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Typisierungsaktion für kranken Arzt

GZ Plus IconLiebenburger Hausarzt schließt Praxis aus gesundheitlichen Gründen

Seit 2007 behandelte Andreas Boemke Patienten in Liebenburg. Nun schließt er aus gesundheitlichen Gründen seine Praxis. Wie geht es weiter?

Seit 2007 behandelte Andreas Boemke Patienten in Liebenburg. Nun schließt er aus gesundheitlichen Gründen seine Praxis. Wie geht es weiter? Foto: Gereke

Der Liebenburger Hausarzt Andreas Boemke ist schwer erkrankt. Seine Praxis ist geschlossen – für ihn rollt jetzt eine Hilfsaktion an. Wie geht es aber mit der hausärztlichen Versorgung für die Patienten weiter?

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Von Andreas Gereke
Dienstag, 04.02.2025, 18:00 Uhr

Liebenburg. Der Liebenburger Hausarzt Andreas Boemke muss aus gesundheitlichen Gründen seine Praxis schließen. Was bedeutet das für die Patienten? Die Gerüchteküche brodelt. Unterdessen läuft für den Mediziner eine Hilfsaktion an.

Seit mehreren Wochen ist die Praxis von Andreas Boemke geschlossen und wird auch von ihm nicht wieder eröffnet. Allerdings kursieren Gerüchte zu einer Nachfolgeregelung. „Mir ist die Situation bekannt und natürlich ist es Wunsch der Gemeinde Liebenburg, dass die Arztpraxis so schnell wie möglich wieder besetzt wird“, erklärt Liebenburgs Bürgermeister Alf Hesse, den in seiner Eigenschaft als erster Mann der Gemeinde zu diesem Thema auch die Fragen erreichen. Allerdings: Für die Ansiedlung von Ärzten ist die Kommune nicht zuständig. Hesse: „Ich bin nicht Herr des Verfahrens“ und verweist auf die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN).

Ab 110 Prozent gilt Planungsgebiet als „gesperrt“

Auf Nachfrage der GZ nimmt die erst einmal grundsätzlich Stellung zu dem Prozedere. „Sie dürfen in Deutschland eine Praxis gründen, wenn Sie die Approbation als Arzt oder Psychotherapeut besitzen. Zusätzlich brauchen Ärzte, wenn sie gesetzlich Krankenversicherte behandeln wollen, eine Kassenzulassung als Vertragsarzt. Diese erhalten Sie nach der Eintragung in das Arztregister und einem schriftlichen Antrag beim Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen“, erläutert Detlef Haffke, Leiter der Stabsabteilung Kommunikation und Information bei der

Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Ärzte können sich aber nur in Regionen (Planungsgebiete) niederlassen, die entweder für weitere Niederlassungen frei sind oder sie als Praxisnachfolger eine bestehende Praxis übernehmen (Nachfolgeregelung), so Haffke weiter.

Ein Zettel am Eingang weist darauf hin, dass die Arztpraxis Boemke zum 31. März endgültig schließt.

Ein Zettel am Eingang weist darauf hin, dass die Arztpraxis Boemke zum 31. März endgültig schließt. Foto: Gereke

Dies alles regelt die gesetzliche Vorgabe im Sozialgesetzbuch V der Bedarfsplanung. Sie beinhaltet die Anzahl von Ärzten pro Einwohner als Prozentsatz für ein Gebiet, die so genannten Planungsgebiete. „Sobald bei einer Fachgruppe für ein Gebiet der Versorgungsgrad von 110 Prozent erreicht wird, gilt dieses Planungsgebiet als ,gesperrt‘. Eine Neuzulassung ist somit nicht möglich. Sie können in diesem Fall, falls verfügbar, eine andere bestehende Praxis übernehmen oder sich ein anderes ,offenes‘ Planungsgebiet für die Praxisgründung als Kassenarzt suchen“, erklärt Haffke. In der Regel bemühe sich ein Praxisabgeber selbstständig um einen Nachfolger, der dann den Antrag auf Kassenzulassung beim Zulassungsausschuss stelle. Gelinge es dem Praxisabgeber nicht selbstständig, dann könne er beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Ausschreibung des Praxissitzes beantragen. Die KVN schreibe dann den Kassensitz für Interessierte Bewerber in ihren Medien öffentlich aus.

