Der Waschbär ist im Harz auf dem Vormarsch
<p>Der Waschbär ist possierlich, aber für die einheimischen Tierarten stellt er eine echte Bedrohung dar. Foto: dpa</p>
Goslar. Jäger melden eine rasche Verbreitung im Landkreis Goslar. 80 Tiere wurden in einem leer stehenden Haus entdeckt.
Der Waschbär ist ein possierliches Kerlchen, aber er stellt für die heimische Fauna eine echte Gefahr da. Deshalb sehen Jäger und Naturschützer die Ausbreitung des Vierbeiners im Landkreis Goslar mit großer Sorge.
Die Jäger melden dem Landkreis seit 2006 einen fast stetigen Anstieg der Population. Während in der Saison 2006/2007 noch 93 Tiere geschossen wurden, lag die Zahl in der Saison 2016/2017 bereits bei 481. Im Land Niedersachsen sind im Jagdjahr 2014/2015 insgesamt 9871 Waschbären erlegt worden.
Hans Hesse, Vorsitzender der Goslarer Jägerschaf, weiß, warum sich der Waschbär in der Region besonders wohlfühlt. „Er ist ein Kulturfolger. Dort, wo der Wald nah an die Wohnbebauung heranreicht, findet der Waschbär leicht seine Nahrung.“ Das sei beispielsweise in Bad Harzburg der Fall. „Bei Renovierungsarbeiten in einem verfallenen Haus gegenüber der Burgbergbahn sind im vergangenen Jahr 80 Waschbären gezählt worden.“ Das Tier sei ein Allesfresser, ernährt sich auch aus Biotonnen, in die er krabbeln kann, oder frisst nicht abgeerntetes Obst, das er unter den Bäumen findet. Außerdem stehen auf seinem Speiseplan Fische, Eier, Jungtiere und Amphibien. „Die Krötenzäune sind für den Waschbären ein wahres All-you-can-eat“, sagt Hesse. Sein Hunger lässt sich auch am verringerten Bestand der Stockenten und Krickenten im Landkreis ablesen.
Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Waschbären erstreckte sich übrigens von Panama bis Kanada. 1920 gelangten dann die ersten Tiere zur Pelztierzucht nach Deutschland. Nach Auswilderungen in den 1920er und 1930er Jahren wurde der Waschbärbesatz am Edersee in Hessen auf 285 Tiere geschätzt. Ende der 2000er Jahre gingen Experten bereits von einem bundesweiten Bestand von 300.000 bis 500.000 Tieren aus.
Im Harz bevorzugt der kleine Beutegreifer bestimmte Biotope. „Im Wald ist er in verlassenen Baumhöhlen, außerdem in Scheunen und verfallenen Gebäuden oder Dachböden anzutreffen“, weiß Hesse. „Uns erreichen schwerpunktmäßig Anrufe von Hausbesitzern aus Bad Harzburg, Braunlage oder Goslar. Denen raten wir, mit einer Lebendfalle mit Trockenobst oder Nutella das Tier zu ködern.“ Zu beachten ist dabei allerdings die Jagd- und Schonzeit vom 1. April bis zum 15. Juli.
Doch nicht nur der Waschbär bereitet Tierschützern und Jägern Kopfzerbrechen. Es gibt auch andere Arten, die sich im Süden Niedersachsens etabliert haben, obwohl sie zuvor hier nicht heimisch waren. So breiten sich beispielsweise der Marderhund und die Nutria im Landkreis Gifhorn massiv aus. „Wir werden diese Tiere nicht mehr ausrotten können, deshalb müssen wir uns informieren“, sagt Hesse.
Aus diesem Grund plant die Jägerschaft nach den Sommerferien einen Fachvortrag mit Dr. Egbert Strauß von der Tierärztlichen Hochschule im Goslarer Lindenhof. Der Wissenschaftler werde über invasive Arten wie Waschbär, Marderhund, Nilgans und Nutria sprechen und zeigen, welchen Schaden diese Tiere in der Natur anrichten.