Bad Harzburg: Neues Gewerbegebiet soll jetzt doch schnell kommen

Auf der Fläche links der Kreisstraße 46 soll der neue Abschnitt des Gewerbegebiets entstehen. Die Kosten für Grundstücke werden dort höher sein als die 18 Euro pro Quadratmeter im alten Abschnitt – hier zu sehen auf einer Werbetafel. Foto: Schlegel/GZ-Archiv
Die Stadt Bad Harzburg vollzieht eine Kehrtwende: Im August hieß es noch, für die Gewerbeflächen nördlich der K46 gebe es keine Interessenten. Nun soll das Gebiet trotzdem so schnell wie möglich erschlossen werden – um noch Fördermittel zu erhalten.
Bad Harzburg. Nun gibt es auf einmal doch wieder Bewegung, was die Erschließung des Bad Harzburger Gewerbegebiets Nord II angeht: Unter Enthaltung der Ratsgruppe SPD/FDP/Wählergemeinschaft hat sich der Bauausschuss am Dienstag diesbezüglich für eine überplanmäßige Ausgabe von rund 2,3 Millionen Euro ausgesprochen. Dabei entflammte eine zeitweise leidenschaftliche Diskussion.
Die Grundstücke im ersten Abschnitt des Gewerbegebiets, direkt angrenzend an die Bundesstraße 6, sind mittlerweile alle verkauft. Deshalb sollen nun die Flächen nördlich davon erschlossen werden. Heißt: Es müssen zunächst eine Zufahrts- sowie Querstraßen gebaut und natürlich auch entsprechende Leitungen verlegt werden. Dafür hat die Stadt Fördermittel über die NBank beantragt und bereits im Jahr 2022 einen Zuschuss in Höhe von knapp 2,5 Millionen Euro bewilligt bekommen.
Plötzlich Kehrtwende
Der Förderzeitraum ist allerdings begrenzt. Schon einmal und nur dank „eines Riesenkraftakts“ habe man ihn verlängern können, berichtete während der Sitzung Bau- und Ordnungsamtsleiter Tobias Brandt. Ein weiteres Mal sei dies nicht möglich. Das sei der Verwaltung aber bislang nicht bewusst gewesen, gab er zu. Stand jetzt muss die Stadt das Gewerbegebiet Nord II bis Ende 2026 erschlossen haben, um die besagten Fördermittel der NBank zu erhalten. Dafür muss sie das Geld für die Erschließung erst einmal vorstrecken – etwas mehr als 2,3 Millionen Euro. Eine im städtischen Haushalt nicht eingeplante Ausgabe, über die deshalb nun beraten und abgestimmt werden musste. Finanziert werden soll das Vorhaben mit jenem Geld, das für Projekte vorgesehen war, die in diesem Jahr definitiv nicht mehr begonnen werden, beispielsweise der Ausbau der Straße Am Breitenberg.
Die Erschließung des Gewerbegebiets Nord II hat bereits eine lange Geschichte voller Diskussionen und Beschlüsse. Lange ungeklärt blieb unter anderem die Frage nach der Entwässerung des mehr als 130.000 Quadratmeter großen Areals. Die konnten Stadt und ansässige Landwirte mittlerweile immerhin untereinander klären. Erst im August hatte Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms, der während der Sitzung am Dienstag selbst nicht anwesend war, jedoch noch davon gesprochen, dass es derzeit keine Interessenten für die Gewerbegrundstücke gebe. Der Zug sei also erst einmal abgefahren, hieß es damals. Nun also Kehrtwende seitens der Verwaltung.
„Wir haben Fragen“
Michael Riesen, Vorsitzender der Ratsgruppe SPD/FDP/Wählergemeinschaft, kam sich deshalb vor, als sehe er einen Film im Zeitraffer. „Das kommt jetzt sehr überraschend“, sagte er. Sein Parteigenosse Henning Franke pflichtete ihm bei: „Wir haben einen Bürgermeister, der seit Ewigkeiten hier rumläuft und sagt, wir hätten kein Geld“, ärgerte er sich. Und nun auf einmal sollten mehr als zwei Millionen Euro locker gemacht werden für ein Projekt, von dem nicht klar sei, ob es auch Erfolg haben wird.
Die SPD-geführte Gruppe fühle sich von der Verwaltung nicht ausreichend abgeholt und informiert, hieß es. Man habe Fragen, etwa, welche Interessenten denn bereits abgesprungen seien. Man sei keineswegs gegen das Projekt, unterstrichen Riesen und Franke, doch man müsse die geplante Ausgabe im Zusammenhang mit dem neuen Doppelhaushalt für 2025 und 2026 betrachten. Dieser läge Bad Harzburgs Politikern noch nicht vor. Und deshalb hätte das Thema doch besser im Finanzausschuss Ende November anstatt jetzt im Bauausschuss besprochen werden sollen, so Riesen und Franke. Die SPD-Gruppe enthielt sich deshalb geschlossen der Abstimmung.
Straffer Zeitplan
„Wo nichts ist, können wir auch nichts anbieten“, hatten Ausschussmitglied Bernd Schilling und Julia Ruyling (beide CDU) dem entgegengesetzt. Amtsleiter Tobias Brandt, dem im Rathaus auch das Referat für Wirtschaftsförderung untersteht, pflichtete bei und flehte zeitweise regelrecht, das Vorhaben jetzt nicht weiter zu bremsen. „Gerade in schwierigen Zeiten ist es die Aufgabe, nach vorne zu schauen und Strategien zu entwickeln“, betonte er. Die Erschließung des Gewerbegebiets Nord II sei eben jene Strategie.
Es handle sich um ein „ganz wertvolles Gebiet“, auf dem Flächen für 40 Euro pro Quadratmeter verkauft werden könnten. Zum Vergleich: Im Gewerbegebiet Nord I waren es 18 Euro pro Quadratmeter. Man müsse in Betracht ziehen, welchen Mehrwert die Stadt davontrage: zum einen die Einnahmen durch den Flächenverkauf, zum anderen jene durch Gewerbesteuer. Nur weil Firmen aktuell ihr Geld zurückhalten würden, hieße das ja nicht, dass sie es nicht irgendwann doch in einen Grundstückskauf in Bad Harzburg investieren.
Die übrigen Ausschussmitglieder folgten Brandts Argumenten und sprachen sich ohne Gegenstimme für die überplanmäßige Ausgabe aus. Dennis Kronjäger (Grüne) lobte die Verwaltung für ihre Bemühungen.
Nun muss sich die Stadt beeilen: Noch im November soll es eine Ausschreibung geben, um eine Firma für den Straßen- und Kanalbau zu gewinnen. Dabei soll es sich um einen Generalunternehmer handeln. Dann solle ein weiteres Mal über die Bebauungspläne gesprochen werden, so Brandt.