Nachbarschaftsstreit: Faustschlag wegen Rasenstück

Das Amtsgericht Goslar verurteilt einen 66-Jährigen zu einer Geldstrafe, weil er einer Frau ins Gesicht geschlagen hat. Foto: GZ-Archiv
Ein Nachbarschaftsstreit in einem Liebenburger Mehrfamilienhaus eskalierte – wegen eines Rasenstücks. Ein 66-Jähriger schlug einer jungen Frau ins Gesicht. Er bekommt eine Geldstrafe.
Liebenburg/Goslar. Als „kurios“ und „angespannt“ beschrieb Verteidiger Timo Becker die Verhältnisse in dem Liebenburger Mehrfamilienhaus, um zu verdeutlichen, dass sein Mandant nicht der einzige Aggressor dort ist. Den Zeugenaussagen zufolge herrschen in diesem wenig ehrenwerten Haus tatsächlich eher Zustände wie im Wilden Westen. Dort wird deftig gestritten, beleidigt, gedroht, geschlagen, eine Krücke geschwungen und sogar mit einer Gaspistole gewedelt.
Ein Faustschlag nebst Todesdrohung landeten nun vor dem Amtsgericht. Die Drohung konnte man dem 66-jährigen Angeklagten letztlich nicht nachweisen. Dass es den Faustschlag in das Gesicht einer jungen Frau gegeben hatte, davon war Richter Dr. Timo Schmidt hingegen überzeugt und verhängte eine Geldstrafe von 85 Tagessätzen à 15 Euro, also 1275 Euro. Die Staatsanwältin hatte 1800 Euro gefordert, die Nebenklage gar eine Bewährungsstrafe von vier Monaten für beide Anklagepunkte. Zudem beantragte die Geschädigte ein Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro, was im Nachgang zu klären sein wird.
Rasenstück Grund für den Schlag
In der explosiven Wohngemeinschaft brauchte es wohl nicht viel, um die Gemüter hochkochen zu lassen. Der Stein des Anstoßes zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten war ein Stückchen Rasen, welches die junge Frau regelmäßig zur Weg- und Zeitersparnis überquerte. Der 66-Jährige passte die Rasenfrevlerin im Treppenhaus ab und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht.
Dies bestätigte der Lebensgefährte der jungen Frau. „Der terrorisiert uns seit Jahren und führt sich auf wie der Boss vom Haus!“, echauffierte sich der Zeuge. Die hohe Belastungstendenz, die der Mann an den Tag legte, sowie der Umstand, dass er einen anderen Mieter mit einer Gaswaffe bedroht hatte, wofür das Paar die fristlose Kündigung kassierte, minderte die Qualität seiner Aussage. Dagegen vermochte die Geschädigte Gericht und Staatsanwalt mit ihrer Aussage zu überzeugen. Da sich die junge Frau jedoch nicht mehr explizit an die Todesdrohung erinnerte, erging hierfür ein Teilfreispruch.
Mehrere Drohungen
Aber Verwechslungen sind da durchaus möglich, denn der 66-Jährige, der die Beweisaufnahme mit trotzig verschränkten Armen und beharrlichem Schweigen verfolgte, drohte ihr nicht zum ersten Mal. Für ein früheres Vergehen dieser Art bekam er schon einmal einen Strafbefehl mit Geldstrafe.
Nach der Urteilsverkündung machte der Lebensgefährte der Nebenklägerin seinem Ärger über das seiner Meinung nach zu milde Urteil Luft. „Der wird weitermachen“, schrie er unheilschwanger herum.
Es bleibt zu hoffen, dass die zerstrittene Wohngemeinschaft durch den geplanten Auszug des Nebenklägerpaares etwas zur Ruhe kommt und dass künftig kein weiterer Bewohner den Rasen betritt.
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