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Welcher Standort in Goslar passt?

GZ Plus IconJüdischer Gedenkstein: Streit zwischen Verwaltung und Politik

Friedhof mit mehreren alten Grabsteinen unterschiedlicher Formen und Größen, umgeben von Bäumen und Grünflächen.

145 Grabsteine stehen auf dem jüdischen Friedhof an der Glockengießerstraße – und (noch) der städtische Gedenkstein, den die Goslarer Politik jetzt ins Zentrum der Stadt rücken will. Foto: Epping (Archiv)

Sitzungsunterbrechung im Rat und die Vertrauensfrage: Warum trifft sich die Verwaltung mit dem Landesvorsitzenden der jüdischen Gemeinden ohne Vorab-Info an die Politik?

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Von Frank Heine
Montag, 22.12.2025, 11:00 Uhr
Ein bisschen Puls bekommen oder Schnappatmung gehabt? Diese Begriffe fielen, nachdem der dienstälteste Ratsherr Christian Rehse (FDP) nach bereits zweieinhalbstündiger Sitzungsdauer dennoch um eine zehnminütige Sitzungsunterbrechung bat. Es war aus seiner Sicht die Vertrauensfrage zu klären, warum die Verwaltung sich ohne Einbeziehung der Politik mit Dritten über den neuen Standort des städtischen Gedenksteins für jüdische Mitbürger berät und zu abweichenden Ergebnissen kommt.

Die Jakobikirche ist der Favorit

Der Vorschlag einer Ratsmehrheit lautete: Der Stein soll vor die Jakobikirche oder alternativ in Rathausnähe rücken – jedenfalls sollte er „vom versteckt gelegenen Standort auf dem jüdischen Friedhof an einen deutlich sichtbaren Platz in der Innenstadt versetzt werden“. Nach einer Ortsbegehung mit Michael Fürst, dem Präsidenten des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, die am 2. Dezember mit den Fachdienstleitern Dr. Falk Lauterbach (Kultureinrichtungen) und Mathias Brand (Tiefbau) erfolgte, stand plötzlich der Moritz-von-Sachsen-Platz – ein Vorschlag der Verwaltung – ganz oben auf der Standortliste. Und das, obwohl Fürst vorher die Politik-Pläne befürwortet hatte.
Was wurde dem Mann eingeredet? Dieser Verdacht stand wohl hinter dem Vorstoß, der Rehse sichtbar aufs Gemüt schlug. Er bekam Rückendeckung von Elke Brummer (SPD), die zum einen den Standort nicht als Innenstadt verstand und zum anderen den Namen Moritz von Sachsen „nicht mit Judenfreundlichkeit“ assoziierte, indem sie wohl auf den namensgleichen Herzog und Kurfürsten ein Jahrhundert vorher anspielte, der 1543 per Edikt die Juden aus seinen Landen verbannte.

„Wir wollen uns nicht verkämpfen“

Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner (SPD) eilte ans Rednerpult, um die Wogen zu glätten. Sie sprach von einem üblichen Arbeitstreffen, bei dem Fürst verschiedene Standorte gezeigt worden seien. Er habe vor den politisch favorisierten Standorten gewarnt: Sie seien unpassend und Vandalismus von vornherein zu befürchten – so die Verwaltung. „Aber wir wollen uns nicht verkämpfen“, bot sie ein Streichen des Punktes an, der nur erklären sollte, wie es zum neuen Vorschlag gekommen sei. „Es hat uns schon gestört, dass Gespräche hinter unserem Rücken geführt werden, und hätten es begrüßt, dabei zu sein, um unsere Argumente vortragen zu können“, entgegnete Rehse, bevor der Rat einstimmig für den alten Vorschlag votierte.

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