Wildschweinplage: Nun rufen die Oberharzer das Land zur Hilfe
Clausthal-Zellerfeld bittet das Land um Unterstützung im Kampf gegen Wildschweine. Foto: Pleul/dpa (Symbolfoto)
Clausthal-Zellerfeld sieht sich mit einer wachsenden Zahl von Wildschweinen konfrontiert. Die Schäden in Gärten und Parks nehmen immer mehr zu. Darum richtet sich Bürgermeisterin Petra Emmerich-Kopatsch nun an die Ministerien und bittet um Hilfe.
Oberharz. Im Oberharz ist die Grenze der Geduld im Umgang mit Wildschweinen überschritten. Die Tiere zerstören Gärten, Parks und Sportplätze, sie halten sich laut Bürgermeisterin Petra Emmerich-Kopatsch (SPD) auch zunehmend innerorts auf. Aus diesem Grund bittet sie nun um Unterstützung vom Land.
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Jede Nacht treiben die Wildschweine derzeit sowohl auf privaten als auch auf öffentlichen Grundstücken ihr Unwesen und hinterlassen ein Bild der Verwüstung. Eigentümer, die die Schäden beseitigen, sind verzweifelt, weil schon bald wieder alles vernichtet ist. Gleichzeitig sorgen sich die Menschen um ihre Sicherheit und werfen den Behörden vor, bisher zu wenig unternommen zu haben. Jetzt richtet sich Emmerich-Kopatsch mit einem Hilferuf an die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte und an den Umweltminister Christian Meyer (beide Bündnis 90/Die Grünen). Zwei Briefe an die Ministerien sind vorbereitet und sollen in der kommenden Woche verschickt werden. Die Inhalte liegen der GZ vor.
Situation hat sich verschärft
„Wir brauchen dringend Landeshilfe bei der Bekämpfung der Wildschweinplage“, heißt es in dem Schreiben. Es sei nicht das erste Mal, dass die Bürgermeisterin sich an Hannover wendet, betont sie, doch seitdem habe sich die Situation deutlich verschärft. Wanderer und Spaziergänger hätten zuletzt häufiger Kontakt mit Wildschweinen gehabt, die Tiere seien sogar teilweise auf Terrassen gesichtet worden. Angriffe habe es zwar bisher noch nicht gegeben, die Bürgermeisterin sagt im Gespräch mit der GZ aber: „Die Tiere werden zunehmend aggressiver.“
Sorge um Sicherheit
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Emmerich-Kopatsch fordert, dass Niedersachsen eine Abschussprämie analog zu Sachsen-Anhalt einführt. Dort gibt es für jedes erlegte Schwarzwild 65 Euro. Das ist ein Anreiz für Jäger, die Bestände über das übliche Maß hinaus zu kontrollieren. Hintergrund ist dort die Afrikanische Schweinepest (ASP), eine hochansteckende, meist tödlich verlaufende Viruserkrankung bei Wild- und Hausschweinen. Für Menschen ist sie zwar ungefährlich, sie verursacht aber große wirtschaftliche Schäden. Für die Haushaltsjahre 2025/26 sind in Sachsen-Anhalt jeweils 1,35 Millionen Euro für die Prämie eingeplant.
„Allein im Bereich Clausthal und Zellerfeld wird der Wildschweinbestand auf 4000 bis 5000 Tiere geschätzt“, berichtet die Bürgermeisterin. In den anderen Ortsteilen sei die Lage ähnlich, in manchen Schätzungen übersteige die Zahl der Wildschweine sogar die der Einwohner. „Da sie jetzt auch das Begleitgrün an den Bundesstraßen von der Straßenseite her aufnehmen, ist damit zu rechnen, dass es zu schweren Unfällen kommen wird“, schreibt Emmerich-Kopatsch.
Zerstörung der Bergwiesen
Hinzu komme die Zerstörung aller Bergwiesen, was zur Folge habe, dass die Kühe, die Teil der Landschaftspflege sind, kein Futter mehr hätten. Sollte es notwendig werden, Futter zukaufen zu müssen, wäre die Tierhaltung vollkommen unwirtschaftlich, und die Tiere müssten abgeschafft werden, mahnt die Bürgermeisterin. Hochgerechnet zerstörten die Wildschweine täglich rund drei Hektar Wiesenfläche – darunter auch Fauna-Flora-Habitat-Gebiete und besondere Biotope, für deren Erhalt das Land zuständig ist.
„Da die Wildschweine sich jetzt auch dauerhaft innerstädtisch aufhalten und sagenhaft vermehren, müsste es meines Erachtens zu einer konzertierten Aktion kommen.“ Konkret schlägt sie Drückjagden zur Bestandskontrolle, eine Dezimierung auch durch den Nationalpark, die Rücksetzung befriedeter Gebiete und den Einsatz ortsnaher Lebendfallen vor. Grundsätzlich ist die Jagd auf innerörtlichen Grundstücken verboten. Nur in Ausnahmefällen kann die Jagdbehörde des Landkreises eingeschränkt eingreifen – wie nach der Wildschwein-Invasion im vergangenen Jahr in St. Andreasberg. Diese rechtlichen Hürden erschwerten bisher ein wirksames Handeln in Clausthal-Zellerfeld und den Ortsteilen.
Emmerich-Kopatsch betont, dass das Schwarzwild-Problem im gesamten Landkreis zu beobachten sei: „Ohne die Hilfe des Landes kommen wir hier nicht weiter.“
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