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Die Folgen des „Rainbow Gatherings“

GZ Plus IconEin Jahr nach dem Hippie-Treffen im Oberharz: Wie geht’s der Natur?

Teilnehmer spielen Gitarre und singen Lieder beim „Rainbow Gathering“ 2024.

Teilnehmer spielen Gitarre und singen Lieder beim „Rainbow Gathering“ 2024. Foto: Stratenschulte/dpa (Archiv)

Vor einem Jahr versammelten sich Hunderte Hippies und Alternative zum „Rainbow Gathering“ im Oberharz. Naturschützer schlugen Alarm, Landesforsten und die Landkreise Göttingen und Goslar sorgten sich um die Natur. Wie sieht es heute dort aus?

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Von Sören Skuza
Montag, 25.08.2025, 18:00 Uhr

Clausthal-Zellerfeld. Kaum zu glauben, aber es ist schon wieder ein Jahr her, dass sich rund 1500 Hippies und Alternative im Landschaftsschutzgebiet zwischen Clausthal-Zellerfeld und Bad Grund zum „Rainbow Gathering“ versammelt haben. Die Sorge um die Harzer Natur hatte damals viele Menschen umgetrieben. Aber wie sieht es jetzt tatsächlich vor Ort aus? Eine Begehung mit den Landesforsten.

Zur Erinnerung: Im August vorigen Jahres sorgte das illegale Zeltlager im Oberharz bundesweit für Schlagzeilen. In der Spitze kampierten rund 1500 Menschen in einer von den Landkreisen Göttingen und Goslar schnell ausgerufenen Sperrzone. Auch durch mehrere Großeinsätze der Landkreise, unterstützt von Hundertschaften der Polizei, ließ sich der überwiegende Teil der „Rainbow Family“ nicht verscheuchen.

Die Sorge der Landesforsten und der Behörden beim „Rainbow Gathering“ 2024 gilt vor allem dem Brandschutz.

Die Sorge der Landesforsten und der Behörden beim „Rainbow Gathering“ 2024 gilt vor allem dem Brandschutz. Foto: Stratenschulte/dpa (Archiv)

Belastende Situation

„Es war ein Großereignis sondergleichen“, fasst Landesforsten-Sprecher Michael Rudolph in einem Pressegespräch am Montag zusammen. Als er informiert wurde, dass sich dort etwas abspielen solle, sei er direkt losgefahren. Erst habe er nur ein paar Menschen gesehen, dann seien es immer mehr geworden, die hin- und herströmten. „Plötzlich stand ich da in diesem Camp. Diesen Rummelplatz zu erleben, war sehr befremdlich“, erinnert sich Rudolph.

Pressesprecher Michael Rudolph (l.) und Revierförster Tim Eickmann begutachten eine noch immer genutzte Feuerstelle mitten im Wald.

Pressesprecher Michael Rudolph (l.) und Revierförster Tim Eickmann begutachten eine noch immer genutzte Feuerstelle mitten im Wald. Foto: Skuza

Und auch Tim Eickmann hat das „Rainbow Gathering“ noch gut vor Augen. Als zuständiger Revierförster sei die Situation für ihn belastend gewesen, habe er doch das Gefühl gehabt, „ein Stück weit verantwortlich“ zu sein, falls die Lage in welcher Hinsicht auch immer eskalieren sollte. Seine größte Sorge habe der Waldbrandgefahr gegolten. Die „Rainbow Family“ habe stets betont, nur ein einziges großes Feuer und nur eine Kochstelle für alle zu nutzen. Die Realität sei aber eine andere gewesen, und auch heute noch sind die Spuren deutlich sichtbar.

Feuerstelle noch aktiv

Eine kleinere Feuerstelle, die damals genutzt wurde, werde auch in jüngster Zeit immer wieder entzündet. Offenbar zuletzt erst am Wochenende. Die kleine Feuerstelle liegt mitten im Wald, etwa einen Meter entfernt von dem nächsten Baum. Verkohltes Holz liegt darin, unweit hängt ein Grillrost an einem Ast. Die eigentliche Gefahr, erläutert Michael Rudolph, bestehe aber vor allem durch Brände, die sich durch den Untergrund fressen. Oberflächlich sei in solchen Fällen das Feuer gelöscht, doch unterirdisch breiten sie sich oft über Tage und Wochen aus, bis sie wieder an die Oberfläche treten und Flächenbrände verursachen.

