Warum eine Harz-Fichte für den Bundestag fallen musste
Bei Wildemann wurde eine 80 Jahre alte Fichte gefällt, damit sie als Weihnachtsbaum vor dem Reichstagsgebäude stehen kann. Foto: Neuendorf
Eine gesunde 80 Jahre alte Fichte im Oberharz muss gefällt werden, um als Weihnachtsbaum in der Hauptstadt zu stehen. Welche Auswirkungen hat das auf den Wald?
Wildemann. Warum musste eine Wildemanner Fichte gefällt werden, nur um vor dem Bundestag als Weihnachtsbaum aufgestellt zu werden? Jährlich stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit, einen gesunden Baum aus den Harzer Wäldern zu fällen, um diese für rund einen Monat als Weihnachtsbaum zu nutzen und dann zu entsorgen.
Von Wildemann nach Berlin
Weihnachtsbaum für den Bundestag kommt aus dem Harzer Wald
Die Fichte wurde wie berichtet am Montag auf den Weg nach Berlin gebracht. Der Baum war schätzungsweise 80 Jahre alt und rund 36 Meter hoch. Im vergangenen Jahr kam die Fichte für den Bundestag aus der Nähe der Granetalsperre, dieser Baum war sogar rund 120 Jahre alt. Gerade in den sozialen Netzwerken ist die Empörung darüber groß.
„Es ist unsere Aufgabe als Landesforst, nachhaltig den Wald und sein Holz zu sichern“, erklärt Michael Rudolph, Pressesprecher der Niedersächsischen Landesforsten, auf Nachfrage der GZ. Denn die Landesforsten seien dafür zuständig, die Bevölkerung mit Holz und Rohstoffen zu versorgen. Der Weihnachtsbaum sei dabei allerdings eher ein Randprodukt.
Natürliche Waldpflege im Fokus
„Bei Fichten fällt bei unserer Waldpflege immer wieder eine Auslese an“, betont Rudolph weiter. Beispielsweise, wenn diese zu dicht stehen. Gesunde Fichten auch mal zu fällen, gehöre zur natürlichen Waldpflege. Ein weiteres Ziel sei es, in einigen Waldstücken Laubbäume wieder mehr zu etablieren. Auch dafür müsse die eine oder andere Fichte gefällt werden, um Platz für neue Bäume zu schaffen, zugunsten der Erle zum Beispiel.
Die Auswahl des Weihnachtsbaumes für die Hauptstadt erfolgt jährlich anhand der Qualität und des Aussehens – und auch der Standort spielt eine Rolle. Bei der Wildemanner Fichte war dies ein ganz entscheidender Aspekt: Die Fichte
Michael Rudolph bei der Fällung der Fichte in Wildemann. Im Hintergrund schwebt der Baum über dem Lkw. Foto: Schlimme
Ökologische Nachteile in Flussnähe
„Fallen die Nadeln der Fichte in den Fluss, machen sie das Wasser sauer. Das wirkt sich auch auf die Flussbewohner negativ aus“, erklärt Rudolph. „Laubbäume dagegen gehören in Bachnähe“, ergänzt er. Fallen Laubblätter ins Wasser, habe das sogar viele ökologische Vorteile für das Wasser und seine Bewohner. Und noch ein weiterer Aspekt spricht, laut dem Sprecher, für Laubbäume in Flussnähe. „Fichten haben Tellerwurzeln, die nicht weit unter die Erde reichen. Bei Sturm reißen diese schneller heraus. Laubbäume dagegen haben viel tiefer reichende Wurzeln, die bei Sturm oder Überschwemmung das Ufer sogar schützen und stabilisieren“, sagt Rudolph.
Klaus Petersen, Hauptwegewart beim Harzklub, ist bei der Fällung der 80 Jahre alten Fichte als Zuschauer dabei. In seiner Funktion bei dem Verein ist er unter anderem auch für die Pflege des Wassertretbeckens zuständig. „Der Baum hat immer viel Schatten auf das Becken und die Sitzecke geworfen und uns damit viele Probleme gemacht“, erklärt er. Aus seiner Perspektive hätte die Fällung somit sogar positive Auswirkungen auf den Treffpunkt am Wassertretbecken.
Bergmischwald für den Harz
Trotz der vielen Vorteile der Laubbäume betont Rudolph aber auch: „Wir sind froh, dass wir die Borkenkäferinvasion stoppen und viele gesunde Fichten erhalten konnten.“ Denn in diesem und anderen Revieren hatte das Forstamt Seesen rund 50 Prozent seines bisherigen Fichtenwaldes retten können. Langfristig sei ein gesunder Bergmischwald das Ziel für die Harzer Wälder. „Die Fichte bleibt uns hoffentlich noch viele Jahrzehnte erhalten“, sagt Rudolph und betont mit einem Schmunzeln: „Als Weihnachtsbaum für den Bundestag haben wir noch einige geeignete Kandidaten in der Hinterhand.“
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