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Vor dem Landgericht Braunschweig

GZ Plus IconFrau geschlagen und getreten: War es versuchter Totschlag?

Der Angeklagte spricht im Gerichtssaal mit seiner Anwältin Geraldine Wille-Laaß.

Der Angeklagte spricht im Gerichtssaal mit seiner Anwältin Geraldine Wille-Laaß. Foto: Klengel

Er hat seine Lebensgefährtin geschlagen, getreten und dabei mit dem Handy gefilmt. Jetzt muss sich ein 37-jähriger Mann, der in Braunlage lebt, vor dem Landgericht Braunschweig dafür verantworten. Am Mittwoch hat der Prozess begonnen.

Von Corina Klengel Donnerstag, 02.10.2025, 18:00 Uhr

Braunlage/Braunschweig.. Hätte er aufgehört, wenn die Polizei nicht gekommen wäre? Ein 37-jähriger Mann, der in Braunlage lebt, soll seine Lebensgefährtin geschlagen, getreten, ihr die Schnapsflasche über den Kopf gehauen haben und muss sich wegen dieser Taten seit Mittwoch vor dem Landgericht in Braunschweig wegen versuchten Totschlags verantworten.

Zentrale Frage bei dem Urteil ist offenkundig, ob der Angeklagte wegen des Eintreffens der Polizei damit aufhörte, auf die Frau einzuschlagen oder sein Vorhaben bewusst aufgab.

Im August hatte sich bereits das Schöffengericht Clausthal-Zellerfeld mit den Taten des Mannes befasst, dem vor zwei Monaten mehrere Körperverletzungsdelikte zum Schaden seiner Freundin vorgeworfen wurden. Eine dieser Auseinandersetzungen hatte der Angeklagte gefilmt. In diesem Handyvideo war zu sehen, wie der Braunlager auf eine inmitten von Möbeltrümmern liegende Frau eintritt. Dabei war der Satz zu hören: „Ich werde sie tottreten!“ Damit stand ein versuchter Totschlag im Raum und die Schöffenkammer verwies das Verfahren an das Landgericht Braunschweig.

Polizeibeamte angespuckt

In der Löwenstadt begann am Mittwoch vor der neunten Strafkammer der erneute Prozess gegen den 37-Jährigen. Die vorgeworfenen Taten zogen sich vom September 2024 bis zum April dieses Jahres hin.

In diversen Fällen soll der Angeklagte seiner Freundin mit der Faust ins Gesicht geschlagen, sie getreten und sogar mit einer Schnapsflasche auf den Kopf gedroschen haben, heißt es. Bei einigen der angeklagten Tätlichkeiten verletzte er auch Polizeibeamte. Es habe zudem zahlreiche Drohungen, Beleidigungen und sogar Spuckattacken gegeben, von denen mehrere Polizeibeamte an diesem Tag berichteten.

Die gefährliche Körperverletzung durch die Fußtritte, die auch dieses Verfahren dominieren, klagte Staatsanwalt Ulrich Weiland vorerst als gefährliche Körperverletzung und als eine, das Leben gefährdende Behandlung an.

Der seit langen Jahren alkohol- und drogenabhängige Angeklagte gestand die Taten, soweit er sich an das Geschehen erinnern konnte. Seit sechs Jahren führe er mit der Geschädigten eine On-Off-Beziehung, die er selbst als „toxisch“ bezeichnete. Im Tatzeitraum hätten er und auch die Geschädigte täglich jeweils eine Flasche Wodka getrunken. Zudem konsumierte der Angeklagte noch Drogen.

„Wir haben uns in dieser Zeit viel und heftig gestritten“, berichtete der 37-Jährige. Oft habe die Polizei anrücken müssen. Am Abend des 8. Januar habe es dann ein Versöhnungsessen in seiner Braunlager Wohnung geben sollen, erklärte er weiter. Doch die anfangs gute Stimmung kippte, als seine Freundin ihm eröffnete, sie habe eine Speicherkarte, die ihn für lange Zeit ins Gefängnis bringen werde.

„Ich hab nur noch rot gesehen“, meinte der Angeklagte und gab zu, seine Freundin zu Boden gestoßen und getreten zu haben. Mit Wanderschuhen habe er ihr immer wieder ins Gesicht getreten. Gefilmt habe er das Ganze, weil sie ihn mit der Speicherkarte habe erpressen wollen, so der 37-Jährige.

Nicht nachgedacht

In besagtem Handyvideo schrie der Angeklagte völlig außer sich, dass er seine Freundin tottreten wolle. Nun reiche aber eine in Rage geäußerte Tötungsabsicht nicht aus, um einen gerichtsfesten Vorsatz zu zementieren, zumal der 37-Jährige Ähnliches mehrfach verkündete, hieß es vor Gericht. Seine Aussage vor der Schöffenkammer vor zwei Monaten erweckte den Eindruck, dass er die Frau tatsächlich habe töten wollen und nur durch das Eintreffen der Polizei daran gehindert wurde.

Damals sagte der Mann: „Es war gut, dass die Polizei kam. Sie hätte sterben können.“ Derart ungeschickte Äußerungen fielen am Mittwoch nicht mehr. Vor der Schwurgerichtskammer bestritt er die Tötungsabsicht. Er habe einfach nicht darüber nachgedacht, dass er einen Menschen mit solchen Tritten so schwer verletzen könne.

Dokumentiert ist, dass der Angeklagte das Filmen irgendwann einstellte. Danach wirkte er nach eigener Aussage auch nicht mehr auf sein Opfer ein. Nachbarn hatten wegen des Lärms die Polizei gerufen, die schließlich Einlass forderte. Der Angeklagte ließ die Beamten herein. Die Frage ist nun: Hinderte ihn das Eintreffen der Polizei an der Fortsetzung seines Tuns, oder gab er sein Vorhaben bewusst auf. Letzteres könnte für einen strafbefreienden Rücktritt von der Tötungsabsicht sprechen, erläuterte Staatsanwalt Weiland gegenüber der GZ. Vieles werde nun von der Aussage der Geschädigten abhängen, die zum Prozess in Clausthal-Zellerfeld nicht erschien.

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