Zähl Pixel
„Glückauf-Konzerte“ in Goslar

GZ Plus IconHeinz Rudolf Kunze im GZ-Interview: „Wörter setzen mich in Gang“

Im November kommt der 68-Jährige im Rahmen der "Glückauf-Konzerte" in den Goslarer Rammelsberg.

Zurück im Harz: Heinz Rudolf Kunze spielt im November im Rammelsberg. Im Interview verrät er über seine Verbindungen zum Harz und gesellschaftliche Probleme.

author
Von Lisa Kasemir
Samstag, 20.09.2025, 04:00 Uhr

Goslar. Im November kehrt Heinz Rudolf Kunze in den Harz zurück: Im Erzbergwerk Rammelsberg ist er bei den „Glückauf-Konzerten“ in Goslar zu erleben. Mit im Gepäck hat der Liedermacher, Rockpoet und Autor nicht nur bekannte Songs, sondern vor allem Lieder, die ihm besonders am Herzen liegen – präsentiert in einem intimen Solo-Programm mit Flügel, Gitarre und Harmonika. Im Interview mit GZ-Redakteurin Lisa Kasemir verrät er, was ihn mit der Harzregion verbindet, warum Heimat- und Identitätsfragen für ihn aktuell so bedeutsam sind und weshalb für ihn das Wort stets den Anfang eines neuen Songs bildet.

Herr Kunze, im November kommen Sie nach Goslar. Was verbindet Sie persönlich mit der Harzregion?Ich habe eine Zeit lang im Harz gelebt, genauer gesagt in Bad Grund. Mein Vater war dort Lehrer. Allzu lange wohnten wir nicht dort, wir sind dann nach Osnabrück gezogen, wo ich schließlich aufgewachsen bin.

Nun kehren Sie also zurück in den Harz, nach Goslar. Was dürfen die Besucherinnen und Besucher musikalisch erwarten? Handelt es sich eher um ein Best-of, neue Songs oder vielleicht Überraschungen?

Es sind Stücke, die sich besonders gut für ein Solo-Programm eignen – also mit Flügel, Gitarre und Harmonika. Zwischen den Liedern gibt es viele Sprechtexte. Einige bekannte Songs sind dabei, aber im Vordergrund steht keine Hitparade, sondern die Lieder, die mir besonders wichtig sind.

Ihr neues Album trägt den Titel Angebot und Nachfrage. In der Pressemitteilung hieß es, Sie machten ein Angebot, das eine tiefere Nachfrage enthalte – mehr könne Kunst nicht tun. Wie sind Sie auf diesen Titel gekommen?

Das weiß ich gar nicht so genau. Manchmal fallen mir deutsche Redensarten ins Auge, die ich schön finde. Beim letzten Album war es Können vor Lachen, davor Der Wahrheit die Ehre. Dieses Mal eben Angebot und Nachfrage. Dann überlege ich: Was kann man mit so einer Wendung machen, wie kann man sie beleuchten, ihr auf den Grund gehen? Dabei habe ich festgestellt, dass die Redewendung nicht nur aus der Wirtschaft stammt, sondern auch eine Art Minidefinition von Kunst sein kann.

Die Sänger Heinz Rudolf Kunze, Annett Louisan und Leslie Mandoki bei der Verleihung des Medienpreises Goldene Henne.

Die Sänger Heinz Rudolf Kunze, Annett Louisan und Leslie Mandoki bei der Verleihung des Medienpreises Goldene Henne. Foto: picture alliance/dpa

In den Songs geht es um Herkunft, Heimat, Zugehörigkeit und Identität. Warum sind gerade diese Themen für Sie aktuell wichtig?

Ich denke, das liegt auf der Hand. Wir leben seit über zehn Jahren in einer ungelösten Migrationskrise. Täglich sehen wir in den Nachrichten die Schwierigkeiten, sehr fremde Menschen bei uns zu integrieren. Die Mühen, die damit verbunden sind, kann man jeden Tag in der Zeitung oder im Fernsehen verfolgen. Themen wie Fremdheit, Heimat oder Zugehörigkeit sind in Deutschland also von brennender Aktualität.

Ihre Texte gelten als literarisch anspruchsvoll und oft gesellschaftskritisch. Wie entstehen Ihre Songs? Beginnt es bei Ihnen mit dem Wort oder mit der Musik?

Immer mit dem Wort. Wörter setzen mich in Gang. Es gibt Formulierungen, die mir auffallen und im Kopf hängen bleiben – darum herum beginne ich zu arbeiten. Oft weiß ich anfangs gar nicht, worum es eigentlich gehen wird, das erschließt sich erst, wenn der Text fertig ist. Dann überlege ich, wie man ihn musikalisch illustrieren und unterstützen kann.

Ich wundere mich immer wieder, dass in der Rockmusik meist andersherum gearbeitet wird: Erst kommt die Musik, dann der Text. Deshalb sind die Texte dort oft so schwach. Schumann, Schubert oder Gustav Mahler haben schließlich auch Gedichte vertont – in der klassischen Musik war das der ganz normale Weg. Nur die Popmusik hat das umgedreht. Leider.

Klingt so, als stünden Sie der Popmusik insgesamt kritisch gegenüber?
Sagen wir mal so: Eric Clapton hat einmal gesagt, man solle sich über das niedrige Niveau der Popmusik nicht aufregen – 80 Prozent davon seien immer schon Schrott gewesen.
Der Sänger Heinz Rudolf Kunze singt bei dem Konzert in den Gärten der Welt.

Der Sänger Heinz Rudolf Kunze singt bei dem Konzert in den Gärten der Welt. Foto: picture alliance/dpa

Viele kennen Sie natürlich vor allem durch Ihren Hit Dein ist mein ganzes Herz. Gibt es ein Lied, das Ihnen persönlich besonders nahesteht – vielleicht auch eines, bei dem das Publikum nicht sofort darauf kommen würde?

Wissen Sie, wenn man wie ich rund 40.000 Tonträger besitzt, dann gibt es zu viele Lieder, die mir nahestehen. Aber wenn ich speziell werden soll: Es sind die Werke der großen Erzähler in der Rockgeschichte – Bob Dylan, Leonard Cohen, Bruce Springsteen oder Ray Davies von den Kinks. Ich nenne sie die großen elektrischen Erzähler. Ihnen fühle ich mich besonders verbunden.

Sie spielen seit Jahrzehnten Konzerte. Was macht für Sie den Reiz kleinerer Städte wie Goslar im Vergleich zu Metropolen aus?

Zunächst einmal: Ich spiele das ganze Jahr über sehr gerne und auch ziemlich oft. Da es in Deutschland nicht allzu viele Metropolen gibt und ich kein Weltstar bin, spiele ich natürlich auch in kleineren Städten. Aber der Unterschied zwischen „Provinz“ und „Metropole“ ist heute gar nicht mehr so groß. Durch die Medien sind die Menschen überall informiert, und man bekommt in kleineren Städten genauso gute Reaktionen wie in großen – manchmal sogar bessere. Denn in Metropolen ist das Publikum oft ein bisschen verwöhnt, weil es so viel Auswahl gibt.

Weitere Themen aus der Region