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Aus dem Amtsgericht

GZ Plus IconBelästigung in Clausthaler Bibliothek? Aussagen mit Widersprüchen

Die Universitäts-Bibliothek in Clausthal, von innen. Mehrere Bücher stehen in den Regalen. Im Hintergrund läuft eine Frau vorbei, ein Mann steht mit überkreuzten Beinen an ein Regal gelehnt.

Die 28-jährige Studentin gibt an, in der Uni-Bibliothek von dem 20-jährigen Heranwachsenden sexuell belästigt worden zu sein. Der Angeklagte verstehe die Vorwürfe nicht. Foto: Moeldner/ TU Clausthal

Aussage-gegen-Aussage-Situation im Amtsgericht: Eine Studentin gibt an, in der Uni-Bibliothek in Clausthal-Zellerfeld sexuell belästigt worden zu sein. Der Angeklagte will von nichts wissen und versteht die Vorwürfe nicht.

Von Corina Klengel Samstag, 01.11.2025, 04:00 Uhr

Clausthal-Zellerfeld. Wegen sexueller Belästigung musste sich ein 20-jähriger Heranwachsender vor dem Amtsgericht Clausthal-Zellerfeld verantworten. Nach drei Stunden und einem Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde das Ganze gegen die Auflage, 300 Euro an den Weißen Ring zu zahlen, vorläufig eingestellt. Sollte diese Zahlung nicht erfolgen, würde das Verfahren erneut aufgerollt, erklärte Amtsrichterin Nitsche dem bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getretenen jungen Mann aus Kamerun, der erst im Vorjahr nach Deutschland kam.

Bis zur vorläufigen Einstellung, die nach dem Jugendstrafrecht erfolgte, bestand eine Aussage-gegen-Aussage-Situation. Die Staatsanwaltschaft warf dem 20-Jährigen vor, dass er sich im Mai 2024 der 28-jährigen Studentin in der Universitätsbibliothek genähert und sie unangemessen am Oberschenkel berührt haben soll.

Alibi des Angeklagten

„Ich verstehe das alles nicht“, erklärte dagegen der 20-Jährige nach Verlesen der Anklage. Er kenne die Geschädigte nicht. Als sie Tage nach dem angeblichen Vorfall plötzlich mit zwei Polizeibeamten vor ihm gestanden und ihm eine unsittliche Berührung vorgeworfen habe, sei er total überrascht gewesen. Er sei an jenem Tag tatsächlich im Universitätsarchiv gewesen. Zur mutmaßlichen Tatzeit habe er aber einen Studienraum gebucht. Die Buchung für den Raum konnte der junge Mann mit seinem Handy nachweisen. Zudem sei er stets in Begleitung seiner fünf Freunde gewesen.

„Warum hat Ihr Freund dann gegenüber den Polizisten unaufgefordert angegeben, Sie hätten die Geschädigte nicht mit Absicht angefasst?“, fragte Staatsanwältin Olms und brachte die bislang glaubwürdig wirkende Aussage des Angeklagten zum Wanken. Eine Antwort blieb der 20-Jährige ihr schuldig. Stattdessen warf er der Geschädigten vor, dass sie unterschiedliche Vorwürfe formuliert habe, die er verwirrend fände.

Die Geschädigte berichtete, der Angeklagte sei sehr dicht an ihr vorbeigegangen, obwohl ringsherum genügend Platz gewesen wäre. Dann habe sie eine Hand auf ihrem Oberschenkel wahrgenommen, die dort für mehrere Sekunden liegen blieb. „Ich war schockiert“, sagte die Studentin im Gerichtssaal. Sie habe sich umgedreht und gefragt, was das solle. Als Antwort habe sie ein Lachen erhalten, dann sei der Mann einfach weggegangen. Zunächst erstattete sie Anzeige gegen unbekannt. Als sie den mutmaßlichen Täter nach ein paar Tagen in der Bibliothek wiedererkannte, habe sie die Polizei gerufen. Die Zeugin berichtete, dass es an einem Kopierer zu einer erneuten Annäherung durch den Angeklagten gekommen sei, die allerdings ohne eine Berührung verlief.

Geschädigte im Kreuzverhör

Rechtsanwalt Carsten Wenzel wollte von der Geschädigten wissen, warum sie in der Anzeige das hervorstechendste Merkmal seines Mandanten, nämlich dass er Schwarzafrikaner sei, nicht genannt habe und verwies auf den Anzeigentext. Die Geschädigte gab an, gesagt zu haben, dass der Täter dunkelhäutig gewesen sei. Der Anwalt zweifelte das Wiedererkennen an und monierte den Vorfall am Kopierer, von dem die Studentin bislang nichts gesagt hatte. Eineinhalb Stunden musste die Geschädigte Rede und Antwort stehen.

Nicht nur die Verteidigung, auch die Staatsanwältin kritisierte einige Widersprüche in der Aussage der jungen Frau. Die Vorsitzende erläuterte der Geschädigten nach dem Einstellungsbeschluss, dass man ihr durchaus geglaubt habe, aber sie stufe das Ganze als „nicht hinreichend aufgeklärt“ ein. Damit verwies die Vorsitzende auf einen wichtigen Zeugen, den der Angeklagte erst im Gerichtssaal genannt hatte. Da dieser Zeuge in Stuttgart lebt, konnte er auch nicht auf die Schnelle hergebeten werden.

Der Ausgang des Verfahrens stellte nicht jeden zufrieden. „Eine Frau anfassen für 300 Euro – das ist unverhältnismäßig“, schimpfte der Freund der Geschädigten. Die Studentin selbst hielt sich zurück.

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