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Neuer Stadtschreiber in Goslar

GZ Plus IconHank Zerbolesch wird Neuwerks nächster Wortwerker

Seit 2014 schreibt Sascha Zerbe alias Hank Zerbolesch Romane, Hörspiele, Kurzgeschichten. Eine der für ihn drängendsten Fragen ist, warum Menschen tun, was sie tun.

Seit 2014 schreibt Sascha Zerbe alias Hank Zerbolesch Romane, Hörspiele, Kurzgeschichten. Eine der für ihn drängendsten Fragen ist, warum Menschen tun, was sie tun. Foto: Emilia Hesse/Steidl Verlag

Der neue Wortwerker der Stiftung Kloster Neuwerk/Maria in Horto heißt Hank Zerbolesch. Er kommt aus Wuppertal. Der 44-Jährige setzt sich mit sozialer Ausgrenzung, Gewalt und Verletzlichkeit auseinander. Im August tritt er das Stipendium in Goslar an.

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Von Sabine Kempfer
Samstag, 11.10.2025, 12:00 Uhr

Goslar. Die Stiftung Kloster Neuwerk, Maria in Horto, präsentiert den Stadtschreiber des Jahres 2025. Die Wahl der Jury fiel auf Sascha Zerbe. Der 44-jährige Wuppertaler, geboren in Düsseldorf, veröffentlicht unter dem Pseudonym Hank Zerbolesch Romane, Hörspiele und Kurzgeschichten – und er hat sich laut den Stiftungsmitgliedern Sabine Fontheim und Heidi Roch „riesig“ darüber gefreut, dass er das Rennen unter den 52 Bewerberinnen und Bewerbern gemacht hat.

Viereinhalb intensive Stunden dauerte der Entscheidungsprozess der Jury, die am Freitag in Neuwerk zusammenkam. Dann stieg im übertragenen Sinne der Rauch auf: „Habemus Wortwerker“. Wortwerkerin Jonë Zhitia durfte die gute Nachricht per Telefon überbringen und erwischte ihren Nachfolger auf der Leipziger Buchmesse. „Sie musste das Telefon weghalten, so laut hat er sich gefreut“, erzählt Fontheim – nun war sie es, die sich freute. Dass die Wahl bislang abwechselnd auf Frauen und Männer entfiel, ist laut Fontheim kein Konzept, sondern Zufall.

Autor kann provozieren und irritieren

Hank Zerbolesch habe unzweifelhaft eine eigene, intensive literarische Stimme, schreibt die Jury, die Auszeichnung als Wortwerker 2025 sei Anerkennung für seine Fähigkeit, zu irritieren und zu provozieren und die Literatur so zu bereichern.

Der neue Stadtschreiber hat nicht nur eine bemerkenswerte Schreibe, er ist auch eine interessante Persönlichkeit. Der über und über mit Tattoos verzierte Mittvierziger verdiente seine Brötchen unter anderem als Altenpfleger und Veranstaltungstechniker; außerdem ist er Grafikdesigner. Erschienen sind von ihm unter anderem die Titel „Verhaltet euch unauffällig (Periplanta, 2014)“, „RAW“ (2018) und „Morbus Leben“ (2020). Im vergangenen Jahr erschien sein Roman „Gorbach“ beim Steidl-Verlag Göttingen, kurz darauf erhält der Autor den Von der Heydt-Kulturpreis 2024.

Rohe Sprache mit poetischen Elementen

Und so begründet die Wortwerker-Jury ihre Wahl: „Hank Zerbolesch überzeugte die Jury mit der sprachlichen Eigenständigkeit und der psychologischen Tiefe seiner Texte. Er kombiniert eine direkte, mal lakonische, mal bewusst rohe Sprache mit poetischen Elementen, nutzt Wortspiele, Rhythmik und fragmentierte Strukturen, um Emotionen und Wahrnehmungen zu vermitteln. Diese Mischung macht seine Texte außergewöhnlich. Zerbolesch setzt sich mit Themen wie sozialer Ausgrenzung, Isolation, Gewalt und Verletzlichkeit auseinander, und er traut sich, seinen Leserinnen und Lesern Figuren zuzumuten, die als Außenseiter und Gestrandete oft zerrissen sind zwischen Wut, Ohnmacht, Resignation und Rebellion. Sie handeln nicht immer moralisch einwandfrei, doch gerade diese Widersprüchlichkeit macht Zerboleschs Protagonisten nahbar und authentisch.“ Letzteres sei so ein „durchgenudeltes Wort“, räumte Zerbolesch in einem Interview ein. Er will, dass seine Charaktere „echt“ sind, dass die Sprache genau so gesprochen sein könnte.

Dr. Heidi Roch erinnert sein Schreibstil an Charles Bukowski – erst später erfuhr sie, dass Bukowski als Autor für Zerbolesch Vorbildcharakter hat. Für den Wuppertaler eine Zufallsentdeckung, die ihn prägte und für die Literatur aufschloss. Zerboleschs eigene Sprache beschreibt Sabine Fontheim als „knapp, schnörkellos, klar“. Er entkleide die Gesellschaft, um ihr zu zeigen, was darunter liege.

Lesungen und Workshops geplant

Beim bisherigen Kontakt überzeugte der 44-Jährige durch Empathie und eine Höflichkeit, die nicht aufgesetzt sei, versichert Fontheim. Ein erstes Kennenlernen ist für Ende Juni angesetzt; das viermonatige Wortwerker-Stipendium beginnt am 15. August, dann steht Hank Zerbolesch alias Sascha Zerbe die Stadtschreiber-Wohnung im Neuwerk-Wohnturm zur Verfügung. Während seines Aufenthalts will er die Arbeit an einem neuen Roman vorantreiben und offene Lesungen und Workshops anbieten. Eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Musikfest Goslar – Harz ist ebenfalls wieder in Planung.

In die Stadtschreiberwohnung in Neuwerk wird Mitte August der 44-jährige Wuppertaler Hank Zerbolesch einziehen.

In die Stadtschreiberwohnung in Neuwerk wird Mitte August der 44-jährige Wuppertaler Hank Zerbolesch einziehen. Foto: Kempfer

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