25-Jährige steigt als Chefin in Harzburger Gartenbau-Betrieb ein
Der Radlader gehört zum Wagenpark der Gartenbaufirma, den Malena Kregel genauso handhabt wie die Motorsägen oder Heckenscheren. Derzeit sitzt sie allerdings überwiegend im Büro, um den Alltag zu strukturieren und sich in alle Themenbereiche einzuarbeiten. Foto: Seltmann
Bad Harzburg. Als Malena Kregel 2014 für ihr Studium ein Vorpraktikum im Garten- und Landschaftsbaubetrieb Düe absolvierte, hätte sie es sich nicht träumen lassen, dass sie schon vier Jahre später einmal die Inhaberin sein würde.
Auch wenn die Umstände traurig waren, denn der Inhaber Wolfgang Düe war früh verstorben: Seit April zeichnet die 25-Jährige für acht Mitarbeiter und zwei Aushilfen, Firmengelände, Aufträge und schwere Maschinen verantwortlich.
Schon während ihres Praktikums habe Wolfgang Düe nach einem Nachfolger gesucht, sagt Malena Kregel. Scherzhaft habe er sie schon als neue Chefin gesehen. Vielleicht sah Wolfgang Düe aber auch damals schon die Möglichkeit, seinen Betrieb einmal in gute Hände weiterzugeben. Malena Kregel hatte sich nach dem Abitur zunächst für Rehabilitationspädagogik interessiert. Nach anderthalb Jahren USA-Aufenthalt entschied sie sich für das Gartenbau-Studium und jobbte in den Semesterferien regelmäßig bei Düe.
Die Nachfragen zur Firmenübernahme wurden im vergangenen Sommer konkreter, vor allem, weil Wolfgang Düe erkrankt war. „Wenn Sie es nicht machen wollen, verkaufe ich Geräte und Grundstück“, hatte Düe angekündigt.
Malena Kregel beschloss daraufhin, ihre Bachelorarbeit als Betriebsanalyse über die Gartenbaufirma zu schreiben. „Als Entscheidungshilfe“, meint sie. „Letzten Endes ist es aber immer eine Herzensentscheidung“, war ihr klar. Die Bachelorarbeit – die sie übrigens mit der Note 1,8 abschloss – hätte ihr den Betrieb aber näher gebracht, sagt sie.
Im Dezember hatte sie sich dann entschieden – und gab dem Chef den Handschlag darauf. Drei Wochen später war er tot. Dass sie so schnell ins kalte Wasser springen musste, hätte sie natürlich nicht gedacht. „Hätte ich gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich es trotzdem gemacht“, sagt die Gartenbau-Ingenieurin mit Blick auf die vergangenen viereinhalb Monate. Wenn sie auch nicht gedacht hätte, dass so viel Freizeit draufgehen würde.
Denn ein Kraftakt ohnegleichen stand vor ihr. Noch als Studentin, die im Februar die Bachelorarbeit abgab und im März Klausuren zu schreiben hatte, nahm sie einen Kredit auf, um die Firma von Dües Familie zu kaufen, und gründete die GmbH.
Dank ihres Entschlusses blieben die Arbeitsplätze erhalten. Allerdings stand sie am 1. April erst einmal ratlos vor den Männern. Düe hatte krankheitsbedingt von zu Hause aus gearbeitet, es habe keine Auftragslisten oder Pläne gegeben. „Ich wusste nicht, wie der Tagesablauf aussieht.“ Passwort oder Pin von Computer oder Firmenhandy wusste sie nicht. Händler, Adressen, Kontakte, Preise, die Wolfgang Düe selbst kalkuliert hatte, all das kannte sie auch nicht. Und manches hatte sie unterschätzt. „Dass die Friedhofsgrabpflege so umfangreich sein würde, hätte ich nicht geahnt.“
Energisch packte Malena Kregel die große Aufgabe an, arbeitete sich durch Dienstpläne, organisierte das Büro, telefonierte mit Kunden und Firmen. Drei Handys liegen auf ihrem Schreibtisch, eins davon noch von Wolfgang Düe – das ohne Pin. „Es darf halt nie ausgehen“, sagt sie. Im Juni fiel sie selbst dann drei Tage aus. Blinddarm-OP. Und stand am vierten Tag wieder in der Firma. Die Krankheit habe ihr aber auch gezeigt, dass sie nicht 24 Stunden zuständig sein könne, sondern auch an sich denken und Aufgaben abgeben müsse. „Vielleicht mit einer Bürokraft, um selbst auch mehr draußen zu sein.“
Seit dem 1. August hat die junge Frau eine Auszubildende. „Nebenbei“ machte sie den Ausbilder-Eignungsschein und ließ sich als Ausbildungsbetrieb zertifizieren. Nun hat sie Mitarbeiter im Alter zwischen 22 und 58 Jahren.
„Du musst Zahlen mögen, musst analysieren können, und du musst bereit sein, viel dafür zu geben und nicht auf Freizeit zu bestehen, und du musst gut organisiert sein“, fasst Malena Kregel ihren willensstarken und stürmischen Weg in die Selbstständigkeit zusammen.