Silbermedaille des Goslarer Kaiserring-Stipendiums übergeben

Evan Ifekoya (von links) erhält die Silbermedaille für den Gewinn des Kaiserringstipendiums. Die neue Museumsdirektorin Miriam Bettin, der Fördervereinsvorsitzende Florian Haacke und Michael Büchting von der AKB-Stiftung, die den Preis fördert. Foto: Hartmann
Evan Ifekoya erhielt die Silbermedaille des Kaiserring-Stipendiums. Die Ausstellung „The Archive is an Altar“ wurde eröffnet und nach zwei Tagen schon wieder geschlossen. Grund: Der Umbau für die Ausstellung der Kaiserringträgerin Katharina Fritsch.
Goslar. Ein Archiv, das zugleich ein Altar ist, Trommeln, Kerzen und Meeresrauschen: Die Ausstellung zum Kaiserringstipendium im Mönchehaus ist eröffnet, allerdings umbaubedingt nun auch erstmal für eine Woche geschlossen. Am Samstag erhielt Evan Ifekoya die silberne Medaille, und zahlreiche Kunstfreunde nutzten die Gelegenheit, um sich im Obergeschoss des Mönchehauses umzusehen.
Eine Ausstellung, die gleich in mehrfacher Hinsicht etwas Besonderes ist, wie Florian Haacke, Vorsitzender des Vereins zur Förderung moderner Kunst, betonte: Denn nicht nur Ifekoya sei eine hochinteressante Künstlerpersönlichkeit, sondern „The Archive is an Altar“ ist auch die erste Ausstellung, die die neue Mönchehaus-Direktorin Miriam Bettin kuratiert, die damit ihren Einstand im Museum gibt. Die scheidende Chefin Dr. Bettina Ruhrberg kümmert sich gleichzeitig um die Ausstellung der Kaiserring-Trägerin Katharina Fritsch. Ziel sei es gewesen, den Führungswechsel „so organisch wie möglich zu gestalten“, sagte Haacke.
Ifekoya, geboren 1988 in Iperu in Nigeria, ist eine nichtbinäre Person und nutzt im Englischen für sich die Pronomen „them“ und „they“. Eine sprachliche Herausforderung, mit der Michael Büchting als Vertreter der Einbecker ABK-Stiftung etwas zu kämpfen hatte. „I try not to say ‚he‘ or ‚she‘. But ‚they‘, that’s plural“, meinte er nachdenklich. In diesem Artikel wird stattdessen das deutsche Neopronomen „sier“ verwandt.
Offene Räume als wundervolle Idee
Büchting hob die Bedeutung von Archiven als lebendigen Erinnerungsorten hervor. Es sei eine wundervolle Idee, dass wir alle unsere eigenen Archive erschaffen. „Wir haben gelernt von Ihrer Idee der offenen Räume. Offene Räume sind Orte, die gefüllt werden können, aber sie müssen nicht gefüllt werden“, sagte er. Es sei wichtig, in der eigenen Gedankenwelt einen offenen Raum zu erschaffen.
Miriam Bettin erzählte von ihren ersten Begegnungen mit Ifekoya im Migros-Museum in Zürich und bei einer Ausstellung in Lagos. Vor allem sei faszinierend, wie sier kollektive Erfahrung, spirituelle Praktiken und schwarze queere Identitäten erfahrbar mache. Ifekoya setze Klang als Medium der Heilung ein und eröffne so den Menschen Zugang zu neuen Räumen.
Premiere für Dokumentarfilm „Modupe“
Eine Premiere erlebte an diesem Abend der Dokumentarfilm „Modupe“ (Yoruba-Wort für „Dankbarkeit“) über Amelia Pedroso, in dem sich Ifekoya der afro-kubanischen, offen lesbisch lebenden Priester-Rebellin an der Batá-Trommel annäherte. Ifekoya hat für diesen Film selbst das Spiel auf der kultischen Trommel erlernt, die noch bis vor Kurzem für Frauen tabu war. Sier zeigt Trommelszenen, aber auch Meeresbilder und das Arrangement von Gaben für die im Jahr 2000 verstorbene Pedroso. Fast glaubt man, den Geruch von verbrennendem Weihrauch in der Nase zu haben, als die Darstellerinnen im Film Imphepho entzünden, ein afrikanisches Kraut, das bei Zeremonien verwandt wird. „Even Food becomes a prayer – selbst Nahrungsmittel werden zum Gebet“, wird im Film eingeblendet. Immer wieder sind Sätze auf der Leinwand zu lesen wie: „Dies ist nicht Trommeln, es ist eine Rückkehr“ oder „Im Akt des Trommelns werde ich zum Instrument.“ Der Film ist der erste Teil einer Trilogie.
Ein roter Altar für Leser
Ein Zusammentreffen von Archiv und Altar fanden die Besucher in der Installation „Red-Rock-Suite“ vor. Hier hatte Ifekoya eine Lese-Ecke aus rotem Styrodur geschaffen. Einige Besucher griffen sich sofort Bücher aus dem daneben stehenden Regal voller Literatur über die Spiritualität der Yoruba, machten es sich in dem festen und warmen Dämm-Material gemütlich und begannen zu schmökern.
Die Ausstellung war in ein mystisches, bläuliches Licht getaucht, was zusammen mit drei Kerzen, die auf einem Erzbrocken aus der Kluskapelle brannten, eine sehr eindrucksvolle Stimmung erzeugte. Ifekoya hatte diesen Erzbrocken, er stammt aus der letzten Schicht im Rammelsberg, für die Ausstellung ausgeliehen. Außerdem schuf sier extra für Goslar ein neues Werk ihrer Serie „Sun-Disc“, ein Symbol, das in Ifekoyas Kunst eine große Rolle spielt. Ein altes Symbol der Yoruba-Tradition, aber durch die Ähnlichkeit mit der Himmelsscheibe von Nebra gar nicht so fremd in Deutschland. In Harz gegossen enthält die neue Sonnenscheibe Muscheln und Algen sowie weitere Fundstücke vom Strand, aber auch Blüten.
Das Mönchehaus ist in dieser Woche geschlossen. Grund ist der Aufbau der Kaiserring-Ausstellung der Künstlerin Katharina Fritsch. Ab dem 11. Oktober sind dann beide Ausstellungen geöffnet.
„The Archive is an Altar“ ist bis zum 18. Januar zu sehen. Am 17. Januar gibt es eine Performance zum Abschluss: Das Modupe-Kollektiv, das Ifekoya für den Film gegründet hat, wird in der Frankenberger Kirche auftreten.

Eine Leseecke im Museum: Der von Evan Ifekoya geschaffene „Red Rock“ ist eine Installation aus Styrodur, in der Besucher sich über die Yoruba-Traditionen informieren können. Ein Angebot, das bei der Eröffnung viele Freunde fand. Foto: Hartmann

Filmpremiere: Die Besucher im Mönchehaus sehen sich „Modupe“ von Evan Ifekoya an. Foto: Hartmann

Evan Ifekoya entzündet drei Kerzen auf einem Erzbrocken aus dem Rammelsberg. Im Hintergrund ein Szenenfoto aus dem Film „Modupe“. Foto: Hartmann
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