Onkologin aus Goslar warnt – Risiko, Prävention und Suchtberatung
Dr. med. Larissa Henze ist Ärztliche Direktorin der Asklepios-Harzkliniken, Chefärztin der Medizinischen Klinik II und für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin zuständig. Foto: Asklepios Harzklinik/Robert Michael
Alkohol erhöht das Risiko für Krebs deutlich. Onkologin Dr. med. Larissa Henze von den Asklepios-Harzkliniken in Goslar räumt mit einem weit verbreiteten Mythos auf.
Für viele gehört Alkohol zum Alltag: beim Anstoßen im Büro, beim Kochen, beim Fernsehen. Kaum jemand denkt dabei an Krebs. Doch Fachleute warnen: Auch in Deutschland werden jedes Jahr viele Krebserkrankungen auf Alkoholkonsum zurückgeführt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schreibt: „Die Europäische Union (EU) ist die Subregion mit dem höchsten Alkoholkonsum weltweit – und in der Krebs heute auch die häufigste Todesursache ist.“ Allein im Jahr 2020 verursachte Alkohol in der EU laut Bundesgesundheitsministerium 111.300 neue Krebsfälle, darunter Darmkrebs (36.900 Fälle), Brustkrebs (24.200 Fälle) und Mundhöhlenkrebs (12.400 Fälle). Fast 70 Prozent der Fälle betrafen Männer.
„Ich gehe davon aus, dass in der Bevölkerung allgemein bekannt ist, dass Alkoholkonsum die Leber schädigen kann. Ebenso kann es auch das Herz schädigen, negativen Einfluss auf die Blutbildung haben und die Gehirnfunktion beeinträchtigen – gerade, wenn Alkohol im Übermaß getrunken wird. Im Verlauf kann sich dann auch Vergesslichkeit bis hin zur Demenz entwickeln“, erklärt Onkologin Dr. med. Larissa Henze. Sie ist Ärztliche Direktorin der Asklepios Harzkliniken in Goslar und dort Chefärztin der Onkologie.
Gibt es unschädliche Alkoholmengen?
Müssen sich nur Menschen, die täglich und viel trinken, über solch gravierende Folgen durch Alkohol Sorgen machen? Die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zum Umgang mit Alkohol zeigen, dass jede Form des Alkoholkonsums, selbst in geringen Mengen, langfristig schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, erklärt das Bundesministerium für Gesundheit. Außerdem wird betont, dass es keinen risikofreien Alkoholkonsum gibt.
„Früher hat man gedacht: ‚Ein Glas Wein am Tag richtet keinen Schaden an.‘ Heute weiß man, dass auch das nicht gelten kann, weil man einfach die Prozesse, die Alkohol im Körper auslöst, viel besser versteht“, erklärt Dr. Henze. Vor allem wirke Alkohol bei jedem unterschiedlich, da viele Faktoren eine Rolle spielen – wie das Geschlecht, die Menge an Körperfett und das Alter.
Es ist für die meisten bestimmt kein Geheimnis, dass Alkohol in geringer Dosis zu einer Veränderung der Wahrnehmung und Verarbeitung von Reizen im Nervensystem führt. Dieser Zustand wird im Volksmund als „beschwipst“ bezeichnet. Steigt der Alkoholspiegel im Blut, könne es zu einer Bewusstseinseintrübung führen und damit auch zu einem verringerten Atemantrieb. Im schlimmsten Fall könne dies dann auch zum Tod führen, schildert die Expertin.
Wie genau führt Alkohol zu Krebs?
Bereits 1988 stufte die WHO Alkohol als Karzinogen der Gruppe 1 ein, zu der auch Asbest, Strahlung und Tabak gehören. Das bedeutet, dass es belegt ist, dass Alkoholkonsum beim Menschen Krebs verursacht. Dennoch tranken laut Bundesministerium für Gesundheit „im Jahr 2024 8,6 Millionen Menschen der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung in Deutschland riskante Mengen Alkohol“. Wie genau führt Alkohol nun zu Krebs? „Alkohol greift die Schleimhäute an. Das begünstigt Krebsarten, die an der Mundhöhle, im Rachen oder in der Speiseröhre entstehen“, erklärt Dr. Henze. In Kombination mit Zigaretten werde das Risiko erhöht. Ähnlich sei es bei Leberkrebs. „Alkohol führt an der Leber zunächst zu einer Leberverfettung, dann zu einer Fettleberentzündung.“ Danach könne sich entweder eine Leberzirrhose entwickeln, bei der sich das Lebergewebe weiter umbaut, und dann könne Leberkrebs als Folge der chronischen Entzündung entstehen, erläutert die Onkologin.
„Alkohol kann auch Veränderungen in der Hormonproduktion verursachen. Daher wird zum Beispiel das Risiko für die Entstehung von Brustkrebs erhöht“, sagt Dr. Henze.
„Manche nennen Alkohol ein ‚kulturelles Erbe‘“
Doch trotz der langjährigen Erkenntnis dieser Gefahr fand in der Bevölkerung kein nennenswertes Umdenken statt. Alkohol ist weiterhin in allen Gesellschaftsschichten verankert. „Manche nennen Alkohol ein ‚kulturelles Erbe‘“, sagt Dr. Gundo Weiler, Direktor für Prävention und Gesundheitsförderung bei der WHO/Europa. Könnte ein Warnhinweis, wie er bereits auf Zigarettenpackungen zu finden ist, auch auf Alkoholflaschen den Alkoholkonsum verringern? „Ich denke, das bewirkt nicht so viel“, sagt Dr. Henze. Es sei aber zumindest ein klarer Hinweis für die Gesundheitsschädlichkeit der Substanz, fügt sie hinzu. Laut WHO haben Experten international gezeigt, dass eine Politik gegen Missbrauch von Alkohol den Konsum reduziert und dass eine Reduzierung oder ein Abbruch des Alkoholkonsums das Krebsrisiko senkt. Nach einigen Untersuchungen hat diese Expertengruppe einige Methoden gefunden, die sich bei der Reduzierung des Alkoholkonsums auf Bevölkerungsebene als äußerst effektiv entpuppt haben: eine Erhöhung der Steuern oder Mindestpreise, eine Erhöhung des Mindestalters für den Alkoholkauf, eine Reduzierung der Verkaufstage oder auch starke Verbote in Bezug auf die Vermarktung von Alkohol, um nur einige zu nennen. Auch wenn diese Methoden erfolgreich zu sein scheinen, sollte nicht unterschätzt werden, dass damit ein Zwang erzeugt wird, der dazu verleiten könnte, sich den Alkohol auf illegale Weise zu besorgen. Besser wäre es, wenn die Menschen überzeugt würden. „Der Gedanke ‚Ja, ich will den Konsum reduzieren und auch eventuell ganz aufhören‘ ist schon mal sehr, sehr wichtig“, sagt Dr. Henze. Doch gerade für Menschen mit einer Alkoholsucht ist es oft nicht einfach, mit dem Trinken aufzuhören.Die Auswirkungen von Alkohol: Sucht, Beratung und Heilung
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