Warum Niedersachsens Philologen Goslar erneut meiden
Im Gespräch mit dem neuen Vorsitzenden Dr. Christoph Rabbow: Niedersachsens Kultusministerin Julia Hamburg besucht die Philologen am Vorabend ihrer Tagung im November 2022 im Hotel „Der Achtermann“. Foto: Heine (Archiv)
Goslar bangt um eine Traditionstagung: Niedersachsens Philologenverband zieht es Ende November erneut an die Nordseeküste nach Bremerhaven.
Goslar. Einst gehörten sie Ende November ebenso verlässlich zum Goslarer Stadtbild wie der startende Weihnachtsmarkt. Niedersachsens Philologen kehren 2025 aber bereits zum zweiten Mal in Folge der Welterbestadt den Rücken und treffen sich am 26. und 27. November erneut hoch oben an der Nordseeküste in Bremerhaven.
„Wir freuen uns riesig, euch alle zur diesjährigen Vertreterversammlung in Bremerhaven zu sehen“, heißt es dazu auf Social-Media-Kanälen des Lehrerverbandes. Die Anträge seien gestellt, die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren – von Goslar ist keine Rede mehr. „Wir motivieren Menschen“ lautet das Motto des Treffens – das mag jetzt nicht unbedingt für Goslarer Stadt- und Tourismusverantwortliche gelten.Keine Entwicklung in Goslar
Ist der Zug für die Welterbestadt bereits abgefahren? „Die Gründe für den Wechsel haben sich nicht verändert, es hat sich in Goslar einfach keine neue Entwicklung ergeben“, erklärt Sprecherin Carla Hermelingmeier. Das Tagungszentrum – und sie meint das Pfalzquartier – scheine („so zumindest unser Stand“) nicht wie geplant gebaut zu werden. Und es würde ja auch noch geraume Zeit dauern, bis es genutzt werden könnte, mutmaßt Hermelingmeier. Dagegen lässt sich argumentativ kaum etwas entgegensetzen. Und auch im „Achtermann“ sähen die Philologen keine Entwicklung. „Bremerhaven wird in diesem Jahr erneut unser Gastgeber sein, was aber keine Entscheidung für die kommenden Jahre darstellt“, lässt Hermelingmeier die Tür jedoch einen Spalt weit offen. Für 2026 werde neu entschieden.
Kamera an: Das Medieninteresse ist immer groß, wenn der Lehrerverband seine Delegierten neue Beschlüsse für Niedersachsen fassen lässt. Foto: Heine (Archiv)
Philologenverband
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Kritik an der Technik
Auch wenn das Pfalzquartier im besagten Jahr garantiert noch keine Formen angenommen hat? Das Projekt war immer wieder Thema in den Reihen des Verbandes, der auf eine Ausweitung des Tagungsangebotes wartete und Jahr um Jahr versetzt wurde. Schon 2022 hatte es Kritik an der Veranstaltungstechnik gegeben. Als die Philologen erstmals wieder nach der Corona-Pause in Präsenz in Goslar tagten, schwebte die Standort-Frage bereits offen über der Tagung. „Die Philologen denken an Abschied“ überschrieb auch die GZ einen Beitrag, in dem der aus Stade stammende neue Vorsitzende Rabbow viel Lob für eine weihnachtlich geschmückte Altstadt verteilte, aber auch handfeste Kritik äußerte. Bei der Veranstaltungstechnik etwa müsse der Verband stets dazukaufen und sehe sich deshalb auch in anderen Städten nach moderneren Möglichkeiten um – ergebnisoffen.Geschichte des Verbandes
Wie gerieten die Philologen einst an Goslar? Im Juni 1947 war es in Hannover zu einem ersten Zusammenschluss von Lehrern an – wie es damals hieß – „höheren Schulen“ gekommen. Insofern hätte sich, so schreibt Ehrenvorsitzender Roland Neßler in der Verbandszeitschrift zum 70. Geburtstag, die Landeshauptstadt ebenfalls als Ort der Geburtstagsfeier auch empfohlen. „Doch die Stadt Goslar erhielt den Vorzug als Dank und Anerkennung für ihre jahrelang bewährte und dem Philologenverband zugeneigte Gastlichkeit“, heißt es dort. Fanden die ersten Philologentage nach der Gründung an verschiedensten Orten in Niedersachsen statt, war Goslar seit den 1990er Jahren als Tagungsort gesetzt. Manche richtungsweisende Entscheidungen, so Neßler, seien deshalb untrennbar mit dem Namen der alten Kaiserstadt verbunden und als „Goslarer Beschlüsse“ in die Schul- und Bildungspolitik eingegangen.
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