Wie der Fisch aus Bremerhaven im Goslarer Kühlhaus landet
Johannes Wunderlich prüft die Qualität der Ware, hier einen frischen Tintenfisch. Foto: Epping
Johannes Wunderlich sorgt beim Goslarer Großhändler List für frischen Fisch. Dreimal pro Woche kommt Nachschub aus Bremerhaven. 100 Tonnen Frischfisch gingen 2024 über die Ladentheke.
Goslar. Wenn Johannes Wunderlich mit seiner Arbeit loslegt, geht es schnell. Mit Gummischürze und Haarnetz ausgerüstet, zieht er Karton um Karton von einer Palette – zack. Öffnen – zack. Ware entnehmen und prüfen – zack. Und weiter geht’s.
Vielleicht liegt es an den zwei Grad Celsius im Kühlhaus des Goslarer Lebensmittelgroßhändlers List, dass dort jede Bewegung sitzt.
Frischer Fisch ist sensibel, die Logistiker müssen strengstens auf die Kühlkette achten. Foto: Epping
Oder? „Irgendwann merkt man das nicht mehr“, sagt Wunderlich. Er ist bereits seit 2003 im Unternehmen, hat seine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann dort absolviert. Seit 2005 befasst er sich mit einer ganz sensiblen Ware, die List damals ins Sortiment aufgenommen hat: frischen Fisch.
Transport aus Bremerhaven
Dreimal pro Woche bricht ein Transporter aus Goslar auf, um im rund 270 Kilometer entfernten Bremerhaven Fische und andere Meerestiere abzuholen. „Nach sechs bis sieben Stunden soll die Ware beim Kunden sein“, erläutert Wunderlich. Morgens noch an der Nordseeküste, abends schon auf dem Teller eines Harz-Restaurants, so sieht die Aufgabe des Logistikunternehmens aus.

Dreimal pro Woche holen die List-Mitarbeiter Ware aus Bremerhaven. Foto: Epping
Dabei gibt es einiges zu beachten: Die Transportsicherung, die Kühlkette, genügend zusätzliches Eis, das den Fang nahe dem Gefrierpunkt hält. Bei List an der Goslarer Lilienthalstraße wird die Ware entladen, überprüft, neu verpackt, und dann geht es sofort wieder auf die Straße. Zerteilt wird die Ware nicht weiter.

Frostiger Arbeitsplatz: Im Kühlhaus herrschen konstant zwei Grad Celsius. Foto: Epping
100 Tonnen Frischfisch habe man 2024 verkauft, erläutert List-Geschäftsführer Oliver Huckschlag. Zu den Kunden gehören mobile Fischhändler, die auf Wochenmärkten verkaufen, Schausteller, Event-Gastronomen und natürlich Restaurants. Besonders die mit einer mediterranen Speisekarte würden viel Wert auf frischen Fisch legen, betont der List-Chef.
Stocksteif und geruchslos
Heute kommen unter anderem 100 Kilogramm Lachs, 15 Kilo Rotbarsch und 80 Kilo Muscheln oder 1,7 Kilogramm Thunfisch „in Sushi-Qualität“ aus Bremerhaven in Goslar an. „Ein frischer Fisch sollte stocksteif sein und eigentlich nach gar nichts riechen“, sagt Experte Wunderlich, als er die neue Ware in Augenschein nimmt. Neben Frischfisch gibt es bei List auch Räucherware und sogenannte Fischfeinkost wie Matjes, Brathering oder weitere marinierte Spezialitäten.

Der Fisch wird vom Großhandel in Bremerhaven abgeholt. Foto: List
Beim Einkauf achte man bevorzugt auf eine MSC-Zertifizierung, erläutert Geschäftsführer Huckschlag, um den Schutz der Fischbestände und eine verantwortungsvolle Fischerei zu unterstützen. Denn die Nachfrage steige. Menschen würden sich bewusster ernähren. Rotes Fleisch werde weniger konsumiert, dafür mehr Geflügel – und eben Fisch.
Flexibilität ist Pflicht
„Der Lachs ist unser Hauptartikel“, erläutert Wunderlich. Doch es gebe auch jedes Jahr saisonale Angebote wie den Winterkabeljau oder den Osterskrei. Der Großteil der Fischware gehe direkt weiter an die Kunden, doch ein gewisses Vor-Ort-Angebot hält List auch für Spontankäufe vor. Überhaupt ist Flexibilität im Fischgeschäft unumgänglich. „Es gibt viele Gastronomen, die meine Handynummer haben“, sagt Wunderlich.

Nach sechs bis sieben Stunden Transport und Kommissionierung soll die Ware beim Kunden ankommen. Foto: List
Wenn plötzlich die Tischreservierungen steigen, die Karte umgestellt wird oder besondere Wünsche erfüllt werden sollen, dann sei Handlungsschnelligkeit gefragt. „Ich bin mit einem Kunden schon einmal nach Paris zur Auktion gefahren, weil er einen Blauhai haben wollte“, erinnert sich der 39-Jährige.
Wenn man in der Region einen Fisch isst, hat dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit das List-Kühlhaus durchlaufen. Der Kundenkreis des Goslarer Großhändlers erstreckt sich vom Weserbergland bis Aschersleben und von der Heide bis Göttingen. „Manche Restaurants beliefern wir zweimal die Woche“, sagt Wunderlich. Andere Großhändler findet man erst in Braunschweig, Hannover oder Magdeburg.
Auch Exoten wie Schwertfisch oder Hummer aus Kanada stehen auf der Angebotsliste. „Fast alles, was per Flugzeug angeliefert wird, kommt über Frankfurt nach Bremerhaven und dann zu uns“, erläutert Wunderlich. Aus den Mittelmeerländern wie Italien oder der Türkei laufe der Fischtransport größtenteils über Lkw. Viele internationale Rädchen müssen ineinander greifen.
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