Windpark auf der Haar: Jetzt wächst das Bauprojekt in die Höhe
Genau 796 Kubikmeter Beton sind nötig, um das Fundament einer Windkraftanlage des Typs Vestas V162 zu gießen. Anlagen dieses Typs werden auf der Haar errichtet. Foto: Gereke
Auf der Haar sind nicht mehr nur Erdbewegungen für den Windpark zu sehen, sondern jetzt wachsen dort auch die Anlagen aus dem Boden. Wie der weitere Zeitplan für das Millionenprojekt bis zur ersten Erzeugung des ersten Stroms aussieht.
Nordharz. Es ist aktuell das größte Bauprojekt im Nordharz: die Errichtung des Windparks auf der Haar. Zwölf Anlagen entstehen im Viereck Upen-Ostharingen-Bredelem-Ostlutter. Derzeit laufen die Arbeiten an den Fundamenten – und so sieht der weitere Fahrplan bis zur Stromproduktion aus.
Einmal pro Woche – wenn das Wetter mitspielt – nehmen Dutzende Betonmischer Kurs auf die Haar. 100 Fuhren sind notwendig, um das Fundament für eine Windkraftanlage zu gießen. „Genau sind es 796 Kubikmeter – mit einer Fuhre kommen etwa sieben bis acht Kubikmeter Beton an“, rechnet Bauleiter Jan Zimmer von Terrawatt vor. Der Planungsgesellschaft gehören 50 Prozent der Haar Wind GmbH – die anderen 50 Prozent liegen bei den 22 Grundbesitzern. Der Durchmesser eines Fundaments beträgt 24,5 Meter, die Höhe drei Meter – darin befinden sich rund 100 Tonnen Stahl. „Man muss es sich vorstellen wie den überdimensionierten Fuß einer Stehlampe“, erklärt Zimmer. Aus dem ragen jeweils pro Fundament 24 Spannglieder in die Luft, die den Ankerkorb bilden, auf dem dann die weitere Anlage in die Höhe wächst.
An der Betonpumpe reihen sich die Betonmischer auf, damit beständig für Nachschub beim Fundamentgießen gesorgt ist. Foto: Gereke
Rund um den Haarhof, der ehemaligen Ausflugsgaststätte, errichtet die Haar Wind GmbH zwölf Windenergieanlagen – acht stehen auf dem Gebiet der Gemeinde Liebenburg, vier auf dem der Stadt Langelsheim. Ihre Nabenhöhe wird bei 169 Metern liegen, die Gesamthöhe von allen Anlagen 250 Meter betragen. Es ist derselbe Anlagentyp, der auch im Dreieck Beuchte-Schladen-Wehre in den Himmel gewachsen ist: Vestas V162. Die 162 steht für den Rotordurchmesser. Die Anlagen auf der Haar werden unterschiedliche Leistungen haben – sieben haben 5,6 und fünf 6,2 Megawatt. Geschuldet ist das der Tatsache, dass für eine optimale Ausnutzung des Windes die Räder eigentlich etwas weiter auseinander stehen müssten – das aber gab das vom Regionalverband Braunschweig ausgewiesene Vorranggebiet zur Windenergiegewinnung nicht her.