Niedlich, hat da aber nichts verloren: Eine winzige gebastelte Schaukel ist beim „Rainbow Gathering“ Teil eines Lageplans Marke Eigenbau.

Niedlich, hat da aber nichts verloren: Eine winzige gebastelte Schaukel ist beim „Rainbow Gathering“ Teil eines Lageplans Marke Eigenbau. Foto: Skuza

Zurück in den Oberharz: Natürlich könne man nicht wissen, wer genau dort immer wieder ein Lagerfeuer macht, es seien grundsätzlich zunehmend Menschen in der Natur unterwegs, die nicht wüssten, wie sie sich dort zu verhalten haben. Aber erst kürzlich habe Eickmann einen einschlägig gekleideten Mann mit Dreadlocks bis zum Rücken mit Gitarre durch das Gehölz wandern sehen. Es sei also durchaus möglich, dass einzelne Angehörige der „Rainbow Family“ in der Nähe geblieben seien.

Gefahren im Wald

Deutlich zu sehen ist an einigen Orten nach wie vor, wo über einen längeren Zeitraum Zelte gestanden haben. Noch immer ist der Boden verdichtet, an einer Stelle sind noch Stämme eines großen Tipis an einen Baum angelehnt. Eickmann und Rudolph warnen auch abseits des „Rainbow Gatherings“ eindringlich davor, sich zum Schlafen einfach so in den Wald zu legen. Immerhin sind gerade im Harz viele Bäume vom Borkenkäfer zerfressen, als Laie könne man das schwerlich erkennen. Und diese Bäume könnten durchaus plötzlich umknicken.

Einen selbstgebauten Ofen hat die „Rainbow Family“ im Wald zurückgelassen.

Einen selbstgebauten Ofen hat die „Rainbow Family“ im Wald zurückgelassen. Foto: Skuza

Apropos: Während des „Rainbow Gatherings“ hätten die Mitarbeiter der Landesforsten ihrer eigentlich dort anstehenden Aufgaben nicht nachkommen können. „Ich kann keine Käferbäume fällen, wenn darunter Hippies in ihren Hütten liegen“, meint Revierförster Eickmann trocken. Auch an die Jagd sei in dieser Zeit natürlich nicht zu denken gewesen, was zur Folge hatte, dass Tiere an jungen Bäumen durchaus mehr weggefressen hätten, als üblich. Ein wichtiger Teich, den das Wild sonst als Trinkwasserquelle nutzen würde, sei zudem während des Treffens weggefallen, weil unweit entfernt die Kochstelle der „Rainbow Family“ eingerichtet war, was die scheuen Tiere verschreckt habe.

Unbekannter Grenzstein

Zwar seien nach dem Treffen wie angekündigt einige Teilnehmer geblieben, um aufzuräumen. Einige Hinterlassenschaften seien aber nach wie vor zu sehen, etwa ein selbstgebauter Raketenofen. Für die Forstleute aber viel ärgerlicher: Historische Grenzsteine seien von ihren eigentlichen Positionen entfernt und an andere Stellen verbracht worden. Darunter ein Grenzstein mit rätselhafter Gravur, der bislang überhaupt nicht bekannt gewesen sei. Da nun niemand wisse, wo er herkommt, werde wohl auch niemand mehr herausfinden können, was es mit ihm auf sich hat.

Woher der Grenzstein kommt und wie alt er ist, ist völlig unklar.

Woher der Grenzstein kommt und wie alt er ist, ist völlig unklar. Foto: Skuza

Bei allem Ärger: Michael Rudolph und Tim Eickmann sind sich darin einig, die Natur sei bei der ganzen Aktion noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Die Schadensbegrenzung aber sei noch lange nicht abgeschlossen.

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