Start am 9. Dezember 1999: Das Cineplex feiert 25. Geburtstag
Hereinspaziert: Jill und Florian Wildmann haben rund 600.000 Euro in die Umgestaltung des Cineplex-Foyers gesteckt. Foto: Heine
Wie die Zeit vergeht: Das Cineplex hat am 9. Dezember 1999 seine ersten (geladenen) Gäste begrüßt. Vor 25 Jahren stand das Kino noch allein auf weiter Flur in der Baßgeige-West. Jetzt wird gefeiert – und weiter investiert. Etwa in ein neues Foyer.
Goslar. Als das neue Großkino Cineplex am 9. Dezember 1999 seine Türen öffnet, ist die Warteschlange der geladenen Gäste schier endlos lang. Alle wollen an diesem Abend Chefin Roswitha Wildmann die Hand schütteln und ihr Glück wünschen – und natürlich die Premiere des neuen James-Bond-Streifens miterleben. Pierce Brosnan ist damals vor 25 Jahren noch in den Agenten-Diensten ihrer Majestät unterwegs. Klar: „Die Welt ist nicht genug“ wird ein Kassenfüller.
Ist die Goslarer Altstadt der Familie-Wildmann nicht mehr genug, als sie stolze zwölf Millionen DM in den neuen Standort auf der grünen Wiese investiert? Wer erinnert sich noch? Vorher ist sogar ein Abwandern nach Bad Harzburg im Gespräch, das die Goslarer Politik gerade noch abzuwenden weiß. Auf den Tag genau ein Vierteljahrhundert später sind Jill und Florian Wildmann mehr denn je überzeugt: Der Neubau in der Baßgeige-West „war die beste Entscheidung aller Zeiten.“
„Heiß umworben“
Warum? Nicht nur das – rund um oder besser an den Vorreiter Cineplex herangewachsene – „Gewerbeparadies“ sei ein Beleg für die richtige Wahl, argumentiert Florian Wildmann mit einem spitzbübischen Lächeln. Ohne das eigene Kino dort „gebe es unsere gesamte Existenz in Goslar nicht mehr“, sagt Jill Wildmann wieder ganz ernsthaft. Der Standort sei „heiß umworben“ und die Gefahr groß gewesen, dass sich eine Kette ansiedelte. Auch ein dickes Plus: der Einstieg in den Cineplex-Verbund mit Zentrale in Wuppertal, der aktuell 38 Gesellschafter zählt und deutschlandweit rund 90 Kinos betreibt. Ein solcher Beitritt wäre heute undenkbar in einer Stadt von nur rund 40.000 Einwohnern, die Goslar vor der Vienenburg-Fusion zählt. Keine Frage: „Die Gemeinschaft stärkt den Rücken – wir haben ganz andere Möglichkeiten und können uns trotzdem immer einbringen.“ Auch und gerade, wenn es mal nicht so läuft wie gewünscht.
Mehr als eine halbe Million
Apropos: Wie läuft es denn jetzt? 2024 in der Tat „ein wenig holprig“, wie das Ehepaar einräumt. Der Streik der Drehbuch-Autoren in Hollywood sei spürbar gewesen: „Es ist ja fast nichts herausgekommen.“ Aber es geht wiederum auch so gut, dass aktuell rund 600.000 Euro in die Neugestaltung des Foyers fließen. Und dass jetzt wieder an sieben Tagen in der Woche für das Filmpublikum geöffnet ist. Nur das Restaurant „Down under“ ist vorerst montags noch nicht wieder am Start, weil noch ein wenig mehr Personal guttäte. Aber mit umgerechnet 44 Vollzeit-Stellen sei auch wieder der Vor-Corona-Stand erreicht. Und um die 250.000 Besucher im Schnitt geben sich seit 25 Jahren per anno ein Stelldichein im Cineplex – eine Größenordnung, zu der die Goslarer am Ende aber zirka nur zu einem Fünftel beitragen.
Neue Kassen und Theken

