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Bau des Windparks Beuchte

GZ Plus Icon160 Meter über dem Schladener Erdboden: Warten aufs Andocken

Rund 160 Meter über den Schladener Erdboden warten die Monteure auf das Andocken des Rotorblatts.

Rund 160 Meter über den Schladener Erdboden warten die Monteure auf das Andocken des Rotorblatts. Foto: Gereke

Er wächst und wächst: Bei der Vollerrichtung der Windkraftanlagen im Windpark Beuchte erreichen die Räder nach der Montage der Rotorblätter jetzt ihre endgültige Höhe. Die Arbeiten in luftiger Höhe bei Schladen sind dabei etwas Besonderes.

Von Andreas Gereke Donnerstag, 01.08.2024, 12:00 Uhr

Beuchte/Schladen/Wehre. Jetzt sprießen sie bei Schladen in die Höhe – die Anlagen des Windparks Beuchte. Das sorgt für ein besonderes Schauspiel am Schladener Himmel – und eine neue Spezies.

Es gibt Planespotter und Trainspotter – Menschen, die Flugzeuge oder Züge beobachten und fotografieren. Bei Schladen kommen jetzt auch die Cranespotter hinzu – Menschen, die das Schauspiel mit den zwei Kränen fasziniert, die Bauteile der Windenergieanlagen in die Höhe ziehen. Immer wieder halten Autos an, Neugierige steigen aus und staunen. Kein Wunder: Die viel befahrene Bundesstraße 82 führt mitten durch das Windpark-Areal. Das Besondere: Bei Schladen sind zeitgleich zwei Großkräne im Einsatz, die jetzt – noch seltener – fast parallel nebeneinander arbeiteten.

Arbeiten fast im Gleichklang mit zwei Kränen: Im Vordergrund ist das Rotorblatt schon nach oben gezogen, bei der mittleren Anlage hievt es der Kran gerade nach oben.

Arbeiten fast im Gleichklang mit zwei Kränen: Im Vordergrund ist das Rotorblatt schon nach oben gezogen, bei der mittleren Anlage hievt es der Kran gerade nach oben. Foto: Gereke

Der Grund für den doppelten Einsatz: Die Zeit drängt. Errichtet werden Windkraftanlagen des Typs Vestas V-162 6.2 – und das Unternehmen hat Folgeaufträge, erzählt Christian Nowack, Bauleiter beim Investor Ebert-Energie für den Windpark Beuchte. So arbeiten Montageteams parallel, damit die Vollerrichtung der Anlagen sowie der Aufbau ihres technischen Innenlebens – dafür sind die Installationsteams zuständig, die den Monteuren folgen – bis spätestens Ende Oktober abgeschlossen ist.

„Bei Montage darf Wind darf nicht zu stark pusten“

Wenn alles klappt, dann dauert es etwa zwei Wochen, um die derzeit in den Himmel ragenden Betontürme zu komplettieren. Eine Woche dauert der Standortwechsel der Großkräne, eine Woche etwa die Vollerrichtung, wenn das Wetter mitspielt. Heißt: Der Wind darf nicht zu stark pusten, denn sonst sind die Arbeiten in der Höhe nicht möglich. Und die Sichtweite muss immer so groß sein, dass der Kranführer die Spitze seiner Anlage im Blick haben kann.

Christian Nowack ist der Bauleiter beim Projekt Windpark Beuchte.

Christian Nowack ist der Bauleiter beim Projekt Windpark Beuchte. Foto: Gereke

Apropos Standortwechsel: Da ist das neuste Modell, was bei Beuchte im Einsatz ist, ist im Vorteil – der Liebherr Mobilkran LG-1800. Denn er ist auf Rädern unterwegs. „Sein Pendant ist ein Raupenkran, der muss komplett ab- und wieder aufgebaut werden – das dauert sechs Tage. Der Mobilkran muss nicht komplett demontiert werden – er kann nach fünf Tagen am neuen Standort einsatzbereit sein“, erzählt Nowack.

Wenn dann die Anlagenteile wieder in die Höhe gezogen werden, kann das sogar für Betrachter schwindelerregend sein. Die Monteure, die oben in rund 160 Meter Höhe über der Schladener Erde warten, dass das nächste Rotorblatt andockt, scheinen das dagegen eher gelassen hinzunehmen. Höhenangst kennen sie nicht.

Besonderheit am Schladener Himmel: Im Windpark Beuchte sind zwei Großkräne gleichzeitig im Einsatz.

Besonderheit am Schladener Himmel: Im Windpark Beuchte sind zwei Großkräne gleichzeitig im Einsatz. Foto: Gereke

In den kommenden Tagen sollen die letzten Schwertransporte mit Anlagenteilen gen Schladen rollen – dann sind alle benötigten Komponenten für die zehn Windräder vor Ort. Auch in anderen Ecken des Windparks stehen Arbeiten vor dem Abschluss: Noch läuft der Bau der Trasse, rund acht Kilometer lang wird sie sein, etwa anderthalb Kilometer fehlen noch. Insgesamt werden etwa 24 Kilometer Kabel zwischen den zehn Anlagenstandorten verlegt.

