Windräder und Welterbe: Passt das zusammen?

Platz wäre da – doch nicht jeder hält das Gelände der ehemaligen Sprengstofffabrik Werk Tanne für geeignet. Foto: Knoke, Pleul/dpa
Entschieden ist zwar noch nichts, in Clausthal-Zellerfeld wird trotzdem schon viel über die Windkraft-Pläne für Werk Tanne diskutiert. Wie verhält sich eigentlich die Unesco zum Thema Windräder im Welterbe? Geht das überhaupt?
Clausthal-Zellerfeld/Paris. Windräder im Oberharz: Das wird aktuell heiß diskutiert, wenngleich die Vorbereitungen noch ziemlich weit am Anfang stehen. Die Bürgerinitiative für einen lebenswerten Oberharz etwa wehrt sich wie berichtet gegen den Standort auf dem Gelände der ehemaligen Sprengstofffabrik Werk Tanne. Aus vielerlei Gründen, auch aus Sorge um den Welterbe-Status. Aber was sagt eigentlich die Unesco zum Thema Windkraft?
Komplexe Lage
Die kurze Antwort ist vermutlich der Lieblingssatz vieler Juristen: Es kommt drauf an. Die lange Antwort steht im Leitfaden für Windenergie-Projekte im Welterbe-Kontext. Und das Schreiben offenbart auch, dass die Lage deutlich komplexer ist, als von der Bürgerinitiative angenommen. Die schreibt auf ihrer Internetpräsenz unter anderem: „Indirekt schädigen die Windkraftanlagen zudem das Gesamtensemble der Pfauenteichkaskade und somit die Erlebbarkeit dieser montanhistorisch einzigartigen Bauwerke. Eine Aberkennung des Unesco-Welterbe-Status wäre die Folge.“
Im Welterbe Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal hatte die Unesco sich vor gut zehn Jahren tatsächlich vehement gegen die Änderung eines Flächennutzungsplans ausgesprochen, die den Bau von Windrädern hätte ermöglichen sollen – erfolgreich, die Windkraftpläne scheiterten.

Die Fläche der ehemaligen Sprengstofffabrik Werk Tanne als möglicher Standort für Windräder ist umstritten. Foto: Neuendorf/Archiv
Klimawandel und Verantwortung
Das aber ist keineswegs ein Automatismus, auch die Rahmenbedingungen haben sich seitdem zumindest erweitert. Denn der Leitfaden für Windenergie-Projekte von der Unesco ging erst aus den Ergebnissen einer Fachtagung im Jahr 2020 hervor. Das Dokument bekräftigt angesichts des Klimawandels eine grundsätzliche Notwendigkeit, dass auch die Welterbestätten klimabezogene Verantwortung übernehmen müssten. „Kultur und Erbe spielen eine zentrale Rolle beim Verständnis der Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels sowie bei der Entwicklung von Lösungen“, heißt es darin.
„Der Beitrag des Kulturerbes zur Bewältigung des Klimawandels ist insbesondere im Kontext der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Natur von Bedeutung.“ Eine 180-Grad-Wende? Mitnichten.
Sorgfältige Planung
Im Leitfaden betonen die Autoren den außergewöhnlichen und einzigartigen Wert jeder Welterbestätte. „Daher müssen Projekte sorgfältig geplant und umgesetzt werden, um negative Auswirkungen auf Authentizität und Integrität der Stätten zu vermeiden“, heißt es weiter. Ob und in welcher Form Windräder negative Auswirkungen haben, müsse im jeweiligen Kontext von Fall zu Fall betrachtet werden. „Für manche Stätten kann bereits eine einzige Windkraftanlage problematisch sein, für andere kann ein Windpark außerhalb der Grenzen der Stätte mit Rücksicht auf Schutz- und Managementanforderungen möglich sein.“ Ohnehin müsse vorab geprüft werden, welche Auswirkungen der Bau von Windrädern haben könnte.
Das gilt im Übrigen nicht nur für den Welterbe-Status. Um ein Windpark-Vorhaben wie das auf Werk Tanne umzusetzen, müssen etliche Fragen geklärt und Gutachten eingeholt werden, bevor es überhaupt richtig losgehen kann. Fix ist zum aktuellen Stand also noch nichts, auch wenn sich die Petition der Bürgerinitiative ein wenig so anhören mag.
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