Mordprozess: Zeugen schildern Horrorbilder der Tatnacht in Oker
Der 50-jährige Angeklagte bestreitet den Mord an seiner Frau in ihrem Okeraner Wohnhaus. Der Prozess am Braunschweiger Landgericht läuft noch mindestens bis Mitte Dezember. Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Am vierten Tag des Mordprozesses schildern Einsatzkräfte und ein Brandexperte die Umstände des Feuers, bei dem die Ehefrau des Angeklagten starb.
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Mordprozess Oker
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Staatsanwalt Ulrich Weiland wirft dem 50-jährigen Angeklagten vor, seine im Bett liegende Ehefrau mit Benzin übergossen und angezündet zu haben. Die Frau starb noch am selben Tag. Bei Eintreffen der Rettungskräfte lag das Opfer von einer Menschentraube umringt auf der Wiese vor dem Mehrfamilienhaus im Müllerkamp, vier Meter unterhalb ihres Schlafzimmerfensters.
Wer hat das Fenster geschlossen?
„Das Fenster war definitiv zu“, sagte einer der Feuerwehrmänner. Weitere Kollegen bestätigten dies. Die Frage, ob die brennende Frau aus Panik hinausgesprungen oder gefallen war, oder gar gestoßen wurde, konnte bislang nicht geklärt werden. Doch stellt sich die entscheidende Frage: Wer schloss das Fenster, nachdem die Frau hinuntergestürzt war? Ihr Mörder?
Der Brandsachverständige Sebastian Herrgesell, der den Tatort mehrfach untersuchte, vermochte aus den massiven Brandspuren im Schlafzimmer und der fehlenden Rußfahne an der Hauswand oberhalb des Schlafzimmerfensters herauslesen, dass das Fenster in der Brandphase geschlossen war. Das Opfer sei so stark mit Benzin getränkt gewesen, dass man den Geruch noch später deutlich dort wahrnehmen konnte, wo das Opfer gelegen habe.Prozess in Braunschweig startet
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Das Ergebnis einer Bodenprobe bestätigte später den Geruchssinn des Sachverständigen. Brandmuster im Schlafzimmer hätten gezeigt, dass jemand etwa einen halben Liter Benzin auf das Bett gekippt hatte und noch einmal so viel in einer Spur vom Bett bis zur Zimmertür. Von dort habe jemand das Benzin mit einer offenen Flamme entzündet, erklärte der Sachverständige. Durch das Anzünden, welches unmittelbar nach dem Ausbringen des Brandbeschleunigers erfolgte, sei es zu einer Verpuffung gekommen und das Feuer habe sich sehr schnell ausgebreitet.
Feuer durch Zigarette verursacht?
Der Angeklagte bestreitet die Tat und äußerte die Vermutung, dass die schwerbehinderte Tochter das Benzin verteilt haben könnte, welches dann von der im Bett rauchenden Mutter entfacht worden war. Dieser Theorie erteilte Herrgesell eine Absage. Eine Zigarette erreiche in der Regel nicht die notwendige Zündtemperatur. Außerdem würde sich eine mit Benzin getränkte Frau wohl kaum eine Zigarette anzünden. Die Benzinspur zwischen Bett und Zimmertür rühre auch nicht von versehentlichem Tröpfeln hin, dafür sei zu viel vergossen worden.
Ob die schwerbehinderte Tochter des Angeklagten Streichhölzer oder ein Feuerzeug bedienen kann, wurde von deren Bruder am Vortag entschieden verneint. Herrgesell wies darauf hin, dass die Zimmerluft bereits von entzündlichem Gas erfüllt war. Derjenige, der das Feuer entzündet habe, müsse selbst Spuren davongetragen haben. Der Angeklagte hatte bei seiner Festnahme angesengte Stirnhaare und Augenbrauen, verletzte Fußsohlen, jedoch keine Verletzungen an den Händen.
Die verheerenden Folgen für das Opfer wurden besonders deutlich, als ein Feuerwehrmann berichtete, dass er mit einer Wärmebildkamera mit Temperaturanzeige durch die Wohnung gegangen sei. Nicht nur Decke und Wände des Schlafzimmers, auch der Platz auf der Wiese habe kurz nach dem Abtransport des Opfers 70 Grad betragen.
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