Zwei Goslarer Hotels mit Geschichte – und klaren Zukunftsplänen
Historisches Fachwerkhaus und Menschen auf einem Weihnachtsmarkt Foto: Heine
Die Traditionshotels liegen den Goslarern am Herzen. Gemeinsam mit Ehrenbürger Hans-Joachim Tessner hat die GZ hinter die Kulissen geschaut. Was soll dort geschehen?

Baustelle und Herzensangelegenheit: Für Hans-Joachim Tessner atmet die „Kaiserworth“ auch Familiengeschichte. Foto: Heine
Majestäten am Marktplatz abgebaut
Fort von der Worth: Goslar schickt Kaiser auf Kur nach Ostharingen
Kaiser kuren schon seit Monaten
Die Kaiser an der „Worth“-Fassade sind schon seit Monaten weg, auf Kur bei einem Restaurator in Ostharingen. Drinnen ist jetzt gründlich aufgeräumt. Alles ist raus, was in der „Kaiserworth“-Zukunft keine Rolle spielt und nicht historisch wertvoll ist. Dort grüßen alte Säulen mit einer Lehmstrohkonstruktion aus dem 17. oder 18. Jahrhundert. Hier erstreckt sich über den Köpfen eine mehr als 100 Jahre alte Eichenholzdecke in einem Raum mit bunten Fenstern, die aber Nachbildungen sind. Tessner schmunzelt und deutet auf einen Schriftzug. „Heinrich Oberhuber 1986“ steht dort geschrieben. Ein Vorbesitzer hat sich am Glas verewigt. Geht da nicht die Mär oder ist es doch mehr, dass der Mann auch einem der kaputtesten Kaiser ein neues, nämlich sein Gesicht (nach-)formen lassen wollte?
Die Gerüchteküche funktioniert auch dort, wo aktuell kein Ofen mehr läuft. Gar kein Ofen mehr steht. Die alte Küche? Ein Schlachtfeld. Oder besser Baufeld. Genauso wie unten der „Dukatenkeller“, wo kein Stein mehr auf dem anderen ist. Hans-Joachim Tessner kann viele Geschichten erzählen, wenn er durch das Haus geht. Wie die mit dem Kaisergesicht. Oder wie er mit Familie unter Holzdach und neben dem Fenster jedes Jahr am 11. November am Tisch zum Gänseessen, das einst Hotelier Johannes Mühlenkamp eingeführt hatte. Erinnerungen wie an jenen Abend, als er zusammen mit Kaiserring-Erfinder Peter Schenning und Kaiserring-Träger Joseph Beuys unten an der Kellerbar fröhliche Stunden verbringt. Irgendwann greift Beuys zum Stift, signiert einen der typischen Filzhüte, die er immer trägt. Die breitkrempige Kopfbedeckung wird im Hause Tessner immer noch in Ehren gehalten – zur Ansicht unter Glas.Tessner kauft „Kaiserworth“
Goslar: Millionen-Investition und Hoffnungsschimmer nach langem Leerstand
Geschichten erzählen und Geschichte schreiben
Wann sind solche Szenen in der „Worth“ wieder möglich, die Geschichten erzählen und die Geschichte schreiben? Nicht zu vergessen: Das Goslarsche Pancket ist hier geboren. Im Moment hat der Denkmalschutz nicht nur ein Auge auf eine Baustelle, die Historie atmet. Ärgernis für einen Investor? Vielleicht an der einen oder anderen Stelle. Hier und heute ist Tessner voll des Lobes über die Arbeit der Denkmalpfleger. Wenn sie nicht (gewesen) wären, wie hätten „Kaiserworth“ und „Brusttuch“ in aller ihrer Pracht und ihrer Einzigartigkeit bis in die Gegenwart überdauern sollen? Ein prächtiges Kreuzgewölbe aus früheren Jahrhunderten? Eine markante Säule aus eben jener Zeit mit einer Steckdose aus dem 21. Jahrhundert am Fuß? Man achte auf die Details und Facetten.
Es gibt ein Zeitfenster. Und einen klaren Plan für die Zukunft der beiden Hotels samt Grauen Haus am Hohen Weg und Goethehaus an der Worthstraße. Bis Ostern 2026 soll eine Machbarkeitsstudie auf dem Tisch liegen. Sie ist Voraussetzung für Genehmigungen und künftige Betreiber, die im nächsten Jahr den Zuschlag erhalten sollen. Momentan sind noch kaum Grenzen gesetzt. Denkmalschutz ist die eine. Die Wirtschaftlichkeit ist die andere. Beide Hotels sind eine Zier. Aber es soll auch (genügend) Geld in die Kasse kommen. „2026 wird geplant, 2027 und 2028 wird gebaut“, sagt Holste.
Freigelegt – buchstäblich hinter die Kulissen geschaut. Foto: Heine
Qualität, Preis und Zeit
Logisch: Viele Goslarer hätten es sich schneller gewünscht. Nicht zuletzt die Truppe um Tessner. Aber Qualität hat ihren Preis. Und braucht ihre Zeit. Das Innere soll halten, was die Fassade verspricht. Alles sei denkbar, sagt Holste und bestätigt Tessner. Dass beide Häuser in eine Hand kommen. Dass unterschiedliche Betreiber für die Hotels gefunden werden. Müssen unbedingt beide Häuser weiterhin ein Hotel sein? Es gibt keine Denkverbote. Aber genügend Interessenten aus nah und fern. Eine Suche sei gar nicht nötig gewesen, sagt Tessner: „Was wir vorhaben, spricht sich rum.“ Beispielsweise gebe es mehr als 100 Hotel-Ketten in Deutschland. Die Lösung soll, muss nachhaltig sein. Bis dahin ist viel zu tun – die komplette Elektro, Heizung, Lüftung, Sanitär. Alles, was auf den Rohbau folgt, steht noch an. Was kostet der Spaß? „Das Doppelte von der Hälfte.“ Der Kaufmann Tessner bringt es auf seine berühmte Formel. Lächelt und schweigt zum Preis.
Frühere Jahrhunderte treffen die Moderne: Wer sieht die Steckdose an der Säule? Foto: Heine

Welch ein Kronleuchter: Das „Brusttuch“ lässt den alten Glanz erahnen. Foto: Heine
Zurück ins Jahr 1976
Wie Schlagerstar Udo Jürgens auf Bilder vom Goslarer Pancket kommt
Udo Jürgens beim Goslarschen Pancket
Hans-Joachim Tessner hat diese Pancket-Zeiten mitgemacht. Als 1976 Udo Jürgens überraschend zum Pancket auftaucht, sitzt er als Besitzer von Möbel-Unger zwischen Stadtforstrat Horst Matthaei und einem Dr. Flake vom Hahnenkleer Ferienpark, direkt gegenüber von Achim Renziehausen von den Greifwerken. Es ist das letzte Pancket in der „Kaiserworth“ von Hoteliersehepaar Johannes und Annemarie Mühlenkamp, bevor die Veranstaltung in die Kaiserpfalz wechselt und zur Tradition wird. Eigene Erinnerungen und Goslarer Geschichte. Tessner will sie nicht missen. Und bewahren, indem er die beiden Traditionshotels erhält.
Freigelegt – buchstäblich hinter die Kulissen geschaut. Foto: Heine
Bilder von der Kaiserworth-Baustelle
Ein Blick die Kulissen von „Kaiserworth“ und „Brusttuch“ – Eine Baustelle, die an alte Zeiten erinnert.
Copyright © 2025 Goslarsche Zeitung | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.