Von 30 auf 110 Kilovolt

Nowack rechnet in diesen Tagen auch mit der Genehmigung für das Umspannwerk. Dessen Bau soll dann nächste Woche starten. Dort wird der erzeugte Strom von der Windparkspannung 30 auf 110 Kilovolt hochtransformiert – die Spannung der Hochspannungsleitung des Verteilnetzes, die am Windpark vorbeiführt, um ihn dort einspeisen zu können. Dieses Umspannwerk wird übrigens nicht die Dimensionen annehmen, wie das, was der Übertragungsnetzbetreiber Tennet für den Raum Schladen/Liebenburg plant. Dort sind es rund 20 Hektar, die benötigt werden – das entspricht fast 30 Fußballfeldern. Im Windpark entsteht es auf einer Fläche von 15 mal 15 Metern, so Nowack.

Ganz klar: Windparks stellen einen Eingriff ins Landschaftsbild dar. Neuenkirchens Gotteshaus wirkt geradezu winzug im Vergleich zu den Anlagen, die das Dorf im Hintergrund überragen.

Ganz klar: Windparks stellen einen Eingriff ins Landschaftsbild dar. Neuenkirchens Gotteshaus wirkt geradezu winzug im Vergleich zu den Anlagen, die das Dorf im Hintergrund überragen. Foto: Gereke

Der Bau des Windparks schreitet voran – noch nichts Neues gibt es allerdings in Sachen Betrieb der Anlagen. Mit der Baugenehmigung ergingen seitens der Genehmigungsbehörde Abschaltauflagen zum Schutz für Fledermäuse und Rotmilan. „Erst ab bestimmten Windstärke dürften einige Anlagen laufen. Wir bräuchten dafür schon starken Wind, ansonsten stünden die Anlagen im Frühjahr und Sommer sowohl tags, als auch nachts still“, erzählt Nowack. Gegen diese Auflage habe Ebert-Energie Widerspruch eingelegt. „Sie beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit des Projekts und entsprechen auch nicht neueren, in Berlin erlassenen Gesetzesvorgaben zum Ausbau der Windkraft“, erläutert Nowack. Vor anderthalb Jahren sei der Einspruch erfolgt – eine Entscheidung dazu gebe es aber noch nicht. Gespräche unter Beteiligung des Umweltministeriums in Hannover sollen folgen, so Nowack.

Installierte Leistung beträgt 62 Megawatt

Die Planungen für den Windpark Beuchte begannen bereits 2011. Die Regionalplanung zu den Windvorrangflächen, die das Areal zwischen Beuchte, Schladen und Wehre schließlich als Potenzialfläche auswies, sorgte jedoch für lange Verzögerungen, ehe 2019/20 der Start des Genehmigungsverfahrens erfolgte. „Insgesamt waren etwa 30 Gutachten notwendig. Neben obligatorischen zu Schall-, Schatten-, Risiko- und Landschaftsbildbewertung alleine 15 naturschutzfachliche – zu Fledermäusen, Rotmilan, Hamster, Brutgebieten oder Biotopen“, so der Bauleiter. Nach Erteilung der Genehmigung erfolgte schließlich im Oktober vergangenen Jahres der symbolische erste Spatenstich.

Die untere Hälfte der Anlagen bilden Betontürme, die derzeit an anderer Stelle des Windparks noch wie Stümpfe in den Himmel ragen.

Die untere Hälfte der Anlagen bilden Betontürme, die derzeit an anderer Stelle des Windparks noch wie Stümpfe in den Himmel ragen. Foto: Gereke

Insgesamt zehn Windenergieanlagen des Typs Vestas V-162 6.2 entstehen. Die Zahl 162 bezeichnet dabei den Rotordurchmesser in Metern – insgesamt werden die Anlagen eine Höhe von 250 Metern haben. Sechs Anlagen entstehen nördlich der Bundesstraße 82, vier südlich davon. Mittelfristig sollen südlich der B 82 zudem noch zwei weitere Anlagen gebaut werden, sodass der Windpark insgesamt zwölf Anlagen umfassen soll. Für die Anlagen elf und zwölf läuft das Genehmigungsverfahren.

Die installierte Leistung der Anlagen, die errichtet werden, beträgt 62 Megawatt – bei Beuchte könnte damit in einem Jahr so viel Strom erzeugt werden, wie eine Stadt wie Wolfenbüttel mit mehr als 50.000 Einwohnern in drei Jahren verbraucht. Das Projekt hat ein Investitionsvolumen von rund 100 Millionen Euro und soll zu einem Bürgerwindpark weiterentwickelt werden.

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