Debatte um Denkmalschutz in Goslar: Altstadt-Fibel soll schlichten
In der Goslarer Altstadt sind verschiedene Arten von Fenstern verbaut. Foto: Sowa
Die Stadt will Hauseigentümer mit Infoblättern leiten, statt eine Satzung einzuführen. Zwei Entwürfe zum Thema liegen vor, die sich mit dem Fensterstreit befassen.
Goslar. Das Thema Denkmalschutz in der Altstadt hat mal wieder Konjunktur. Die Stadtverwaltung will auf die Erstellung einer Altstadt-Satzung verzichten, obwohl der Goslarer Rat deren Einführung vor mehr als sechs Jahren beschlossen hat. Stattdessen will die Bauverwaltung den Hauseigentümern eine „Gestaltungsfibel“ an die Hand geben, die ihnen erläutert, welche Sanierungen und Umgestaltungen im denkmalgeschützten Welterbe erlaubt sind. Diese Fibel soll mit immer mehr Informationsblättern gefüllt werden. Zwei Entwürfe hat die Stadtverwaltung bereits vorgelegt. Sie sollen eine Richtung vorgeben, in die es gehen könnte.
Hauseigentümer und Denkmalschutz
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„Fenster sind neben Türen zentrale Gestaltungselemente in historischen Gebäuden und spielen aus denkmalpflegerischer Sicht eine besonders wichtige Rolle“, beginnt die Verwaltung die Erläuterungen auf dem ersten Infoblatt. Nach dem Denkmalschutzgesetz bestehe grundsätzlich die Verpflichtung, historische Fenster zu erhalten. Falls sie nicht mehr restauriert werden können, seien Nachbildungen historischer Fenstertypen die „bewährte Lösung“.
Goslar hat unterschiedliche Fensterarten
Im Goslarer Stadtbild gibt es demnach unterschiedliche Fensterarten. Große, festverglaste Dielenfenster, horizontale Schiebefenster im Harzer Baustil, vor allem aus dem 17., Drehflügel- oder Kreuzstockfenster aus dem 18. oder Galgenfenster aus dem 19. Jahrhundert.
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Wenn ein Schaden nicht mehr zu reparieren ist, „darf die untere Denkmalschutzbehörde den Einbau neuer Fenster genehmigen“, heißt es in dem Infoblatt. Dabei müsse die aktuelle Rechtsprechung beachtet werden.
Einzelheiten des Fensterstreits
So habe das Oberverwaltungsgericht Lüneburg festgestellt, „dass im norddeutschen Raum Fenster traditionell nach außen öffnend konstruiert wurden.“ Diese Bauweise sei bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts typisch und prägend für den Charakter der Gebäude gewesen. Dass auch in der Goslarer Altstadt neue Fenster grundsätzlich nach außen geöffnet werden müssen, war einer der Hauptkonflikte im bisherigen Fensterstreit. Die Stadtverwaltung erklärt dazu in ihrem Fibelentwurf: „Das Reinigen nach außen öffnender zweiflügeliger Fenster ist zwar weniger praktisch, aber in der Regel durchaus machbar und mit vertretbarem Aufwand verbunden.“
Beim Thema historischer Farbgebung sei es kompliziert, zuverlässige Aussagen zu treffen. „Nicht nur die Bauweise der Fenster, sondern auch die Beschichtungen der Fensterrahmen änderten sich im Laufe der Jahrhunderte, wobei Traditionen des Bauhandwerks, örtlich vorkommende Materialien und Pigmente sowie architektonische Moden eine Rolle spielten“, erläutert die Stadt dazu.
Wie entstand die Fensterfarbe?
Einige Befunde würden belegen, dass die Holzfenster zunächst nur mit Leinöl behandelt waren und insofern einen „holzsichtigen Charakter“ aufwiesen. Die Zugabe von Ruß könnte das Öl jedoch auch verdunkelt haben, das örtlich vorhandene Pigment „Ocker“ hat einen gelblich-grauen Farbton ins Goslarer Stadtbild getragen. Auch Bleiweiß wurde Schriftquellen zufolge zum Anstrich verwendet. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts kommen demnach farbige Fassungen von Fenstern in Mode, später dominiert vor allem reinweiße Farbe.
Die Stadt zählt auf, welche Farbtöne in Goslar als ortstypisch gelten: Leinöl (auch mit Ruß oder Ocker versetzt), gebrochenes Weiß, Lichtgrau, Perlgrau, dunkle, deckende Farbtöne wie Braun oder Dunkelgrün. Eine Sanierung oder Erneuerung von Fenstern an denkmalgeschützten Häusern soll sich an Bauzeit und Baujahr des Gebäudes orientieren. Die Farbigkeit ist mit der Denkmalschutzbehörde abzustimmen.
Der historische Farbton entscheidet
Noch ein Hinweis aus dem Rathaus: „Viele Fenster wurden in den letzten Jahrzehnten bereits komplett erneuert. Nur wenige Fenster entstammen noch dem 17. oder 18. Jahrhundert.“ Diese historisch wertvollen Fenster sollen grundsätzlich aber wieder zur Geltung kommen. Vor der Restaurierung empfehle sich eine Untersuchung, um die Fensterfarbigkeit der jeweiligen Bauzeit und dem Baustil des Gebäudes anzupassen.
Ob die Politik den Fibel-Vorschlag mitträgt und auf eine Satzung verzichtet, ist noch unklar. Im Bauausschuss hatten sich die Fraktionen noch mehr Bedenkzeit erbeten.
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