Talsperren-Projekt soll vor Dunkelflaute, Flut und Dürre schützen

Der Erfolg hat viele Väter und Mütter: Zur Übergabe des Förderbescheids trafen sich Ministerin Melanie Walter (vordere Reihe, 2. von links), die Clausthaler TU-Präsidentin Sylvia Schattauer (vorn links) und Vertreter der Projektpartner an der Okertalsperre. Foto: Hartmann
An der Okertalsperre könnte ein neues Kombi-Kraftwerk entstehen. Für ein Forschungsprojekt unter Federführung der TU Clausthal übergab die niedersächsische Europa-Ministerin beim Treffen auf der Staumauer einen Förderbescheid über 1,1 Millionen Euro.
Altenau. Wasserspeicher ist wertvoll, und Talsperren sind eine der großen Ressourcen des Harzes, sowohl für die Energiegewinnung als auch zur Vorsorge für Dürre- oder Flutkatastrophen. Auch dem Land Niedersachsen sind sie lieb und teuer. Daher überreichte Melanie Walter, niedersächsische Ministerin für Europa und regionale Landesentwicklung, am Donnerstagnachmittag auf der Staumauer der Okertalsperre einen Förderbescheid für ein besonderes Projekt an Dr. Sylvia Schattauer, die Präsidentin der Technischen Universität Clausthal.
1,1 Millionen Euro beträgt die nun zugesagte Fördersumme für das Projekt „Energie- und Wasserspeicher Harz“ (EWAZ-Transfer). Insgesamt hat das auf zwei Jahre angelegte Projekt ein finanzielles Volumen von rund 2,4 Millionen Euro. Gefördert wird es aus Mitteln der europäischen Regionalförderung über die Zukunftsregionen Südniedersachsen und Südostniedersachsen. Der verbleibende Betrag wird überwiegend von Industriepartnern getragen. Das Projekt baut auf den Ergebnissen einer Vorstudie aus dem Jahr 2022 auf und soll in den beiden kommenden Jahren laufen.
Drei Standorte für Pumpspeicherwerke
Der Treffpunkt Okertalsperre ist einer der drei anvisierten Standorte für ein potenzielles Multifunktions-Pumpspeicherwerk, wie Lars Schmidt, Kaufmännischer Geschäftsführer der Harzwasserwerke erläuterte. Weitere Standorte solcher Speicherwerke könnten die Innerstetalsperre (Hohenstein) und die Odertalsperre (Stöberhai) sein, wobei die Okertalsperre als erster Kandidat gilt. „Speicher hat einen Wert“, betonte Schmidt.
Worum geht es? Das interdisziplinäre Forschungsprojekt befasst sich mit der Entwicklung und dem Bau von Kombi-Kraftwerken. Diese Anlagen sollen zum einen Energie speichern und bei Bedarf wieder abgeben, zum Beispiel, wenn die Energiegewinnung aus Windkraft und Sonnenenergie ausfällt („Dunkelflaute“). Gleichzeitig sollen sie aber auch in Zeiten des Klimawandels als Wasserregulator dienen, bei Flutgefahr und Starkregen Überschwemmungen abfedern und bei Dürre Trinkwasser bereithalten.
Nützliche unterirdische Hohlräume
Die geplanten Kombi-Kraftwerke nutzen dabei bestehende Infrastrukturen, etwa unterirdische Hohlräume aus dem Bergbau, als Wasserspeicher und verbinden diese mit modernen Technologien.
Konkret wollen die Partner während des Projekts die Genehmigung für ein großes Pilotkraftwerk vorbereiten, ein Technologietransfernetzwerk schaffen und eine Machbarkeitsstudie und ein Genehmigungsverfahren für ein Okertal-Huneberg-Pumpspeicherwerk auf den Weg bringen.
„Mit dem EWAZ-Transfer-Projekt setzen wir ein starkes Zeichen für den Klimaschutz und die kommunale Daseinsvorsorge“, betonte Ministerin Walter. „Die intelligente Verbindung von Energie- und Wassersystemen schafft neue Arbeitsplätze, fördert die regionale Wertschöpfung und schützt vor den Folgen des Klimawandels. Wir setzen dabei auf innovative und passgenaue Lösungen, die den Menschen im Westharz, aber auch weit darüber hinaus in ganz Niedersachsen zugutekommen werden.“ Dabei zeige sich eindrucksvoll, wie Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam nachhaltige Lösungen für die Herausforderungen von morgen entwickeln könnten.
Mit an Bord sind die TU Braunschweig, die Hochschule Ostfalia, die Georg-August-Universität Göttingen, die Leibniz Universität Hannover sowie Unternehmen wie die Harzwasserwerke, Uniper Kraftwerke und Harz-Energie.
Wissenschaft und Wirtschaft als Partner
TU-Präsidentin Schattauer betonte, es handele sich um ein „Projekt von gesamtgesellschaftlicher Dimension“. Zehn Projektpartner aus Wissenschaft und Wirtschaft sind beteiligt. Die TU Clausthal als federführende Einrichtung bringe zum einen ihre Kompetenz im Bereich bergbaulicher Hohlräume ein, außerdem sei die Nachnutzung der vorhandenen unterirdischen Infrastruktur ein gutes Beispiel für den Nachhaltigkeitsgedanken.
Die Kombi-Kraftwerke sollen ermöglichen, Energie- und Wasserressourcen effizient zu nutzen und so die Folgen des Klimawandels abzumildern. Außerdem sollen sie die kommunale Daseinsvorsorge stärken.
Augenmerk auf gesellschaftlicher Bildung
Neben der technischen Entwicklung legt das Projekt großen Wert auf die gesellschaftliche und berufliche Bildung. Geplant sind Qualifizierungsmaßnahmen in den Bereichen Starkregenereignisse und Hochwassermanagement, Dürremanagement und nachhaltige Wasserwirtschaft sowie Technologien erneuerbarer Energien.
Im Fokus der Untersuchungen sollen mögliche Pumpspeicherstandorte an Oder-, Innerste- und Okertalsperre liegen, erläuterte Prof. Jens-André Paffenholz, Prodekan der Fakultät für Energie- und Wirtschaftswissenschaften und Institutsdirektor des Institute of Geotechnology and Mineral Resources. Die rein wasserwirtschaftlichen Standorte Siebertal, Granetalsperre und der Hochwasserschutz in Goslar seien „nicht Teile des Projekts, werden aber im Sinne des Gesamtsystems eng mit den dortigen Planungen abgestimmt“.
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