Könnte ein E-Antrieb der Rettungsring für das Okerschiff werden?
Das Aus für die Okerseeschifffahrt macht nach wie vor betroffen. Eine Kooperation mit einer Forschungsgruppe könnte jedoch die Rückkehr des Schiffes ermöglichen. Foto: Dittrich/dpa
Monatelang liegt das Okerschiff still auf der Talsperre. Eine Elektro-Umrüstung durch die TU Clausthal könnte Hoffnung bringen. Doch ohne Betreiber ist die Zukunft offen.
Schulenberg. Seit Monaten liegt das Okerseeschiff MS „Aquamarin“ regungslos auf der Okertalsperre. Für den einstigen Kapitän Michael Jonas Römermann, viele Oberharzer sowie für die Tourismusbranche ist dieser Zustand gleichermaßen bitter. Eine mögliche Kooperation mit der TU Clausthal und dem Fraunhofer-Institut könnte dem beliebten Ausflugsschiff jedoch eine Perspektive eröffnen. Im Raum steht die Frage, ob eine Umrüstung auf einen Elektroantrieb die Schifffahrt auf dem Okerstausee wieder ermöglichen kann.
Monatelanger Kampf
Ende einer Ära auf der Okertalsperre: Keine Hoffnung für „Aquamarin“
Die Harzwasserwerke, Betreiber des Trinkwasserreservoirs Okertalsperre, haben in der Vergangenheit mehrfach betont, dass sie die traditionelle Okersee-Schifffahrt grundsätzlich als Bestandteil des Harzer Tourismus unterstützen. „Aus Gründen des Trinkwasserschutzes kann diese jedoch zukünftig nur gestattet werden, wenn bei den betriebenen Schiffen ein umweltschonender Elektroantrieb zum Einsatz kommt“, erklärte Unternehmenssprecher Norman Droste dazu.
TU Clausthal hat großes Interesse
Römermann hatte bereits von Gesprächen berichtet, die neue Perspektiven eröffneten. Nun bestätigt Prof. Wolfgang Schade vom Institut für Energieforschung und Physikalische Technologien gegenüber der GZ, dass an der TU Clausthal weiterhin Interesse an dem Projekt bestehe. Für Schade wäre die MS „Aquamarin“ ein praxisnahes Forschungsobjekt direkt vor der Haustür, von dem auch Studentinnen und Studenten profitieren könnten. Der Professor hat bereits in Westafrika an Projekten mitgewirkt, bei denen Fährenantriebe elektrifiziert wurden. Aus seiner Sicht stellt sich daher die Frage, warum vergleichbare Ansätze nur in weit entfernten Regionen umgesetzt werden, während im Oberharz ein stillgelegtes Schiff mit genau dieser Problemstellung existiert.
Vielversprechende Gespräche
Okerschiff „Aquamarin“ auf der Suche nach dem rettenden Ufer
Gedanklich beschäftigt sich die Forschungsgruppe unter anderem mit dem Einsatz sogenannter Natrium-Ionen-Batterien, die ohne kritische Rohstoffe auskommen. Zu diesem Ansatz haben Schade und sein Team bereits ein zehnseitiges Papier erarbeitet, in dem mögliche technische Lösungen skizziert sind.
Gute Chancen für eine Förderung
Darüber hinaus sieht der Professor gute Chancen, für das Projekt eine hohe Fördersumme einzuwerben. Als mögliches Instrument nennt er das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), ein bundesweites Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Es unterstützt kleine und mittlere Unternehmen, Handwerk, freie Berufe sowie Forschungseinrichtungen dabei, ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Ulrike Willer aus dem Bereich Materialfunktionalisierung betont jedoch, dass sich das Forschungszentrum nicht als Dienstleister für eine konkrete Umrüstung verstehe. Vielmehr könne die TU Clausthal insbesondere im Bereich der Batteriesicherheit wichtige Impulse liefern.
Das Hauptproblem des Projekts
Das zentrale Problem bleibt nach Einschätzung des Professors allerdings der fehlende Betreiber des Schiffs. Wie berichtet, hat die Unternehmergesellschaft Personenschifffahrt-Okersee im August ihren Geschäftsbetrieb eingestellt. Sie hatte die MS „Aquamarin“ erst im Mai übernommen, um den Schifffahrtsbetrieb nach der vorläufigen Insolvenz der Okersee-Schifffahrt-Gesellschaft um Geschäftsführer Michael Jonas Römermann im Dezember 2024 fortzuführen.
Damals war Rechtsanwalt Dr. Franc Zimmermann damit beauftragt worden, Rettungsmöglichkeiten für die Okersee-Schifffahrt-Gesellschaft auszuloten. Diese hatte nicht nur die MS „Aquamarin“ betrieben, sondern auch das „Vitalhotel“ in Schulenberg geführt. Der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht zeigte sich zunächst vorsichtig optimistisch. Für das Hotel fand sich mit der Buntenbock-Invest-Gesellschaft kurzfristig ein Investor. Über die Wintermonate blieben jedoch Gäste aus, um den Betrieb wirtschaftlich aufrechtzuerhalten. Die Unterstützer zogen sich daraufhin wieder aus Schulenberg zurück.
Kauf des Schiffes ist zu teuer
Schade berichtet zudem von einem potenziellen Partner, den die TU Clausthal zeitweise in das Projekt eingebunden hatte und der über Erfahrung im Bereich Elektromobilität auf dem Wasser verfügt. Dieser habe erwogen, das Schiff aus der Insolvenzmasse herauszukaufen. In Abstimmung mit dem Anwalt habe sich jedoch gezeigt, dass dafür ein sechsstelliger Betrag fällig gewesen wäre – zu viel für den Interessenten, der daraufhin Abstand nahm.
Die TU Clausthal wolle das Projekt grundsätzlich weiterverfolgen, betont Schade. Aktuell wirke die Situation jedoch eher wie eine Sackgasse, zumal andere, drängendere Themen auf seiner Agenda stünden. Von einem endgültigen Aus sei dennoch keine Rede. Schade sieht insbesondere Römermann als früheren Geschäftsführer in der Mitverantwortung, eine Lösung für einen neuen Betreiber zu finden. Denn diese Aufgabe könne die Hochschule nicht übernehmen.
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