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Viel angekündigt, wenig angekommen

GZ Plus IconKliniken warten auf Umsetzung: Krankenhausreform auf dem Prüfstand

Die Klinik Dr. Fontheim – Mentale Gesundheit liegt in zentraler Liebenburger Ortslage.

Die Klinik Dr. Fontheim – Mentale Gesundheit liegt in zentraler Liebenburger Ortslage. Foto: Leifeld (Archiv)

Die Krankenhausreform soll das Gesundheitswesen moderner, effizienter und patientenfreundlicher machen. Doch in den Kliniken der Region ist davon bislang kaum etwas spürbar. Die Kliniken in Seesen und Liebenburg geben einen Einblick.

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Von Ronja Heinemann
Mittwoch, 13.08.2025, 10:00 Uhr

Liebenburg/Seesen. Seit dem Regierungswechsel steht die Krankenhauspolitik im Zentrum gesundheitspolitischer Debatten. Milliardenhilfen, neue Qualitätsvorgaben und eine tiefgreifende Strukturreform wurden angekündigt – verbunden mit dem Versprechen, Versorgung und Arbeitsbedingungen in den Kliniken zu verbessern. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Ein Blick auf zwei regionale Krankenhäuser zeigt: Vieles ist noch unklar, der Alltag bislang kaum verändert.

In der Klinik Fontheim verfolgt man die gesundheitspolitischen Entwicklungen genau – doch bislang sei wenig davon im Klinikalltag angekommen. Zwar begrüße man die angekündigten Unterstützungen, wie etwa die geplanten Soforthilfen von rund vier Milliarden Euro oder die Fördermittel zur Stärkung der IT- und Cybersicherheit ausdrücklich, doch sei von einer praktischen Umsetzung vor Ort derzeit noch wenig zu spüren, heißt es durch Unternehmenssprecherin Julia Loges.

Keine konkreten Auswirkungen

„Aktuell hat der Regierungswechsel und die angekündigten Entwicklungen bislang noch keine konkreten Auswirkungen auf unsere tägliche Arbeit gezeigt“, so Loges. Entsprechend könne man derzeit auch noch keine tiefergehende Einschätzung zu den angekündigten Reformen oder ihren Effekten auf die eigene Einrichtung abgeben.

Auch bei der Asklepios-Klinik in Seesen bleibt man vorsichtig mit Einschätzungen. Man wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen, heißt es von Pressesprecher Ralf Nehmzow. „Der Prozess der Krankenhausreform ist sehr komplex und in vollem Gange. Valide Aussagen dazu können wir zu diesem Zeitpunkt nicht machen.“

Kritisch äußert man sich hingegen zum hohen bürokratischen Aufwand, der durch die aktuelle Reformphase entstanden ist. Die Kliniken seien derzeit damit beschäftigt, umfangreiche Daten und Unterlagen zur Bewertung durch die zuständigen Landesbehörden bereitzustellen. „Immer wieder mal gibt es im politischen Raum neue Ideen, Änderungen bei geplanten Regelungen der Krankenhausreform“, so Nehmzow. Nun würden sie auf die nächsten Schritte warten.

Enge Abstimmung

Gleichzeitig betont man in Seesen die enge Abstimmung mit den regionalen Akteuren: „Als Gesundheitsanbieter Nummer eins im Landkreis Goslar stehen wir gemeinsam mit den Verantwortlichen, anderen Beteiligten der Reform bereit und sind mit ihnen in enger Abstimmung, um weiterhin den Bürgerinnen und Bürgern die bestmögliche Versorgung zu bieten.“

Die Aussagen aus beiden Kliniken zeichnen ein deutliches Bild: Die Krankenhausreform ist in der politischen Diskussion allgegenwärtig – ihre praktische Umsetzung vor Ort lässt jedoch noch auf sich warten.

Asklepios-Sprecher Nehmzow verweist außerdem auf die Komplexität des Prozesses, in dem die Krankenhausreform derzeit stecke. So hat zuletzt die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) beschlossen, die Reform nachzubessern. Sie solle verbessert und dadurch praktikabler umsetzbar gemacht werden. Das Ziel sei mehr Qualität, heißt es in einem Statement von Warken.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt die aktuellen Entwicklungen, wie die geplante Soforthilfe und die Investitionen in die Cybersicherheit. DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß betrachte es als ein sehr positives Zeichen, dass der Inflationsausgleich im Haushalt verankert ist. Entscheidend sei, dass die Mittel schnell und unbürokratisch bei den Krankenhäusern ankämen.

Zur Verbesserung der Cybersicherheit seien die geplanten 190 Millionen Euro für das kommende Jahr, so Gaß, ein positives Signal. Eine Verpflichtungsermächtigung von einer Milliarde Euro für 2027 bis 2029 würde ebenfalls bereits vorliegen.

Die DKG begrüße grundsätzlich die Bemühungen des Bundesgesundheitsministeriums, mit dem vorgelegten Referentenentwurf zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) den Reformprozess voranzubringen. Insbesondere die stärkere Einbindung der Länder bewertet die DKG positiv.

Allerdings übt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Prof. Dr. Henriette Neumeyer, deutliche Kritik an der Beibehaltung der sogenannten Vorhaltefinanzierung. Diese sei „grundsätzlich untauglich“, setze falsche Anreize, verursache übermäßigen bürokratischen Aufwand und müsse dringend überarbeitet werden. Die bloße Verschiebung ihrer Einführung helfe nicht weiter.

Reform im Übergang

Ein zentrales Anliegen bleibe für die DKG die Entbürokratisierung. Der ursprüngliche Reformansatz habe durch neue Berichtspflichten erheblichen Verwaltungsaufwand verursacht – laut DKG wären dafür bis zu 5000 zusätzliche Stellen nötig. Die Krankenhäuser fordern daher klare Schritte zur Deregulierung und kritisieren in diesem Zusammenhang auch den Bundes-Klinik-Atlas, der aus ihrer Sicht keinen Mehrwert für Patienten bietet und abgeschafft werden sollte.

Die Krankenhausreform ist derzeit vor allem ein politischer Prozess – ihre Umsetzung in der Praxis steht vielerorts noch aus. Während Förderprogramme und strukturelle Veränderungen angekündigt wurden, bleibt in den Kliniken die konkrete Wirkung bislang begrenzt. Die Rückmeldungen aus Liebenburg und Seesen zeigen: Vieles ist noch im Fluss, und der Alltag in den Einrichtungen ist bislang weitgehend unverändert. Ob die angestoßenen Reformen die gewünschten Verbesserungen in Versorgung, Finanzierung und Arbeitsbedingungen bringen, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen – wenn aus Planungen konkrete Maßnahmen werden.

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