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24 Stunden auf höchstem Harz-Gipfel

GZ Plus IconWas man für eine Übernachtung auf dem Brocken wirklich braucht

Das Brockenplateau mit Funkturm bei Nacht

Bei klarem Sternenhimmel bietet das Brocken-Panorama spektakuläre Ausblicke. Foto: Nadine Steinmann

Sollte man einen Bollerwagen mit zur Brockenübernachtung nehmen? Und wenn ja, wo sonst noch? GZ-Autor Hendrik Roß hat es mit Familie und Freunden getestet.

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Von Hendrik Roß
Samstag, 22.11.2025, 19:45 Uhr

Harz. 300 Nebeltage im Jahr, 178 Tage mit Schneedecke, durchschnittlich Windstärke sechs mit 42 Kilometern pro Stunde, der Höchstwert wurde 1984 mit satten 263 Kilometern pro Stunde gemessen: Der Brocken ist Mitteleuropas windigster Ort und wahrlich kein Urlaubsparadies im klassischen Sinne.

Trotzdem lockt Norddeutschlands höchster Berg (1141 Meter) jährlich 1,2 bis 1,4 Millionen Besucher an, so die Zahlen des Brockenwirts, der oben auf der Kuppe nicht nur Speisen und Getränke anbietet, sondern seit 1999 auch ein Hotel mit 14 Zimmern betreibt.

Eine Nacht im Brockenhotel, das klingt nach Abenteuer und Naturerlebnis. Und der schroffe Felsen belohnt die Mühen des Aufstiegs, jedenfalls wenn man Glück hat und einen der 65 schönen Tage erwischt. Bleiben die Wolken fern, ist der Blick von oben einzigartig im Harz und reicht bis zu 230 Kilometer weit. Das hat selbst Goethe schon inspiriert, der den höchsten Harzgipfel gleich mehrfach bereiste.

20 Grad Temperaturunterschied

Nach einem spektakulären Sonnenuntergang zeigt der Berg aber schnell auch seine kalte Seite, mit 20 Grad Temperaturunterschied gegenüber dem Nachmittag und Eiseskälte. Beeindruckend ist es trotzdem dort oben unter sternenklarem Himmel und mit einem Rundum-Panoramablick.

Zu sehen ist der Sonnenaufgang auf dem Brocken.

Der Lohn für Frühaufsteher: Der Sonnenaufgang auf dem Brocken ist ein besonderes Erlebnis. Foto: Nadine Steinmann

Man fängt an zu raten: Welche Stadt leuchtet da links, welche rechts daneben? „Wernigerode“, sagt plötzlich jemand aus der Finsternis. Und man merkt schnell, so einsam ist es gar nicht auf dem dunklen Brocken.

Das gilt schon gar nicht für den Nachmittag des sonnigen Herbsttages, an dem etliche Wanderer sich von Torfhaus aus auf den Weg zum Gipfel machen. Acht Kilometer, 350 Höhenmeter: Das klingt machbar, allerdings haben wir reichlich Verpflegung im Gepäck. Unsere Gruppe besteht aus sieben Mitgliedern, Familie, Freunden und der Nachwuchs. Ja, hohe Gipfel locken generationenübergreifend.

Doch für Proviant will gesorgt sein. Für Gäste gibt es zwar in der siebten Etage des Hotels die urige Hexenklause, allerdings bei unserem Besuch nur bis 20 Uhr. Dann ist Feierabend.

Fünf Personen sitzen auf einem Baumstamm und eine Person steht vor ihnen. In der Mitte steht ihr Gepäck.

Treffpunkt Brockenkuppe: Die Anreise via Schmalspurbahn erlaubt auch die Mitnahme sperriger Gepäckstücke wie einem Koffer. Foto: Privat

Es gibt dann noch die Möglichkeit, die Aussichtsplattform in der obersten Etage zu besuchen. Allerdings ist der Blick in Sterne und ins Tal draußen um einiges besser, dafür ist es auf dem Plateau aber eben bitterkalt.

Damit unser Brockenabenteuer nicht zu früh zu trocken endet, haben wir einen Bollerwagen voll mit Proviant gepackt und ihn auf den Brocken gezogen – eine schweißtreibende Angelegenheit.

Die Strecke von Torfhaus ist eine der meist gewanderten Routen im ganzen Harz und für eine Bollerwagen-Tour nur bedingt geeignet, ziemlich steinig und holprig.

