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Unterirdischer Wasserschaden in Kita

GZ Plus IconEine ganze Büroetage für die Kinder von St. Benno

Die Kita St. Benno ist im Übergangsquartier bei XXXLutz und profitiert von den großen Fensterflächen. Vor dem Gebäude wurde eigens eine Fluchttreppe installiert.

Die Kita St. Benno ist im Übergangsquartier bei XXXLutz und profitiert von den großen Fensterflächen. Vor dem Gebäude wurde eigens eine Fluchttreppe installiert. Foto: Kempfer

Der Druckabfall der Heizungsanlage war das erste Warnsignal. Bald war klar: Die Kita St. Benno hat Lecks in Leitungen und ein unterirdisches Wasserproblem. Bis das gelöst ist, residieren die Kids in einer Büroetage von XXXLutz – Helfer in der Not.

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Von Sabine Kempfer
Donnerstag, 19.12.2024, 18:00 Uhr

Goslar. Dem Bürogebäude in der Liebigstraße sieht man nicht an, was sich hinter seinen Mauern verbirgt. Wer Hinweise sucht, findet bunt beklebte Fenster in der oberen Etage. Auch am Eingang weist nichts darauf hin, dass dort, wo einmal wichtige Entscheidungen der Tescom vorbereitet wurden, heute eine Kita mit 60 Kindern Einzug gehalten hat – vorübergehend.

In der Liebigstraße 15 heißt inzwischen der Möbelriese XXXLutz seine Besucher willkommen, der im Oktober 2023 Schulenburg übernahm; allerdings sind noch nicht alle Etagen bezogen. Zum Glück für die Kita St. Benno, die dringend ein Notquartier suchte – und es auf Vermittlung der Tescom und Geschäftsführer Holger Holste bei XXXLutz im Obergeschoss gefunden hat.

Davon, dass sich die Kinder bei XXXLutz wohlfühlen, überzeugen sich Andreas Pleyer und Möbelhausleiter Markus Winterberg; Tanja Hunger und Kita-Leiterin Sabine Olberts haben noch Kinderstühlchen ergattert.

Davon, dass sich die Kinder bei XXXLutz wohlfühlen, überzeugen sich Andreas Pleyer und Möbelhausleiter Markus Winterberg; Tanja Hunger und Kita-Leiterin Sabine Olberts haben noch Kinderstühlchen ergattert. Foto: Kempfer

Die mittlere Etage ist frei, was Kita-Leiterin Sabine Olberts nicht schlecht finden kann; so sind in den ersten zwei Wochen seit Einzug der Kinder jedenfalls noch keine Beschwerden über Lärmbelästigung an ihre Ohren gedrungen. Innerhalb kurzer Zeit war die klassisch funktional-nüchterne Büroetage mit großzügigen 500 Quadratmetern in einen bunten Kita-Bereich umgewandelt worden, in dem die Pädagoginnen jetzt sogar ein neues Konzept mit Funktionsräumen ausprobieren können, weil die Örtlichkeit die Möglichkeiten bietet.

Fußboden durchfeuchtet

Der Umzug in ein Ersatzquartier war nötig geworden, weil in der Kita St. Benno in Jürgenohl der Fußboden hochgenommen werden muss. Der ist laut Tanja Hunger von der Caritas, seit anderthalb Jahren neuer Betreiber der Kita neben der katholischen Kirche, durchfeuchtet. Wieso, das ist die große Frage, die es zu klären gilt, bevor die Ursachen abgestellt werden können. Glück im Unglück ist vielleicht die frühzeitige Entdeckung – es gibt noch keine Schimmelspuren. Wäre der Schaden lange unbemerkt geblieben, „hätten wir die Planierraupe bestellen können“, sagt Caritas-Geschäftsführer Andreas Pleyer. Dieses Schicksal bleibt St. Benno durch die frühzeitige Schadensbegrenzung nun hoffentlich erspart.

Suche nach Ursachen

Das in der Kita etwas nicht stimmt, war durch einen Druckabfall in der Heizung aufgefallen, berichtet Hunger. Eine Überprüfung ergab, dass zwei der alten Heizungsrohre leckten – sie waren bei der umfangreichen energetischen Sanierung 2017 noch nicht mit erneuert worden. Gibt es weitere Schadstellen? Eine gute Frage: „Der Fußboden ist großflächig durchfeuchtet“, erklärt Hunger, der Untergrund habe sich vollgesaugt – und die Kita ist ein Fachwerkbau. Da die Bodenplatte von St. Benno Richtung Fliegerhorst abfalle, müsse dort, wo sich das Wasser sammele, aber nicht das Leck sein. Schadensbegutachtung, Ursachenforschung und Reparaturen seien bei laufendem Kita-Betrieb unmöglich. „Der Sachverständige der Versicherung hat uns mitgeteilt, dass wir rausmüssten“, sagt Hunger.

Suche nach Übergangsquartier

Als das klar war, war guter Rat teuer. Der Zeitpunkt war denkbar ungünstig: Wie massiv der Schaden ist, war erst vier Tage vor Beginn des neuen Kita-Jahres klar. „Das war für alle ein schlechtes Timing“, erläutern Hunger und Pleyer, die Aufregung bei den Eltern war groß. Hunger räumt anfängliche Versäumnisse in der Kommunikation mit den Eltern ein. Seitdem werde der Elternbeirat regelmäßig informiert, Elternabende veranstaltet: „Das passiert uns nicht noch mal“, verspricht Hunger. Die Kinder, die neu angemeldet worden waren, wurden auf andere Kitas verteilt. Die Caritas gab Gas und trat die Flucht nach vorne an. Während der Kita-Betrieb normal weiterlief, wurde ihr gesamtes Netzwerk aktiviert – die Suche nach alternativen Räumlichkeiten begann.

