück kostbaren Würfelzuckers liegen noch auf der Fensterbank! Er hat sie nicht mitgenommen! Fast unberührt leuchten sie uns schneeweiß entgegen. Und trotzdem haben wir nun einen Bruder. Wir blicken fragend zur Mutter. Die lacht und sagt: „Er hat sie für euch dagelassen. Und er hat für euch das Puppengeschirr abgeliefert. Damit könnt ihr Brei kochen für euren Bruder.“ – Und es hat zwei Tage gedauert, bis wir den Würfelzucker aufgeleckt hatten.
Die Geschichte vom Weihnachtsstorch: Brigitte Salomon mit ihrem kleinen Bruder Uwe.
Gudrun Niemeyer erzählt uns die Geschichte vom Weihnachtsstorch.