Einmal kippt der Bollerwagen um

Einmal kippt unser Gefährt tatsächlich um, was den manchen Wanderern in unserer Nähe ein hämisches Grinsen aufs Gesicht zaubert. Doch spätestens, als wir den steilen Plattenweg hinter uns haben und neben den Gleisen der Brockenbahn entlang schreiten, gehen immer mehr neidische Blicke in unsere Richtung und vor allem auf unsere Zusatzverpflegung. Unterwegs bauen wir aus Totholz zwei Schiebe-Knüppel, damit der Bollerwagen von beiden Seiten beackert werden kann.
Ein Blick auf die Umgebung aus dem Zimmer des Brockenhotels

Soweit das Auge reicht: Der Ausblick aus dem Hotelzimmer hat seinen Reiz. Das Fenster lässt sich allerdings nicht öffnen. Foto: Privat

Doch es geht auch anders. Weil die Fotografin unter uns ja „sooo viel Equipment“ für spektakuläre Brockenfotos mitnehmen musste, hat sie ab Drei Annen Hohne die Bahn genommen.

Wir treffen uns auf der Kuppe vor unserem Hotel. Sie hat einen überdimensionalen Koffer dabei, bei dem selbst einige Fluggesellschaften Anstalten beim Check-in machen würden. Ihre Kameraausrüstung hat am Ende doch in einen Rucksack gepasst. Der Koffer ist ausschließlich mit Klamotten befüllt – und natürlich Proviant. Ja, es gibt unterschiedliche Arten, sich auf eine Brockennacht vorzubereiten.

Ein Blick auf das turmartige Brockenhotel, das flache Nebengebäude, den Funkturm und, ganz rechts, das Brockenhaus.

Ein Blick auf das turmartige Brockenhotel, das flache Nebengebäude, den Funkturm und, ganz rechts, das Brockenhaus. Foto: Privat

Dann beziehen wir unser Quartier. Drei von uns, ich bin dabei, ergattern ein geräumiges Sechs-Bett-Zimmer, mit großem Tisch und wunderschönem Panorama. Zu späterer Stunde wird es zum Hauptquartier, nachdem die Hexenklause die Türen geschlossen hat.

Der Rest der Gruppe gesellt sich nach dem Abend-Fotoshooting unter dem klaren Sternenzelt dazu, auch ein paar Zimmernachbarn kommen spontan vorbei. Es folgt eine gemütliche Runde mit Doppelkopf und Kaltgetränken. Dann ist Schlafenszeit, das Hauptquartier leert sich langsam. Und wir merken, dass die Fenster im Brockenhotel sich nicht öffnen lassen. Das dient vielleicht der Sicherheit, trotzdem wäre etwas frische Harzluft schön.

Sonnenaufgang auf dem Brocken

© Nadine Steinmann 00:25 min
Sonnenaufgang auf dem Brocken

Dafür lässt sich der Sonnenaufgang wenige Stunden später perfekt durch das Fenster beobachten. Einige Streber rennen natürlich trotzdem in die Kälte, um in diesem Moment der Sonne ganz besonders nahe zu sein.

Ein Sechsbettzimmer im Brockenhotel.

Das Brockenhotel bietet geräumige Gruppen-, aber auch Doppelzimmer. Foto: Privat

Nach einem ordentlichen Frühstück geht es dann für alle raus aus dem Hotel. Und sofort wieder rein. Der Brocken zeigt ein weiteres seiner Gesichter: Zwar scheint die Sonne, doch der Wind pfeift dermaßen über die Kuppe, dass wir wirklich Probleme haben, den Bollerwagen in der Spur zu halten. Von dem riesigen Koffer der Fotografin will ich gar nicht erst reden, aber der muss ja nur bis zum Bahnhof.
Ein gefüllter Bollerwagen steht vor einer Steinwand.

Geschafft: Den gefüllten Bollerwagen auf Norddeutschlands höchsten Gipfel zu ziehen, ist eine Herausforderung. Foto: Privat

Der Weg bergab geht dann flott, der Proviant ist aufgebraucht. In Torfhaus wollen wir eigentlich noch dem neuen Aussichtsturm mit Riesenrutsche einen Besuch abstatten. Doch die Schlange ist zu lang, es geht gleich nach Hause.

Ein paar Tage später schauen wir uns die Fotos an. Vor allem die Abendbilder mit Langzeitbelichtung sind beeindruckend. Dieser Berg vor unserer Haustür ist schon ein besonderer Ort, vor allem nachts. Übrigens: Der Brockenwirt betreibt das Hotel auf dem höchsten Harzgipfel nur noch bis März 2026. Wie es danach weitergeht, ist derzeit offen. Der Landkreis Harz sucht einen neuen Pächter.

Nachtaufnahme des Brockenfelsens, bei dem die Milchstraße zu sehen ist.

Der berühmte Brockenfelsen wirkt unterhalb der erkennbaren Milchstraße fast wie ein Teil einer Mondlandschaft. Foto: Nadine Steinmann

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