Insolvenz: Marta Lattemann-Meyer jetzt im Goslarer Seniorenheim
Ab dem 10. November unter neuer Führung: Für das Hotel „Hahnenkleer Hof“ ist nach der Insolvenz zunächst eine Zwischenlösung gefunden. Foto: Epping (Archiv)
Folgen der Insolvenz: Goslars Ex-Oberbürgermeisterin Marta Lattemann-Meyer muss mit 96 Jahren aus dem „Hahnenkleer Hof“ ausziehen. Der Neue beginnt nächste Woche.
Hahnenklee. Eine Ära geht zu Ende: Goslars frühere Oberbürgermeisterin Marta Lattemann-Meyer muss ihr Traditionshotel „Hahnenkleer Hof“ aufgrund eines Insolvenzverfahrens abgeben. Die 96-jährige Grande Dame der Goslarer Politik ist bereits ausgezogen, hat ihren Heimatort Hahnenklee verlassen und seit Donnerstag im Goslarer Senioren- und Pflegeheim Theresienhof eine neue Bleibe gefunden. Der Hotelbetrieb läuft derweil weiter – und soll ab dem 10. November auch ein neues Gesicht an der Spitze bekommen.
Wie geht es weiter?
Käufer gesucht: Der „Hahnenkleer Hof“ rutscht in die Insolvenz
„Es gibt ein Fortführungsszenario“, bestätigt Insolvenzverwalter Christian Hausherr aus Braunschweig. Er spricht von einer Übergangslösung, bei der das Haus zunächst verpachtet und zeitnah an den künftigen Pächter verkauft werden soll. In der Vorwoche habe es zunächst nach einer anderen Lösung ausgesehen, als es bereits einen Verkaufstermin beim Notar gegeben habe. Den habe er aber wieder abgesagt, weil er gemeinsam mit der Familie Lattemann den jetzt eingeschlagenen Weg favorisiere. Der künftige Pächter und Käufer wolle aktuell noch nicht genannt werden.
Oberhuber wird Nachfolger
Nach nicht offiziell bestätigten GZ-Informationen handelt es sich dabei aber um Gilbert Oberhuber, der aus einer bekannten Hoteliersfamilie stammt und in der Goslarer und Hahnenklee Beherbergungsszene selbst kein Unbekannter ist. 2023 hatte Oberhuber, Sohn des früheren „Achtermann-“ und „Kaiserworth“-Chefs Heinrich Oberhuber, ab dem Frühjahr als Direktor im „Njord“ und Berater für die Hotels am Kranichsee – „Diana“, „Seerose“ und „Jagdhof“ – ein Kurzgastspiel im Kurort gegeben. Alle Häuser befanden sich zu jener Zeit in Besitz des Hamburger IT-Beraters Christoph Schmidt, der zum 1. November Ilka Fleischmann als „Njord“-Chefin einsetzte. Vorher hatte sich Oberhuber nach Verpachtung der Goslarer „Kaiserworth“ im Sommer 2016 nach eigenen Angaben beim „Liono“ am Schieferweg und im Bad Lauterberger „Panoramic“ engagiert.Abstimmung und Ablehnung
Wie soll der Hahnenkleer Paul-Lincke-Ring künftig heißen?
Warum kommt es nicht gleich zu einem Verkauf? Für die Familie Lattemann erklärt der älteste Bruder Hartmut, es hätten sich durchaus einige Mitbewerber für den „Hahnenkleer Hof“ interessiert, in Kenntnis eines erstellten Wertgutachtens aber „kaum die Hälfte“ geboten. Das jetzt im Einvernehmen mit Hausherr gefundene Modell erscheine allen als die beste Lösung. Mehr wollte er mit Hinweis auf das laufende Insolvenzverfahren nicht sagen. Dieses Verfahren wurde laut Insolvenzbekanntmachungen am 2. Oktober um 22 Uhr mit Hausherr als vorläufigem Verwalter offiziell eröffnet. Das Vermögen der Hotel Hahnenkleer Hof GmbH & Co. KG steht zur Disposition, die durch das Geschäftsführerduo Marta Lattemann-Meyer und deren Sohn Udo Lattemann vertreten wird. Eine Gläubigerversammlung ist für den 28. November im Goslarer Amtsgericht anberaumt.

