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Bedrohungslagen in Goslar und Region

GZ Plus IconFalsche Bedrohung, echter Einsatz: Wenn die Polizei hochrüstet

Mitternächtliches Bedrohungsszenario: Mit einem Großaufgebot sichert die Polizei am 14. Februar den Goslarer Bahnhof, nachdem ein anonymer Anrufer angedroht hat, dort Menschen anzugreifen.

Mitternächtliches Bedrohungsszenario: Mit einem Großaufgebot sichert die Polizei am 14. Februar den Goslarer Bahnhof, nachdem ein anonymer Anrufer angedroht hat, dort Menschen anzugreifen. Foto: Epping (Archiv)

Wie soll die Polizei auf Bedrohungslagen reagieren? Auch wenn sie sich später als falscher Alarm herausstellen, sind die Ordnungshüter gefragt. Ein Rückblick auf Großlagen am Goslarer Bahnhof und am Gymnasium in Salzgitter-Bad.

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Von Frank Heine
Donnerstag, 18.09.2025, 04:00 Uhr

Goslar. Großlagen für die Polizei, die durch falschen Alarm ausgelöst werden, kommen zum Glück nicht allzu häufig vor. Sie sind aber auch nicht ohne Beispiel in Goslar und in der Region. Sie hinterlassen am Ende Fragezeichen für alle, die sich mit ihnen zu beschäftigen und Lehren zu ziehen haben.

Es ist noch gar nicht lange her: Am 14. Februar, einem Freitag, droht ein Unbekannter gegen 21.40 Uhr bei der Goslarer Polizei am Telefon, am Bahnhof Menschen anzugreifen. Was tun? Die Polizei holt das große Besteck raus. Polizisten mit Maschinenpistolen und mit Sturmhauben riegeln den Bahnhof ab, Einsatzkräfte aus Braunschweig und Salzgitter rücken zur Unterstützung an. Um 1 Uhr ist der Spuk vorüber. Verdächtige Personen tauchen nicht auf.

Was ist angemessen?

Wie war die Wahl der Mittel? Übertrieben? Angemessen? Wer will das entscheiden? Fakt ist: Hinterher ist man immer schlauer, gibt Goslars Polizeichef Rodger Kerst damals zu bedenken. Er ist mit seinen 310 Polizeibeamten für die Sicherheit und Ordnung im Landkreis Goslar und für mehr als 137.400 Bürger in einem Gebiet von fast 965 Quadratkilometern zuständig. Viel Angriffsfläche für böswillige Zeitgenossen, die anderen Menschen ernsthaft schaden oder ihnen – wie in diesem Fall nur – einen Schrecken einjagen und Unfrieden stiften wollen. Und egal, ob die sich per Telefon, in digitalen Netzwerken oder per E-Mail zu Wort melden: „Wir haben unsere Grundlagen für eine Gefährdungseinschätzung, nach denen wir vorgehen“, versicherte Kerst. Welche das sind, verrät er nicht im Detail – weil immer die Gefahr von Nachahmern gegeben sei und niemand das polizeiliche Handeln genau voraussehen können soll. Der Wunsch der Öffentlichkeit, mehr Informationen zu erhalten, müsse dahinter zurückstehen. Eine unschöne Begleiterscheinung sei es, räumte Kerst ein, dass gerade in den digitalen Netzwerken Spekulationen ins Kraut schießen.

Amokalarm in Salzgitter-Bad

Und wer erinnert sich noch an den 14. November vor zwei Jahren, als am Gymnasium im benachbarten Salzgitter-Bad gegen 8.30 Uhr Amokalarm ausgelöst wurde? Ein Zeuge hatte angegeben, vor der Schule jemanden mit einer Schusswaffe im Rucksack gesehen zu haben. Er sei ins Gymnasium gegangen. Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an. In einem Schreiben teilte der Direktor den Eltern am Morgen mit, dass ein Spezialeinsatzkommando vor Ort sei und das Gebäude nach einer Person mit Waffe durchsuche. Erst gegen Mittag gab es Entwarnung für etwa 1000 Schülerinnen und Schüler sowie rund 100 Lehrkräfte. Wie jetzt in Goslar eilten verängstigte Eltern zur Schule. Ein Kind erlitt damals laut Polizei einen Schock und wurde ins Krankenhaus gebracht. Im Verlauf des Einsatzes hatte die Polizei Gerüchten über Schüsse im Gebäude widersprochen, die sich in sozialen Medien verbreitet hatten.

Die Polizei ermittelte schon am Folgetag einen 20-Jährigen als Tatverdächtigen. Er sollte die Bedrohungslage absichtlich erfunden haben. Der junge Mann sei kein Schüler des Gymnasiums, hieß es. Gegen ihn wurde ein Verfahren wegen Missbrauchs von Notrufen eingeleitet.

Die GZ hatte anschließend an Goslarer Schulen nach Konzepten für solche Lagen nachgefragt. „Wir vermitteln den Menschen, dass wir vorbereitet sind“, sagte beispielsweise Martin Ehrenberg, der damals noch CvD-Direktor war. Bei ihm hatte der Amokalarm auch persönliche Spuren hinterlassen, weil seine Tochter in Salzgitter-Bad zur Schule geht. Er habe an diesem Tag direkt das Gespräch im CvD-Kollegium gesucht, um über richtige Verhaltensweisen in solchen Momenten zu sprechen, verriet er der GZ. Er stand jetzt nicht mehr in Goslarer Verantwortung. Seit dem 1. September ist er neuer Direktor des Gymnasiums in Salzgitter-Bad.

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