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Energiepark Bad Harzburg

GZ Plus IconWarum ein grüner Bürgermeister gegen zusätzliche Windräder ist

Der Energiepark bei Harlingerode würde aus Windrädern, PV-Modulen und einer Wasserstoff-Produktion bestehen.

Der Energiepark bei Harlingerode würde aus Windrädern, PV-Modulen und einer Wasserstoff-Produktion bestehen. Foto: Jan Woitas/dpa (Symbolbild)

Eine Gruppe aus Landeigentümern und Firmen plant bei Bad Harzburg einen Park aus Windrädern, PV-Modulen und Wasserstoff-Produktion. Bad Harzburgs grüner Bürgermeister Ralf Abrahms prüft die Idee zwar, seine Meinung dazu ist jedoch sehr eindeutig.

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Von Christoph Exner
Dienstag, 09.09.2025, 08:00 Uhr

Bad Harzburg. Windräder können durchaus mal still stehen. Nach einer gewissen Zeit drehen sie sich aber in der Regel weiter. Anders scheint das in Bad Harzburg beim Thema Energiepark zu sein. Hier ist die Lage derzeit festgefahren.

Wie mehrfach berichtet, möchte eine Gesellschaft aus Harlingeröder Landeigentümern sowie den Firmen Landwind und Fest nördlich der Bundesstraße 6 ein Zusammenspiel aus Windrädern, Photovoltaik-Modulen und Wasserstoff-Produktion errichten. Unterlagen für diese Idee existieren bereits. Sie wurden gemeinsam mit einem Planungsbüro erstellt, das nach Absprache von Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms persönlich ausgesucht worden ist. Für die Umsetzung des Vorhabens müsste der städtische Flächennutzungsplan geändert werden. Das hat der Rat bereits vor gut anderthalb Jahren mehrheitlich beschlossen. Die Energiepark-Pläne liegen zur Prüfung bei der Stadt, das allerdings schon seit vielen Monaten. So der aktuelle Stand.

Zur Chefsache erklärt

Abrahms hatte jüngst Personalmangel im Rathaus als Grund dafür genannt, dass es in Sachen Energiepark nicht weitergeht. Auf der anderen Seite hatte das Stadtoberhaupt das Thema schon im vergangenen Jahr zur Chefsache erklärt. Nur er allein kümmere sich um dessen Bearbeitung, lediglich die ehemalige Klimaschutzmanagerin und jetzige Stadtplanerin Marie Scholz sei noch mit im Boot, sagt Abrahms auf GZ-Nachfrage. Doch wieso ist dann bis heute nichts passiert?

Die Energiepark-Pläne würden immer wieder überarbeitet und geändert, sagt Abrahms, und würden dann sehr kurzfristig im Rathaus eingereicht. Zu kurzfristig, um sie im verfügbaren Zeitrahmen prüfen zu können. Und diese Prüfung müsse sein. Mögliche Fehler wolle sich der Bürgermeister schließlich nicht zu eigen machen, betont er.

Weil sie den Verdacht hatte, der politische Beschluss werde missachtet, hatte die Ratsgruppe SPD/FDP/Wählergemeinschaft wie berichtet bereits im vergangenen Jahr die Kommunalaufsicht, den Landkreis Goslar, eingeschaltet. Die stellte jedoch fest, dass alles rechtens sei, schließlich befinde sich der Antrag ja laut Bürgermeister nach wie vor in Bearbeitung.

Darüber hinaus habe man es laut Abrahms im Rathaus gegenwärtig auch noch mit etlichen anderen Projekten und Plänen zu tun, die von der Verwaltung geprüft werden müssten. Diese seien zwar zum Teil erst später entstanden, als die Energiepark-Idee, anders als diese aber bereits finalisiert und genössen damit die höhere Priorität.

Gibt es „zu viel“ grünen Strom?

Eines dieser Projekte ist das geplante Windrad auf dem Gelände der Industriepark und Verwertungszentrum Harz GmbH (IVH) auf dem ehemaligen Hüttengelände. Dieses wird von den Energiepark-Befürwortern durchaus als Konkurrenz gesehen. Jedenfalls gab es bereits den einen oder anderen, der scharf kritisiert hat, warum es in Sachen IVH-Windrad vorangehe und beim Thema Energiepark nicht.

Das Unternehmen möchte die Anlage errichten, um bestenfalls autark zu werden, was die Energieversorgung angehe, erklärt IVH-Geschäftsführer Uwe Lohmann. Zusätzlich zur Windkraft wolle man auch Sonnenenergie und Wasserkraft zur Stromerzeugung nutzen. Auch über den Bau eines Speichers denke man nach. Das alles mache man nicht, um den Strom einzuspeisen. Dieser solle für den eigenen Betrieb genutzt werden, dessen Bedarf durch Expansion in Zukunft tendenziell weiter steige. Gleichzeitig solle der erzeugte Strom an die benachbarten Mieter der IVH abgegeben werden, sagt Lohmann.

