Zähl Pixel
Goslarer Bergkalender

GZ Plus IconDie letzte Ausgabe des ältesten deutschen Kalenders

Ein aufgeschlagenes Buch.

Viele historische Titelseiten sind im letzten Goslarer Bergkalender noch einmal zu Ehren gekommen. Foto: Kempfer

Mehr als 400 Jahre wurde er gedruckt, der Bergkalender. Für 2026 ist die letzte Ausgabe erschienen. Sie bildet noch einmal die Vielfalt und Besonderheit der Region ab.

author
Von Sabine Kempfer
Samstag, 13.12.2025, 04:00 Uhr

Goslar. Der Goslarer Bergkalender wird mit dem 408. Jahrgang eingestellt. Zum letzten Mal ist Deutschlands ältester Kalender, der 1619 zum ersten Mal aufgelegt wurde, im Verlag der Goslarschen Zeitung gedruckt, ausgelegt und verkauft worden; es gibt noch wenige Restexemplare.

Mit einem Editorial verabschiedet sich GZ-Verleger Philipp Krause von der Traditions-Publikation, die gefühlt schon seit langem aus der Zeit gefallen zu sein schien, sich aber immer noch einer treuen Leserschaft erfreute. Nur noch wenige hundert Liebhaber, die das Druckwerk schätzen, lesen, sammeln und bewahren, sind bis zum Schluss bei der Stange geblieben.

„Mit einem Gefühl der Wehmut, aber auch des tiefen Respekts blicken wir nach über 400 Jahren auf die letzte gedruckte Ausgabe unseres so traditionsreichen Goslarer Bergkalenders“, schreibt Philipp Krause im Editorial und betont, es handele sich dabei sogar um den ältesten noch erscheinenden Kalender in Europa.

Ein Spiegel wechselvoller Zeiten

Inhaltlich spiegelte er die wechselvollen Zeiten im Harz wider: „Die Blüte des Bergbaus im 17. und 18. Jahrhundert, die Herausforderungen und Umbrüche im 19. Jahrhundert, die Industrialisierung und Modernisierung im 20. Jahrhundert sowie die heutige Zeit, in der nur noch wenige Liebhaber die jahrhundertealte Tradition hochhalten.“
Die Titelseite des letzten Bergkalenders mutet historisch an und verweist auf die langjährige Geschichte der Publikation.

Die Titelseite des letzten Bergkalenders mutet historisch an und verweist auf die langjährige Geschichte der Publikation. Foto: Privat

In seinen stärksten Jahren lag die Auflage des Bergkalenders mit 14.500 Exemplaren über der aktuellen Auflage der GZ – es waren andere Zeiten. Der Bergkalender, der seit etwa 1800 seinen jetzigen Namen trägt und von verschiedenen Druckern und Verlegern herausgegeben wurde, ist und bleibt laut Philipp Krause „ein Ausdruck der Heimatverbundenheit, des Stolzes auf die Bergmannstradition und des gemeinsamen Erbes der Menschen in dieser Region“.

Bergkalender wird ein Stück Geschichte

Antje Radcke war in den vergangenen zehn Jahren mit der redaktionellen Erarbeitung des Bergkalenders beauftragt, Jahre, in denen sie viel über die Region erfahren und interessante Menschen kennengelernt habe, schreibt sie zum Schluss: „Der Goslarer Bergkalender mit seinen unendlich vielen Geschichten aus vergangenen und aktuellen Zeiten wird nun selbst Geschichte.“
Blick ins Innere des Buches.

Blick ins Innere des Bergkalenders, der neben der Historie auch die Gegenwart zu würdigen weiß. Foto: Privat

Die letzte Ausgabe ist daher eine Museumsausgabe: Radcke stöberte im Stadtarchiv in den Beiträgen des Bergkalenders seit 1948, ließ einiges wieder aufleben und fügte zeitgemäße Beiträge über Museen hinzu; wie aktuell und wie emotional die öffentliche Debatte darüber sein kann, zeigt die Berichterstattung der Goslarschen Zeitung über die Versuche, das Oberharzer Bergwerksmuseum in Clausthal-Zellerfeld vor der Schließung zu bewahren.

Historische Fundstücke

Ein letztes Mal also das Kalendarium mit den Holzschnitten von Ernst Eichhorn-Holeck (1540) und den kleinen Weisheiten, die sich dieses Mal allesamt mit der Vergangenheit befassen. Hermann Hesses Dezember-Spruch mag mit am besten passen: „Die Vergangenheit liegt wie ein Land hinter uns, das wir durchstreift haben.“ Der Januar ist dagegen dem Aufbruch gewidmet: „Die Vergangenheit kann man nicht ändern. Die Zukunft ist noch in deiner Macht.“

Gut gelöst: Aus welchen Ausgaben die historischen „Fundstücke“ stammen, hat Mira Knüpfer (Gestaltung) vertikal an die Seiten gesetzt.

Altes und Neues wechseln einander ab, wobei auch Ersteres von überraschender Aktualität sein kann. „Von der Notwendigkeit, ein Theater zu haben“ schrieb Intendant Dr. Günther Seeker 1948, ein spannender Kalender-Jahrgang: Landwirtschaftrat Bunnenberg steuerte damals „Kraut und Rüben“ bei und ließ sich über Essgewohnheiten in Zeiten der Not sowie über die Bedeutung vom Kalorienzählen bei Gemüse aus – und das vor 77 Jahren.

Aktuell sind dagegen Einblicke in die Geschichte, die in den Harzer Museen ermöglicht werden: im Hüttenmuseum (die Welt der Eisenverarbeitung) und im DDR-Museum in Thale, im „KlangZeitRaum“ des Klosters Michaelstein, im Orgelbauer-Museum in Hausneindorf oder im Luftfahrtmuseum Wernigerode. Die Anfänge des Fremdenverkehrs in Goslar werden ebenso beleuchtet wie eine Auszeichnung des Goslarer Bergkalender, der 1985 den Kalenderpreis in Luxemburg erhielt.

Eine herrliche Ausgabe und als Schlussakt ein besonderes Sammler-Objekt, was wohl zu der im Vergleich der letzten Jahre ungewohnt starken Nachfrage führt. Es gibt noch wenige Rest-Exemplare für 15,90 Euro bei der GZ und im örtlichen Buch- und Zeitschriftenhandel.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Themen aus der Region