Was die Situation in Liebenburg angeht, so betrachten KVN und Zulassungsausschuss laut Bedarfsplanung keine einzelnen Orte, sondern bei der hausärztlichen Versorgung sogenannte Mittelbereiche. „Liebenburg liegt im Mittelbereich Goslar, der die Gemeinden Liebenburg, Goslar und Langelsheim umfasst. In diesem Bereich leben aktuell 72.884 Bürger. Ein Hausarzt soll laut theoretischer Verhältniszahl 1508 Einwohner betreuen. „Im Mittelbereich Goslar sind 53,25 Hausärzte niedergelassen. Der Versorgungsgrad beträgt 110,2 Prozent. Der Bereich ist für weitere Hausarztniederlassungen gesperrt“, so Haffke weiter.

„Gerüchte im Ort kommentieren wir nicht“

Aber: „Tatsächlich ruht aktuell eine Kassenzulassung in Liebenburg bis Mitte des Jahres. Die Vertretung erfolgt durch eine Praxis vor Ort“, bestätigt Haffke. Die KVN-Bezirksstelle stehe in Kontakt mit der ruhenden Praxis. Das Ruhen der Kassenzulassung erstrecke sich maximal auf zwei Jahre. „Gerüchte, die im Ort kursieren, kommentieren wir nicht. Die Übernahme einer Praxis wäre bei tatsächlicher Praxisschließung möglich. Zweigpraxen begrüßt die KVN jederzeit, da derartige Praxen zur Versorgungsverbesserung vor Ort beitragen. Die Gründung einer Zweigpraxis ist derzeit aber nicht aktuell.“ Abschließend räumt Haffke ein: In allen niedersächsischen Hausarztpraxen sei der Andrang leider groß und vielfach gebe es einen Stopp von Neuaufnahmen, „vielleicht hilft hier die politisch angekündigte Entbudgetierung des Honorars der Hausärzte und sorgt für Entlastung“, so Haffke.

Benötigt einen Stammzellenspender: Andreas Boemke.

Benötigt einen Stammzellenspender: Andreas Boemke. Foto: DKMS

Derweil rollt für den erkrankten Mediziner eine Hilfsaktion an – Motto: Jahrelang half Boemke seinen Patienten, jetzt ist Hilfe für den „Doc“ notwendig. Seit 2007 sei Andreas Boemke als Hausarzt in Liebenburg tätig gewesen und habe pro Quartal rund 1000 Patientinnen und Patienten behandelt. „Doch seit Ende des vergangenen Jahres ist alles anders: Andreas ist an Blutkrebs erkrankt und plötzlich selbst auf Hilfe angewiesen. Er braucht dringend eine lebensrettende Stammzellspende – doch bisher wurde kein passender Spender gefunden“, heißt es dazu auf der Homepage der DKMS, die Organisation hieß ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei.

Um ihn und anderen Betroffenen eine Chance auf Heilung zu geben, organisiert seine Familie eine Registrierungsaktion in Liebenburg. Der Termin für den Wangenschleimhautabstrich mittels Wattestäbchen, durch den die Gewebemerkmale im Labor bestimmt werden können, ist am Samstag, 22. Februar, in der Zeit von 10 bis 14 Uhr in der Liebenburger Schule am Schloss, Gitterweg 1. Wer nicht kommen kann und zwischen 17 und 55 Jahren alt ist, kann sich unter www.dkms.de auch ein Registrierungsset bestellen.

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