Warnstreiks bei der Post – mit Paket-Verspätungen ist zu rechnen

Der Vertrauensmann Ahmet Almaz von der Paketzustellung Reinickendorf beteiligt sich am bundesweiten Poststreik. Im Tarifstreit bei der Deutschen Post hatte die Gewerkschaft Verdi zu bundesweiten Streiks aufgerufen. Foto: Joerg Carstensen/dpa
Im Tarifstreit bei der Deutschen Post hat die Gewerkschaft Verdi zu Streiks aufgerufen – am Freitag ganztägig. Bisher wurden durch den Streik in Niedersachsen und Bremen rund 200.000 Pakete und etwa 2,5 Millionen Briefsendungen nicht bearbeitet.
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Millionen Bundesbürger müssen sich darauf einstellen, dass in den kommenden Tagen Briefe und Pakete mit Verspätung kommen. Die Gewerkschaft Verdi ruft die Beschäftigten in allen Brief- und Paketzentren der Deutschen Post bundesweit für Donnerstag seit 17.00 Uhr sowie Freitag ganztägig zu Warnstreiks auf, nachdem die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die rund 160.000 Postbeschäftigten ohne Ergebnis zu Ende ging. „In den folgenden Tagen werden weitere Streiks folgen”, kündigte Verdi an.
Niedersachsen und Bremen – Briefe und Pakete bleiben liegen
Nach ersten Arbeitsniederlegungen in Brief- und Paketzentren hat die Gewerkschaft Verdi im Tarifstreit die Zusteller der Post in Niedersachsen und Bremen zu Warnstreiks aufgerufen. Betroffen seien fast alle Orte in den beiden Bundesländern, mit hoher Beteiligung der Zustellerinnen und Zusteller werde gerechnet, sagte ein Gewerkschaftssprecher am Freitag.
In der Nacht zum Freitag waren Warnstreiks in den Brief- und Paketzentren in Hannover, Celle, Braunschweig, Göttingen, Bremen, Oldenburg und Osnabrück angelaufen. Die Beteiligung sei sehr gut gewesen, sagte der Verdi-Landesfachbereichsleiter Postdienste, Thomas Warner. Verdi rechnet mit erheblichen Behinderungen in der Brief- und Paketzustellung. Nach Schätzungen der Gewerkschaft wurden in den beiden Bundesländern rund 200.000 Pakete und etwa 2,5 Millionen Briefsendungen nicht bearbeitet. „Es wird natürlich zu Verzögerungen kommen allein durch die Menge der Pakete, die betroffen sind“, sagte ein Post-Sprecher. Kunden müssten damit rechnen, dass die Pakete auch mal ein bis zwei Tage später kämen. Die Auswirkungen seien von Region zu Region aber unterschiedlich.
Was fordert die Gewerkschaft?
Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt und eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 200 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Der überwiegende Teil der Verdi-Mitglieder bei der Post habe ein niedriges Einkommen und könne Reallohnverluste nicht verkraften, sagte die Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. Rund 140.000 der 160.000 Tarifbeschäftigten verdienten zwischen 2108 und 3090 Euro monatlich. Sie treffe die hohe Inflation besonders hart, da sie einen großen Teil ihres Einkommens für Nahrungsmittel und Energie verwenden müssten. Die letzte Tariferhöhung im Januar 2022 habe lediglich bei 2 Prozent gelegen.
Verdi: Post hat kein Verständnis für die Situation der Beschäftigten
Verdi halte die Forderungen deshalb für „notwendig, gerecht und machbar”. Doch das Unternehmen zeige kein Verständnis für die Situation der Beschäftigten. „Die Arbeitgeber haben sich sehr deutlich geäußert, dass sie nicht bereit sind, den Reallohnverlust und die Inflation auszugleichen”, sagte Kocsis. Dies sei angesichts der Milliardengewinne des Konzerns eine Provokation. „Darauf werden die Beschäftigten in den Betrieben nun eine klare Antwort geben und ihren Forderungen mit Streiks Nachdruck verleihen.”
Post-Vorstand: Unrealistische Forderungen
Der Post-Vorstand hatte die Forderung bereits vor der jüngsten Verhandlungsrunde als unrealistisch abgelehnt. Ein Sprecher betonte, das Unternehmen habe Verdi in den Tarifgesprächen konkrete Vorschläge gemacht, in denen es vor allem um die Bausteine und Struktur der Lohnerhöhungen gegangen sei. Man habe aber auch deutlich gemacht, „dass die gewerkschaftliche Annahme, dass Lohnsteigerungen durch Preiserhöhungen weitergegeben werden können, aufgrund der umfassenden Preisregulierung für das Brief- und Paketgeschäft in Deutschland in den kommenden Jahren nicht zutrifft”.
Konstruktive Diskussionen
Die Post sprach von konstruktiven Diskussionen. Damit sei die Grundlage geschaffen, um in der schon vereinbarten dritten Verhandlungsrunde am 8. und 9. Februar „ein Angebot vorzulegen, das sich an einem fairen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Beschäftigten und den ökonomischen Realitäten von Post & Paket Deutschland orientieren wird”.
So viele Beschwerden wie noch nie
Auch ohne Streiks hatte es zuletzt viele Beschwerden über Zustellmängel gegeben. Im vergangenen Jahr registrierte die Postbeschwerdestelle der Bundesnetzagentur so viele Beschwerden wie nie - insgesamt rund 43.500 und damit fast dreimal so viele wie 2021. Die Beschwerden richten sich gegen die ganze deutsche Brief- und Paketbranche. Die meisten Wortmeldungen über verspätete oder verlorene Sendungen beziehen sich aber auf den Marktführer Deutsche Post.
Das Unternehmen selbst spricht von lokalen Problemen, die sie mit einem hohen Krankenstand und mit der generell schwierigen Suche nach Arbeitskräften begründet. Ein Firmensprecher sagte noch vor wenigen Tagen, man werde in diesem Jahr „alles daran setzen, trotz der weiter herausfordernden Umstände die Qualität in der Zustellung weiter zu verbessern”.
dpa