Goslars Kaiserringkunst: Blaumänner, Bier und ein grünes Kotelett

Unter den Schuhen von Kaiserringträger Christian Boltanski stehen schon die Transportkisten für die blauen Männer von Katharina Fritsch, die Teil ihrer Kaiserringausstellung in Goslar sein werden. Foto: Kempfer
Noch sind die Vorbereitungen im Mönchehaus in vollem Gange: Dort wird am Samstag die Überblicks-Ausstellung über die Werkphasen von Katharina Fritsch eröffnet, die am 11. Oktober in der Kaiserpfalz mit dem Kaiserring ausgezeichnet wird.
Goslar. Ob der „Mönch“ von Katharina Fritsch wohl Einzug in Goslars Mönchehaus hält? Das wohl nicht, wie ein erster Blick in das Museum für moderne Kunst erahnen lässt – dafür bekommen Ausstellungsbesucher von Samstag an viele andere Gelegenheiten, Skulpturen und Bilder von Katharina Fritsch direkt zu erleben, fast möchte man angesichts der vielen Figuren sagen: von Angesicht zu Angesicht. Denn bei allen medialen Möglichkeiten bleibt der direkte Blick auf die Kunstwerke der wirkungsvollste, was zuletzt die Pandemie gezeigt hatte.

Sie hängt schon in der Kaiserringträgergalerie: Katharina Fritsch erhält am Samstag den Kaiserring 2025. Foto: Kempfer
Künsterin mit Kaiserring
Am Samstag wird Katharina Fritschs Ausstellung nach der Verleihung des Kaiserrings eröffnet; bis dahin ist im Mönchehaus noch manche Arbeit an die richtige Stelle und ins rechte Licht zu rücken, und das bei rarer Helferschar unter erschwerten Bedingungen. Seit Dienstag fasst die Bildhauerin persönlich mit an. Für die Kaiserringschau stehen ihr das Erdgeschoss und das Obergeschoss zur Verfügung; nur unter dem Dach erwartet Besucher die Kunst der Kaiserring-Stipendiatin Evan Ifekoya.
Mönchehaus: Filmpremiere für Modupe
Silbermedaille des Goslarer Kaiserring-Stipendiums übergeben
In der Däle befinden sich zwei riesige Holzkisten unter den von der Decke hängenden Schuhen von Christian Boltanski. Die Kisten beherbergten laut Aufkleber zwei Männer in leuchtend blauer Farbe. Die „Blaumänner“ waren gestern schon den Kisten entstiegen – und warteten zwei Räume weiter darauf, aus ihren Kunststofffolien gewickelt zu werden. Überhaupt gab es gestern noch viel Eingehülltes: Die Ausstellung blieb neugierigen Blicken noch weitestgehend verborgen. Die Mädchen und Jungen der Schülerdiskussion am Freitag werden das Privileg des ersten Eindrucks haben.
Märchen und Geheimnisse
Dass die Ausstellung gestern noch etwas Geheimnisvolles umwehte, passt zur Künstlerin, deren Arbeiten ebenfalls in dem Ruf stehen, ein Geheimnis zu sein, eines zu haben oder jedenfalls von einer geheimnisvollen Aura umgeben zu sein. Goslar hat Glück: Für Katharina Fritsch hat auch die Kaiserstadt mit ihrer gut erhaltenen historischen Bausubstanz und besonderen Atmosphäre etwas Geheimnisvolles – was in ihren Augen also per se positiv ist. Das „Märchenhafte“ der Stadt habe sie inspiriert, sagte sie gestern der GZ, die nach der Ausstellungskonzeption fragte. Es wird einen Überblick über die Werkphasen der gebürtigen Essenerin geben, die heute in Düsseldorf und Wuppertal lebt und in der ganzen Welt ausstellt. Ganze Welt hin oder her: Eine so expressive Pietà wie in der Jakobikirche habe sie selten gesehen, begann sie zu schwärmen.

Auch Verpackungen verbergen oder verraten Geheimnisse: Welche Figuren hat die Bildhauerin Katharina Fritsch aus ihrem Kunstuniversum mitgebracht? Foto: Kempfer

Ein alttestamentarisches Menetekel in einer für Katharina Fritsch typischen Farbgebung ziert das Ausstellungsplakat im Mönchehaus: Warnt es vor dem, was kommt? Foto: Kempfer
Da Goslar von Fritsch auch etwas Bodenständiges attestiert wird, wecken vielleicht auch Exponate wie ein (Siebdruck-)Bier und ein (Gips)-Kotelett das Interesse der Betrachter. Abgesehen vom Menetekel haben noch andere Arbeiten von Fritsch einen religiösen Aspekt; bekannt wurde sie unter anderem für eine grellgelbe Madonnenfigur, die sie im öffentlichen Raum in Münster zwischen Kaufhaus und Kirche setzte. Die GZ lädt morgen auf einer Sonderseite dazu ein, sich näher mit Fritschs Kunst zu beschäftigen, für die sie am Samstag mit dem Kaiserring ausgezeichnet wird.
50 Jahre Goslarer Kaiserring
Bei einer in diesem Jahr laut Pressemitteilung der Stadt „besonders festlichen Zeremonie“ anlässlich des 50-jährigen Jubiläums erhält Katharina Fritsch den goldenen Ring mit dem Siegel Kaiser Heinrichs IV. am 11. Oktober. Die feierliche Übergabe findet im Rahmen einer öffentlichen Sondersitzung des Rates der Stadt Goslar ab 11 Uhr in der Kaiserpfalz statt. Alle Interessierten sind dazu eingeladen. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Anlässlich des Jubiläums wird Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies ein Grußwort halten. Zu Beginn der Verleihung wird zudem ein Video mit einem Rückblick auf 50 Jahre Geschichte des Kaiserrings gezeigt.
Die Laudatio auf Katharina Fritsch hält die Juryvorsitzende Prof. Marion Ackermann, die seit Juni Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist. Im Anschluss an die Verleihung mit hochkarätiger musikalischer Begleitung wird die Ausstellung der ausgezeichneten Künstlerin im Mönchehaus eröffnet. Wer sich noch besonders auf das Jubiläum einstimmen will, kann die Ausstellung „Ein halbes Jahrhundert Kaiserring – Ein Rückblick aus Sicht der Stadt Goslar“ besuchen. Sie ist auch über das Verleihungswochenende hinaus noch bis zum 19. Oktober kostenlos im Kulturmarktplatz, Raum Beroun, zu sehen.
Copyright © 2025 Goslarsche Zeitung | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.