Goslarerin verbindet Backen mit künstlicher Intelligenz
Die Goslarerin Sanne Jerxsen zeigt ihr neues Buch „Das Grimoire der Sinne“. Foto: Privat
In ihrem neuen Backbuch verbindet Sanne Jerxsen Tradition und Technik: Zunächst entstanden dafür die Bilder vom Kuchen, dann erst der Kuchen selbst.
Goslar. Wenn Sanne Jerxsen ihre Hände in warmen Hefeteig legt, spürt sie dieselbe kreative Energie wie beim Eingeben eines Prompts in eine KI-Software. Für die Goslarer Kreativdirektorin sind beides Werkzeuge – das eine traditionell, das andere hochmodern. In ihrem neuen Buch „Das Grimoire der Sinne“ zeigt sie, wie Künstliche Intelligenz längst im Alltag der Menschen angekommen ist. Das Werk ist ab sofort erhältlich.
„Viele denken, KI ist etwas für Tech-Konzerne oder Science-Fiction-Filme“, erzählt die Autorin. „Aber ich nutze sie wie ein Maler seine Leinwand und seinen Pinsel.“ Was sie damit meint, wird beim Durchblättern ihres Buches deutlich: Sechs Kuchen- und zwei Brotrezepte, begleitet von atmosphärischen Bildern, die aussehen wie professionelle Food-Fotografie – aber nicht mit der Kamera entstanden sind, sondern mithilfe von KI-Programmen wie „Midjourney“.
Drei Leidenschaften verbunden
Der Weg dorthin begann vor Kurzem, als Jerxsen in ihrem Beruf als Kreativdirektorin für visuelle Markenkommunikation die ersten KI-generierten Bilder sah. „Die Ausleuchtung, die Atmosphäre – mit meiner eigenen Kamera bekomme ich das kaum so hin“, gibt die Goslarerin offen zu. Statt Neid zu empfinden, wurde ihre Neugier geweckt. Sie belegte Kurse, experimentierte und entwickelte einen eigenen Stil. „Die Kreativität bleibt beim Menschen“, betont sie. „Die KI setzt nur um, was ich mir vorstelle – genau wie der Meißel des Bildhauers das umsetzt, was der Künstler im Kopf hat.“
Diese Philosophie durchzieht das gesamte Buch. Jerxsen verbindet drei Leidenschaften: ihre Liebe zum Backen, die bis in Kindheitstage zurückreicht, ihre spirituelle Verbindung zur Natur und ihre Faszination für moderne Technologie. Als Mitglied der Wolfshäger Hexenbrut lebt sie seit über vier Jahren eine Tradition, die Jahrhunderte alt ist – und bringt sie mit Innovationen zusammen. „Wir zitieren Goethe und tanzen zu Peter Fox“, schmunzelt Jerxsen. „Warum sollte ich nicht auch in der Küche Altes und Neues verbinden?“
Erst das Foto, dann der Kuchen
Das Besondere an ihrem Ansatz: Die KI-Bilder entstehen, bevor die Kuchen gebacken werden. „Ich erschaffe erst die Vision, dann die Realität“, erklärt Jerxsen. Dabei gibt sie der Software detaillierte Anweisungen – sogenannte Prompts –, die beschreiben, wie Farben, Licht und Stimmung aussehen sollen. „Es ist wie ein Dialog. Ich sage der KI, was ich sehe, und sie interpretiert es. Manchmal überrascht sie mich, manchmal muss ich nachsteuern. Das ist echter kreativer Prozess.“
Für ihre Schneekristall-Tarte etwa wollte sie die Stille des Winters einfangen – klare Linien, weiße Akzente, goldenes Kerzenlicht. Nach mehreren Versuchen und präzisen Beschreibungen entstand ein Bild, das genau diese Atmosphäre transportiert. „Die Technologie hat nicht für mich gedacht“, stellt sie klar. „Sie hat meine Vorstellung sichtbar gemacht. Der kreative Funke, die Idee, die Emotion – das kommt von mir.“
Jerxsen ist überzeugt, dass KI-Tools wie Pinsel und Farbe demokratisch sein können. „Man braucht kein teures Fotostudio mehr, um professionelle Bilder zu erstellen. Das öffnet Türen für alle, die ihre Visionen teilen wollen.“ Gleichzeitig warnt sie vor der Illusion, die Technologie arbeite von selbst: „Man muss lernen, wie man mit ihr kommuniziert. Es ist ein Handwerk – nur eben ein digitales.“
„Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug“
Das dritte verbindende Element im Buch der Goslarerin ist die leidenschaftliche Freude am Backen. „Wenn ich Teig knete, bin ich im Hier und Jetzt“, sagt sie. „Ich spüre die Konsistenz, rieche die Hefe, sehe die Verwandlung. Das ist pure Sinnlichkeit.“ Ihre acht Rezepte folgen dem Jahreskreis – von der winterlichen Schneekristall-Tarte bis zum herbstlichen Hexenkuchen vom Waldpfad. Jedes Rezept hat eine eigene Geschichte, eine eigene Stimmung. Und jedes zeigt: Backen ist mehr als das Befolgen von Anleitungen.
Mit ihrem Buch möchte Jerxsen zeigen, dass Innovation und Tradition keine Gegensätze sind. „Wir leben hier im Harz, umgeben von Geschichte und Natur. Aber das heißt nicht, dass wir nicht auch Teil der digitalen Zukunft sein können“, sagt sie. Nach ihrem ersten Buch „Floating Women & andere KI-Träume“, einem reinen KI-Bildband, ist „Das Grimoire der Sinne“ der nächste Schritt: „Ich wollte zeigen, dass KI nicht nur abstrakte Kunst erschaffen kann, sondern auch ganz konkrete, greifbare Projekte unterstützt – wie ein Backbuch.“
Am Ende steht für Sanne Jerxsen eine einfache Botschaft: „Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Magie entsteht, wenn ein Mensch mit Leidenschaft, Kreativität und Können dieses Werkzeug nutzt – genau wie in der Küche, wo aus Mehl, Butter und Eiern etwas Wunderbares wird.“ red
„Das Grimoire der Sinne – Magie schmecken, Farben fühlen, Sinne verzaubern“, 59 Euro, ISBN-13: 9783695126057.
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