Neuer Eingang ins Restaurant: Das „Down under“ ist vorn jetzt weniger gläsern. Foto: Heine
Wie wird das Jubiläum gefeiert? Am Montag zunächst mit vergünstigten Eintrittspreisen für Filme (fünf Euro) und 3D-Vorführungen (sieben Euro) – dazu 25 Prozent Nachlass auf Cocktails, Burger und Limonaden. Alles andere soll Ende Januar im Team geplant und fixiert werden. Die Wildmann-Pläne ranken sich um ein sponsorenfinanziertes Kino-Open-Air auf der Pfalzwiese mit nachfolgenden Wochenenden am Kulturmarktplatz und vielleicht im Aquantic-Freibad – alles noch Ideen und nicht bestätigt.

Bilder aus Wildmanns Kino-Zeiten: Die Szenen aus der Geschichte schmücken eine neue Sitzecke. Foto: Heine
Das „Goslarer Theater“
Die Goslarer Kino-Geschichte beginnt übrigens schon 1909 mit einer „Flohkiste“ an der Fischemäkerstraße, ohne dass der Name Wildmann auftaucht. Nur ein Jahr später tritt aber bereits jene Familie auf den Plan, die bis heute die Menschen in der Stadt und im Umland in Massen für Stars und Sternchen in Hollywood-Blockbustern und Heimatstreifen begeistert.
Das „Goslarer Theater lebender Photographien – vornehmstes und größtes Theater für Unterhaltung und Belehrung“, wie es das Schaufenster in dieser frühen Zeit kündet, eröffnet am Fleischscharren an der Ecke zur „Fische“ der Cinomatographen-Spezialist Alois Wildmann. Es gibt noch Filmvorführer, Pianisten und Platzanweiser – und bald auch Konkurrenz durch Friedrich Funk, der das Zentral-Theater an der Breiten Straße, die Kammer-Lichtspiele am Standort der heutigen Kaiserpassage und ein kleines „Roxy“ an der Schilderstraße unter seine Fittiche nimmt.

Macher mit Sternenglanz: Alois Wildmann eröffnet 1983 das „Goslarer Theater“ an der Breiten Straße. Ende 2023 schließt es nach 40 Jahren. Corona und seine Folgen hinterlassen wirtschaftliche Spuren. Foto: Stadtarchiv
Fünf neue Kino-Säle
Ein erster riesiger Schritt in die Zukunft ist der Bau des neuen „Goslarer Theaters“. An der Breiten Straße 86 entstehen 1983 fünf Kinos mit modernster Technik unter einem Dach, das vier Jahrzehnte lang Goslarer und Gäste in die Welt der Filme entführt. Alois Wildmann wird mehrfach für sein hervorragendes Programm ausgezeichnet. Das kleine Goslar feiert zeitgleich mit den Metropolen im Land Filmpremieren – nicht selbstverständlich zu jener Zeit. Nach seinem viel zu frühen Tod 1995 führt seine Frau Roswitha Wildmann das Kino-Geschäft erfolgreich fort. Und hätte auf der frustrierenden Suche nach einem größeren Standort der Welterbestadt wie erwähnt beinahe den Rücken gekehrt, als Goslar am Ende doch noch das Rennen vor Bad Harzburg macht.

Blick zurück auf die Feier zu 100 Wildmann-Kinojahren: Jill, Florian und Roswitha Wildmann bekommen Besuch aus der Film-Geschichte von Avatar, Willy Wonka und Marilyn Monroe. Foto: Kusian-Müller (Archiv)
Nach dem langen Vorgeplänkel geht es im Jahr 1999 blitzschnell. Erster Spatenstich im April, am 26. Mai Grundsteinlegung, Richtfest am 11. August, Start noch vor Weihnachten. Am 9. Dezember ist Pierce Brosnan als James Bond in doppelter Premiere auf der Leinwand zu sehen. Die Theaterleitung liegt da bereits in den Händen von Roswithas Tochter Jill Wildmann, die mit ihrem Ehemann Florian inzwischen die Gesamtregie am Ort führt.