Goslar hat 2000 Einwohner weniger als gedacht
Unsichere Zukunft: Wie sich Goslars Einwohnerzahl entwickelt, ist offen. Laut Zensus 2022 leben rund 2000 Menschen weniger in der Stadt, als angenommen. Foto: Symbolfoto: Jan Woitas/dpa
Weniger Einwohner gleich weniger Geld vom Land? Der Zensus 2022 hat für die Stadt Goslar eine Einwohnerzahl von 47.433 ermittelt – 2000 weniger als beim Meldeamt registriert. Die Linke-Ratsfraktion sorgt sich um die finanziellen Folgen.
Goslar. Die Stadt Goslar ist kleiner als angenommen. Wie aus den Zahlen des Zensus 2022 hervorgeht, hat das Landesamt für Statistik zum Stichtag 15. Mai 2022 eine Einwohnerzahl von nur noch 47.433 Personen ermittelt. Laut Melderegister der Stadtverwaltung lebten zum Stichtag 49.555 Menschen in Goslar – eine Differenz von mehr als 2000 Personen. Diese Informationen teilt die Verwaltung nach einer Eilanfrage der Linke-Ratsfraktion mit, die sich um die Zensus-Zahlen und die finanziellen Auswirkungen für die Welterbe-Stadt dreht. Denn die Einwohnerzahlen einer Stadt sind einer der entscheidenden Faktoren für die Schlüsselzuweisungen des Landes, die die Kommunen erhalten.
Der Zensus 2022 hat für Goslar eine Einwohnerzahl von nur noch 47.433 ergeben. Foto: Landkreis
Das Landesamt für Statistik hat die Zensus-Zahlen im Juni veröffentlicht und nun die Kommunen um Stellungnahmen gebeten – dafür haben sie zwei Monate Zeit. Die Stadt stehe mit dem niedersächsischen Städtetag und anderen Kommunen in Kontakt, heißt es aus dem Goslarer Rathaus. Möglicherweise müssen Einwendungen gegen die Feststellungen des Landesstatistikamtes geltend gemacht werden.
Erstmals 2025
Dessen Vorgaben sehen laut Stadtverwaltung vor, dass die Zensus-Ergebnisse erstmals für den kommunalen Finanzausgleich 2025 als Grundlage dienen sollen. Für das laufende Jahr hat die 2000-Einwohner-Lücke also keine direkten Folgen. Doch dann wird es ernst.
Der Goslarer Haushaltsplan für das kommende Jahr wird am Dienstag im Rat vorgestellt. Dann starten die politischen Beratungen. Aktuell geht die Verwaltung für 2025 von Schlüsselzuweisungen in Höhe von 22,5 Millionen Euro durch das Land aus. Dieses Jahr liegt der Ansatz bei 19,2 Millionen.
Die Stadt habe zunächst ganz konservativ den gleichen Grundbetrag wie 2024 eingerechnet, obwohl dieser in den Vorjahren erhöht wurde. Auch die Steuerkraft einer Kommune ist entscheidend dafür, wie hoch die Schlüsselzuweisungen ausfallen. Nach einem „sehr starken Jahr“ 2023 falle 2024 wahrscheinlich in Sachen Steuereinnahmen„ein wenig ab“, was zu höheren Finanzhilfen führen würde. Kurzum: Wie viel Geld das Land kommendes Jahr wirklich an die Stadt Goslar überweist, ist noch offen. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Berechnungsgrundlagen dafür im November bekannt gegeben werden.
Für die Jahre 2026 bis 2028 jedenfalls rechnet die Stadt schon heute mit einem „erheblichen Rückgang beim Ansatz der Schlüsselzuweisungen“, was zum einen an der demografischen Entwicklung, zum anderen an der prognostizierten Erhöhung der Steuerkraft liege. Genauere Zahlen will die Kämmerei zusammen mit dem Haushaltsentwurf am Dienstag im Rat vorlegen.
Wie genau sich die Einwohnerzahl Goslars in den kommenden vier Jahren entwickele, sei nur „sehr unsicher“ vorhersagbar. Noch gebe es keine Fortschreibungen der Zensus-Zahlen aus dem Jahr 2022. Dass die Ergebnisse der groß angelegten Bevölkerungszählung derart eklatant von den Daten des Meldeamtes abweichen, würde die Prognose zusätzlich erschweren. Klar sei nur, dass die Stadt Goslar sowohl bei den Jahren 2025 bis 2028 als auch beim Fünf-Jahres-Durchschnitt deutlich unterhalb der 50.000-Einwohner-Grenze liegen wird.
Mehr als 50 Prozent
Mit abweichenden Zahlen muss sich nicht nur die Stadt Goslar herumschlagen. Laut einer Mitteilung des für den Zensus verantwortlichen Statistischen Bundesamts haben mehr als die Hälfte der 10.786 Gemeinden in Deutschland weniger Einwohner, als die Meldezahlen es vermuten ließen. In ganz Deutschland lebten laut der Zählung im Jahr 2022 rund 82,7 Millionen Menschen. Den letzten Zensus hatte es zuvor 2011 gegeben. Damals lebten rund 2,5 Millionen Menschen weniger in Deutschland. Die aus den Zahlen damals erarbeitete Prognose für die Bevölkerungsentwicklung lag ziemlich weit daneben: 2022 lebten etwa 1,4 Millionen Menschen weniger in Deutschland als vorausgesagt.