Genug Platz für viele Funktionsräume: St. Benno kann auf diese Weise gleich ein neues Konzept ausprobieren, das nicht mit festen Gruppen, sondern mit Themenschwerpunkten arbeitet.

Genug Platz für viele Funktionsräume: St. Benno kann auf diese Weise gleich ein neues Konzept ausprobieren, das nicht mit festen Gruppen, sondern mit Themenschwerpunkten arbeitet. Foto: Kempfer

Die neun Krippenkinder kamen letztendlich im benachbarten Gemeindehaus unter, das schon einmal als Notquartier gedient hatte. Da sich die Auflagen für den Betrieb von Kitas und Krippen in den letzten Jahren jedoch verschärft haben, musste alles neu durchdacht, überprüft und ein Nutzungsänderungsantrag gestellt werden.

Beschleunigtes Verfahren

Dass sich für die 60 Kita-Kinder, drei Gruppen, ein Notquartier in der Liebigstraße gefunden habe, sei ein großes Glück, sagt Hunger. Als sie das Gebäude in Augenschein genommen hatte, „gab es kein Halten mehr“. In den ersten anderthalb Jahren, in denen die Kita zur Caritas gehört, hat sich die Kita-Fachkoordinatorin längst als „Konfliktmanagerin“ bewährt. „XXXLutz war der Retter in der Not“, betont sie. Zunächst musste bei der Stadt Goslar ein Bauantrag gestellt werden, die half mit einem beschleunigten Verfahren.

Platz und Equipment zum Toben gibt es auch.

Platz und Equipment zum Toben gibt es auch. Foto: Kempfer

Und natürlich mussten vor dem Einzug auch in der Liebigstraße Auflagen erfüllt und die gesamte Büroetage kindgerecht umgestaltet werden; mit erheblichen Kosten. Ohne heimische Firmen, die sofort zur Stelle waren, und das Bauleitungsteam, bestehend aus Axel Rusack und Steffen Ebert, wäre das alles nicht machbar gewesen, ist sich Tanja Hunger sicher. Eine Fluchttreppe wurde an die Fassade angebaut, neue Sanitärbereiche für die Kinder geschaffen; kommen Dinge wie Klemmschutz an Fenstern und Türen, Kindersicherungen und manches mehr hinzu, erläutert Pädagogin Sabine Olberts später beim Rundgang vor Ort. Mit ihr sind 13 Kolleginnen an die Liebigstraße gezogen. Das Landesjugendamt habe sich sehr kooperativ gezeigt, sagt Tanja Hunger: „Aber um die gesetzlichen Auflagen kommen wir nicht herum.“

90.000 Euro kostete die Kita ihr Notquartier, das sie laut Vertrag mit XXXLutz zunächst bis Ende März mietfrei nutzen darf. Auch eine theoretisch zu bespielende Außenfläche von gut 300 Quadratmetern gehört dazu. Am Ende muss alles wieder zurückgebaut werden.

Höfe halfen beim Umzug

Auf der Suche nach den Ursachen für die Nässe im Boden der Kita St. Benno: Bauleiter Axel Rusack.

Auf der Suche nach den Ursachen für die Nässe im Boden der Kita St. Benno: Bauleiter Axel Rusack. Foto: Privat

Ende November musste der Kita-Betrieb für eine Woche eingestellt werden, um mithilfe der Höfe-Mitarbeiter und vieler Ehrenamtlicher den Umzug zu bewältigen – eine Mammutaufgabe auch für Haustechniker Ronny Köhler. Was an Kindermöbeln nicht mit ins Übergangsquartier wanderte, wurde bei den Höfen eingelagert. Am 2. Dezember ging die Kita in der Liebigstraße gegenüber dem Deko-Markt in Betrieb. Wer keine Chance hat, sein Kind dorthin zu bringen, kann einen Fahrservice nutzen.

Dort, wo einmal die Köpfe der kaufmännischen Geschäftsführung der Tejo-Holding rauchten, toben heute Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren – das finde er gut, sagt Markus Winterberg, der sich freut, dass alles so gut geklappt hat: „Da sind wir Vertriebler. Das muss funktionieren.“ Man arbeite lösungsorientiert. Von Tessner bis zu Lutz: „Wir ziehen alle an einem Strang.“

Als er vor zwei Monaten durch die Etage ging, habe er „nicht einen Mucks“ gehört, erinnert sich Winterberg. Stille. Heute: Leben. „Die Kinder standen immer im Vordergrund“, sagt Hunger. Winterberg erinnert sich noch, wo die Mitarbeiter bei der Umstellung von Schulenburg auf Lutz in der EDV geschult wurden – dort sei jetzt die Kindergarderobe. Und wo einst der Controllingchef die Unternehmenszahlen zählte, darf der Nachwuchs mal so richtig relaxen, denn im Ruhebereich werden allenfalls Tonieboxen aktiviert.

Die Kita St. Benno ist im Übergangsquartier bei XXXLutz und profitiert von den großen Fensterflächen. Vor dem Gebäude wurde eigens eine Fluchttreppe installiert.

Die Kita St. Benno ist im Übergangsquartier bei XXXLutz und profitiert von den großen Fensterflächen. Vor dem Gebäude wurde eigens eine Fluchttreppe installiert. Foto: Kempfer

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