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Mordprozess Oker

GZ Plus IconAngeklagter weist Vorwürfe zurück und überrascht mit Aussage

Der Angeklagte wird von zwei Justizbeamten in den Verhandlungssaal des Braunschweiger Landgerichts geführt.

Der Angeklagte (r.) wird von zwei Justizbeamten in den Verhandlungssaal geführt. Am zweiten Prozesstag hat er sich zur Tat geäußert. Foto: Klengel

Im Mordprozess um den Feuertod seiner Frau in Oker hat der 50-jährige Angeklagte überraschend ausgesagt. Auf wen er den Tatverdacht gelenkt hat.

Von Corina Klengel Freitag, 07.11.2025, 18:00 Uhr

Braunschweig/Oker. Am zweiten Verhandlungstag im Mordprozess gegen den 50-jährigen Syrer, dem vorgeworfen wird, seine schlafende Frau in ihrem Wohnhaus in Oker mit Brandbeschleuniger übergossen und angezündet zu haben, überraschte der Angeklagte alle Prozessbeteiligten mit seiner Bereitschaft auszusagen.

Er sei von dem Geschehen genauso überrascht gewesen, wie alle Familienmitglieder, ließ der 50-Jährige über seinen Rechtsanwalt Matthias Jochmann verlauten.

Was als Verteidigererklärung begann, wurde zu einer gut zweistündigen Aussage, in der der Angeklagte alle Vorwürfe abstritt. Stattdessen lenkte er den Tatverdacht auf seine schwerstbehinderte Tochter. Die habe schon früher gezündelt, was er durch Handyvideos beweisen könne.

Laut Anklage soll der 50-Jährige seine schlafende Frau im Mai mit einem Gemisch aus Grillanzünder und Benzin übergossen und angezündet haben. Die vierfache Mutter sprang oder fiel aus dem Fenster auf eine Rasenfläche, wo sie weiter brannte. Der älteste Sohn entdeckte seine Mutter und löschte die Flammen. Die schwerverletzte Frau soll ihrem Sohn bei dieser Gelegenheit gesagt haben, dass der Angeklagte dafür verantwortlich sei. Das gab der Sohn an die eintreffenden Polizeibeamten weiter, die den 50-Jährigen daraufhin festnahmen. Die Frau starb später im Krankenhaus an ihren Verletzungen.

Angeklagter schildert die Dinge völlig anders

Der Angeklagte schilderte den Abend ganz anders. Es habe viel Aufregung wegen der behinderten Tochter gegeben, die lange nicht zur Ruhe gekommen und in der Wohnung herumgelaufen sei. Der Angeklagte habe im Gästezimmer geschlafen. Irgendwann hätten ihn Geräusche geweckt und er sei aufgestanden. Er habe seine Tochter an der Schlafzimmertür stehend vorgefunden. Durch den Spalt habe er gesehen, dass das Zimmer, in dem seine Frau schlief, in Vollbrand gestanden habe. Er sei davon ausgegangen, dass sich seine Frau durch einen Sprung aus dem Fenster würde retten können. Daher habe er sich darum gekümmert, dass die Kinder geweckt wurden und die Wohnung verließen. Unten vor dem Haus habe er dann versucht, die sehr aufgeregte Tochter in sein Auto zu setzen, was aber nicht gelang.

Schwere Vorwürfe vom Sohn

Als er zum Haus zurückkehrte, habe ihn sein Sohn mit schweren Vorwürfen empfangen. Ein Polizist gab an, dass man den 50-Jährigen nach der Festnahme vor seinem sehr aufgebrachten Söhnen habe schützen müssen.

Die Rückfragen vonseiten der Strafkammer betrafen das Motiv der Tat. Staatsanwalt Ulrich Weiland geht von Eifersucht aus. Doch das bestritt der Angeklagte ebenfalls. Das mit der Eifersucht habe er sich ausgedacht, um seinen Schwager loszuwerden, der einen schlechten Einfluss auf seine Familie habe. Die Logik hinter dieser Aussage war jedoch nur schwer nachzuvollziehen, was durch diverse weitere Fragen deutlich wurde.

Benzin gegen Ameisenplage?

Die Frage, warum sich Benzin in der Wohnung befand, beantwortete der 50-Jährige mit einer Ameisenplage, die seine Frau damit bekämpfte. Bereits bei seiner ersten Vernehmung äußerte der Angeklagte gegenüber der Polizei, dass seine Tochter am Tatabend Benzin verteilt haben könnte. Dieses sei in Brand geraten, weil seine Frau im Bett geraucht habe.

Bei seiner Festnahme hatte der 50-Jährige eine vierstellige Geldsumme bei sich. Das Geld stamme aus dem Verkauf eines Schrebergartens, erklärte der Angeklagte dazu.

Tresor und Kameras im Kofferraum

Im Kofferraum seines Wagens fand man einen Tresor und Kameras, beides soll sich zuvor in der Wohnung befunden haben. Der 50-Jährige gab an, die Kameras stammten aus einer früheren Wohnung und hätten dazu gedient, die Tochter zu überwachen. In der Wohnung in Oker habe er sie nicht mehr angebracht. Seine Frau habe ihm aufgetragen, den Tresor und die Kameras wegzuschaffen.

Am Montag wird der Prozess fortgesetzt. An diesem Tag sind unter anderem die Aussagen der Söhne vorgesehen, sofern diese nicht von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Die Söhne sowie der Bruder der Verstorbenen treten jedoch als Nebenkläger auf, insofern sind Aussagen wahrscheinlich.

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