Aus den Mischern fließt der Beton in die Betonpumpe. Für ein Fundament werden 796 Kubikmeter Beton benötigt. Foto: Gereke
Wann das letzte Fundament gegossen werden kann, das hängt von der Witterung ab. Der weitere Fahrplan sieht vor, dass ab Ende April die Betonteile für den Turmunterbau kommen. Dutzende Lkw-Ladungen sind notwendig, um die tonnenschweren Betonteile zu liefern, denn auch auf der Haar entstehen sogenannte Hybridtürme: Auf einen Betonturm, der sich aus vorgefertigten Betonfertigteilen zusammensetzt, kommt ein Stahlrohrturm. Die Betonturmmontage nimmt etwa neun bis elf Tage in Anspruch. Die Installation der Großkomponenten darauf, die sogenannte Haupterrichtung,
verläuft planmäßig in fünf bis sechs Tagen – die entsprechenden Teile werden im Juli und August angeliefert. Diese überlangen Schwertransporte werden weder durch Ostlutter oder Bredelem rollen. „Sie kommen auch nicht über die Posthof-Kreuzung, weil die Bundesstraßenbrücke bei Salzgitter-Bad gesperrt ist, sondern sie werden via B 82 und Feldwege die Haar erreichen. Wir müssen durch keine Ortschaft“, betont Zimmer.
„Wir werden mit zwei Kränen operieren“
Noch während der Anlieferungsphase beginnt die Vollerrichtung des Windparks. „Wir werden mit zwei Kränen operieren“, kündigt Zimmer an. Auch bei diesem Aufbau wird das Wetter das letzte Wort haben. „Die Witterung ist entscheidend. Wenn sie nicht passt, kann sich das Ganze massiv verzögern“, sagt er. Zum einen muss die Sicht für den Kranführer stimmen – und zum anderen darf der Wind nicht zu stark blasen. „Ab Geschwindigkeiten von 9 Metern pro Sekunde, das entspricht etwas mehr als 30 km/h oder Windstärke 5, also einer frischen Brise, muss der Aufbau stoppen“, erklärt der Bauleiter. „Oft kann man es sich nicht vorstellen. Am Erdboden ist nichts, aber in mehr als 160 Metern Höhe sieht das dann schon ganz anders aus.“

Blick in das Fundament einer Windkraftanlage: 100 Tonnen Stahl sind darin verbaut. Foto: Gereke
Parallel dazu läuft auch der Bau des Umspannwerks und der Bau der Kabeltrassen, um alles miteinander zu verbinden. Der erzeugte Strom wird in die 110-kV-Leitung eingespeist, die über die Haar verläuft. Ziel ist, dass der Windpark im März 2026 ans Netz geht.

Bauleiter Jan Zimmer deutet auf ein fertig gegossenes Fundament. Oben ragen 24 Spannglieder heraus, auf denen die weitere Anlage errichtet wird. Foto: Gereke
Während der Planungen war das Windparkgebiet aufwendig untersucht worden. Bohrarbeiten im Herbst 2022 dienten dazu, den Untergrund auf seine Standfestigkeit zu untersuchen. Diese Probebohrungen waren deshalb nötig, weil sich die landwirtschaftlichen Flächen auf einem Erdfallgebiet über einem karstigen Untergrund befinden. Umso genauer musste deshalb geprüft werden, wo Anlagen errichtet werden können. „Felsgestein und lehmige Böden wechseln sich hier ab“, erzählt Zimmer. Um die Standfestigkeit der Fundamente für die Windräder zu verbessern, erfolgten Vorbohrungen, um sogenannte Rüttelstopfsäulen zu setzen.
Sand-Kies-Gemisch in Säulenform für den Untergrund
„Das ist eine Gründungsvariante, bei der ein Sand-Kies-Gemisch in Säulenform in den Untergrund gebracht wird, um die Tragfähigkeit für die darüberliegenden Fundamente herzustellen. Das Sand-Kies-Gemisch wird in das vorgebohrte Loch eingebracht und dann nachverdichtet – der erste Schritt wird als Rütteln, der zweite als Stopfen bezeichnet, daher der Name.“ Der Bauleiter betont: Es seien keine Anker gesetzt worden und es kämen auch nur natürliche Materialien zum Einsatz – kein Stahl oder Beton. „Durch den geringeren Materialeinsatz ist es auch insgesamt ein sehr umweltschonendes Verfahren. In der Regel werden 72 Rüttelstopfsäulen pro Fundament verbaut. Bei einer Anlage mussten wir aufgrund ungünstiger Baugrundbeschaffenheit allerdings 136 Säulen verbauen.“

Im hohen Bogen hinein: Wenn die Witterung mitspielt, entsteht derzeit ein Fundament pro Woche auf der Haar für den Windpark. Foto: Gereke
Die Leistung des Windparks wird bei rund 70 Megawatt liegen. Der Stromertrag soll 190 Millionen Kilowattstunden betragen – damit könnten 42.000 Haushalte pro Jahr versorgt werden, heißt es in einer Information der Vorhabenträger am Haarhof. Errechnet ist das aus den Durchschnittsverbräuchen von Zwei- und Drei-Personen-Haushalten. Das Investitionsvolumen liegt bei rund 117 Millionen Euro.