Aufgrund dieses und anderer vergleichbarer Projekte im Stadtgebiet hält Bürgermeister Abrahms Bad Harzburg bereits für ausreichend aufgestellt, was erneuerbare Energie angeht. Die Dimensionen, die der Energiepark bekäme, seien ihm zu groß, sagt er. Auch dieser Aspekt spielt bei dem Thema eine Rolle, wenngleich keine Obergrenzen existieren, wie viel Strom aus erneuerbaren Quellen eine Kommune produzieren darf. Würde das Stadtoberhaupt, das Mitglied der Grünen ist, dem Weg seiner eigenen Partei folgen, dann befände sich der Energiepark wohl bereits im Bau. Abrahms sieht in den Plänen allerdings „reine privatwirtschaftliche Gier“ und für ihn habe das Projekt auch nichts mit Stadtentwicklung zu tun, sagt er.

„Die Stadt hat nichts vom Geld“

Diskrepanz herrscht in Sachen Energiepark aber auch beim Thema Akzeptanzabgabe und Gewerbesteuer. Zwei Einnahmequellen, die sich der Stadt Bad Harzburg durch den Bau des Energieparks erschließen würden. Bei der sogenannten Akzeptanzabgabe handelt es sich um eine gesetzlich festgeschriebene Summe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Sie würde von den Betreibern – nach eigenen Angaben pro Kilowattstunde erzeugten Stroms – zu 60 Prozent an Bad Harzburg und zu 40 Prozent an Goslar gezahlt werden, weil sich der Energiepark auf beide Hoheitsgebiete erstrecken würde. Zusätzlich dazu müssen die Betreiber laut Gesetz ein angemessenes Angebot zur weiteren finanziellen Beteiligung unterbreiten, das einem Überschuss von mindestens 0,1 Cent pro Kilowattstunde entspricht. Jenes Geld können die Städte für soziale Zwecke einsetzen, beispielsweise zur Verbesserung der öffentlichen Daseinsvorsorge, für soziale und kulturelle Projekte oder den Naturschutz. Nur nicht für Pflichtaufgaben. Heißt: Nicht, um beispielsweise laufende Personalkosten zu decken.

Das wiederum stört Bad Harzburgs Bürgermeister. Denn dadurch habe die Stadt nicht wirklich was vom Geld, sagt er. Es könnten damit nur Dinge geschaffen oder gebaut werden, die dann womöglich wieder Folgekosten nach sich zögen. Darüber hinaus müsse man bei den Einnahmen durch die Akzeptanzabgabe für die Stadt Bad Harzburg von einer deutlich geringeren Summe ausgehen, als zuletzt im Raum stand. Da war von gut 300.000 Euro die Rede gewesen.

ENERGIEPARK: DAS IST BISLANG PASSIERT

Dezember 2022: Harlingeröder Landeigentümer und die Firma Fest präsentieren ihre Idee eines Energieparks erstmals öffentlich: Die Rede ist zunächst von zehn Windrädern und zwischen 20 und 60 Hektar PV-Modulen. Die Ratsgruppe SPD/FDP/Wählergemeinschaft reicht einen Antrag ein, der Startschuss für die Planungen sein soll. Bevor dieser im Ausschuss für Stadtplanung und Umweltschutz beraten wird, fliegt er allerdings von der Tagesordnung. Die Rechtslage ist zu unklar, begründet damals die Verwaltung.

Februar 2023: Das Thema Energiepark steht erneut auf der Tagesordnung des Stadtplanungsausschusses, wird aber auch erneut geschoben. Bürgermeister Ralf Abrahms fehlt es, was das Vorhaben angeht, an einem konkreten Ansprechpartner mit Expertise, sagt er.

April 2023: Vier der mehr als 15 Landeigentümer zeigen Gesicht: Dietrich Willeke, Ulrich Dege, Heiner Dege und Sven Rottgardt wollen die geforderten Ansprechpartner sein. Sie handeln fortan unter dem Namen „Energiepark H2arlingerode“, später dann als „Energiepark Harlingerode GmbH und Co KG“.

April 2024: Nach mehrfachem Aufschub und Skepsis von Seite der Verwaltung sowie der Ratsgruppe CDU/Grüne/Freie Wähler spricht sich der Ausschuss für Stadtplanung und Umweltschutz mehrheitlich für den Energiepark aus. Auch der Rat beschließt den Start des Vorhabens anschließend mehrheitlich (zwei Enthaltungen, fünf Gegenstimmen: Bürgermeister, zwei von der CDU und zwei von der AfD).

November 2024: Der Regionalverband veröffentlicht seinen Entwurf für neue Windenergie-Vorranggebiete. Die Fläche des potenziellen Energieparks bei Harlingerode ist darin um 80 Prozent geschrumpft.

August 2025: Im Rahmen eines Treffens bei der Firma H.C. Starck Tungsten in Oker machen die Energiepark-Initiatoren abermals Druck: Die Zeit dränge, heißt es. Damit Unternehmen künftig noch wettbewerbsfähig sind, brauche es schleunigst grünen Strom und Wasserstoff.

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