Ein Bild als Präsent: Zum 95. Geburtstag gratuliert Goslars Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner (SPD) ihrer Vorvorvorvorgängerin. Marta Lattemann-Meyers Tochter Almuth Ahrendts beobachtet die Szenerie. Foto: Kempfer (Archiv)
Abschied aus Hahnenklee
So weit die geschäftliche Seite. Und die menschliche? Der Abschied aus Hahnenklee sei ihrer Mutter sehr schwergefallen, betont Tochter Almuth Ahrendts. In Hahnenklee sei aber zunächst kein Platz im Seniorenheim frei gewesen. Und letztlich habe ihre Mutter selbst gesagt, dass es vielleicht sogar besser sei, wenn sie nicht ständig auf ihr altes Zuhause, den „Hahnenkleer Hof“, gucken müsse.
Marta Lattemann-Meyer kommt im März 1929 in Plauen im sächsischen Vogtland zur Welt. Sie ist das vierte Kind in der Familie.

Goslarer (Ex)-Oberbürgermeisterinnen unter sich: Marta Lattemann-Meyer hält beim Neujahrsempfang die Hand von Urte Schwerdtner. Foto: Heine (Archiv)
Ihr Vater, der mit einem schweren Nervenleiden aus dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt war, stirbt 1937. Der zweite große Krieg bringt die Flucht aus der Heimat. Über Stationen in Hildesheim, Braunschweig, Goslar, Wolfshagen und Langelsheim landet Marta Lattemann-Meyer 1964 in Hahnenklee und schlägt dort Wurzeln. Im Juni 1972 wird der Ort eingemeindet und gehört fortan zu Goslar. Vom Flüchtlingsmädchen schafft sie es bis in höchste Weihen. Für die Christdemokraten tritt Lattemann-Meyer in der Politik an und wird am 2. November 1983 zum ersten Mal ins Amt der Goslarer Oberbürgermeisterin gewählt, das sie bis 1986 ausübt. Von 1991 bis 1996 repräsentiert sie Goslar erneut als Stadtoberhaupt.
Aus ihrem Hotel in Harzer Höhen mischt sie sich anschließend nicht mehr regelmäßig in die Stadtpolitik ein. Sie erhebt aber die Stimme, wenn es wirklich etwas zu sagen gibt – zuletzt in der CDU-Personaldiskussion um den CDU-Ratsherren und früheren Landratskandidaten Axel Bender.

Neujahrsempfang 2025: Der „Hahnenkleer Hof“ bildet wie so oft die Kulisse für den Kurort-Start ins neue Jahr. Foto: Heine (Archiv)
Hahnenkleer Hofs Anfänge
Der „Hahnenkleer Hof“ bleibt zudem die erste Adresse, wo sich Hahnenkleer und Bockswieser Vereine zum Neujahrsempfang des Ortsrates treffen – zuletzt am 24. Januar 2025. Das Hotel hat eine markante Lage zentral im Kurort in unmittelbarer Kurhausnähe und mit großzügiger Grünanlage. Wer in die Archive schaut, liest, dass dort im 17. Jahrhundert ein kleines Zechenhaus steht, das 1626 von durchziehenden Soldaten geplündert und zerstört wird. Nach vier Jahren wird dort ein Viehstall insbesondere für Pferde errichtet, aus dem sich später das Berggut oder der Berghof Hahnenklee entwickelt, aus dem das Hotel hervorgeht. 1882 verkauft Ferdinand Demuth den Hof an den Kaufmann Hermann Keller, der ein Kolonialwarengeschäft einrichtet. 1892 erwirbt Eduard Liebetraut den Hof und betreibt eine Gastwirtschaft. 1904 wird schließlich Hermann Knüppel Besitzer dieser Gaststätte. Mit seinem Namen ist der weitere Ausbau zum Hotel und der Erfolg des Hauses verbunden.
Neujahrsempfang in Hahnenklee
Ortsrat-Ehrenpreis für Marnie Muchow und ein neuer Pastor
Am 26. Oktober 1973 erfolgt die große Katastrophe. Die Hahnenkleer Feuerwehr schreibt in ihrer Chronik: „Unsere Wehr steht vor der größten Bewährungsprobe ihrer Geschichte. Das Hotel ‚Hahnenkleer Hof‘ brennt wie eine Fackel nieder, taucht den Ort in ein gespenstisches Licht und versinkt in Schutt und Asche. 123 Feuerwehrmänner mit 23 Löschfahrzeugen und einer Wasserkanone können das alte renommierte Hotel nicht retten.“ Knüppel baute das Haus wieder auf und führte es noch viele Jahre weiter. Später übernahm Lattemann-Meyer.
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