Landkreis Goslar nutzt Zuschüsse, um Löcher zu stopfen
Neue Schule, alte Aschenbahn: In der Goldenen Aue in Goslar treffen Welten aufeinander. Foto: Jörg Kleine
Der Landkreis Goslar muss bei Investitionen für Straßen und Schulen möglichst viele Fördertöpfe anzapfen. So wird das Geld verteilt.
Harz. Ebbe in der Kasse, aber überfällige Investitionen in die Infrastruktur: Die Kommunen in Deutschland stecken in der Klemme. Das gilt auch für den Landkreis Goslar, der die Lasten vor allem durch Fördermittel von Bund und Land abfedern will. Doch was kommt von den versprochenen Milliardenbeträgen tatsächlich in der Kasse des Landkreises an?
Schulen, Straßen, Sportanlagen und Katastrophenschutz – besonders darauf will der Landkreis die geförderten Projekte konzentrieren. Das reicht vom Sportgelände des Schulzentrums Goldene Aue in Goslar über neuen Asphalt auf Kreisstraßen bis zum Gabelstapler für die Katastrophenschutzhalle.
500 Milliarden des Bundes
Die von Bund und Land ausgerufenen Summen für Infrastruktur klingen gewaltig. Ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro (Schulden) hat die schwarz-rote Bundesregierung auf den Weg gebracht. 100 Milliarden davon sollen an Länder und Kommunen fließen. Der Anteil für Niedersachsen beläuft sich auf 9,4 Prozent, also 9,4 Milliarden Euro. Die Laufzeit beträgt zwölf Jahre, somit bis Ende 2026, doch kann die Umsetzung der Projekte bis 2042 reichen. Wie viel Geld davon in den Landkreis Goslar fließen wird, ist noch unklar.
640 Millionen des Landes
Hinzu kommt ein Topf mit 640 Millionen Euro, die das Land Niedersachsen aus früheren Haushaltsüberschüssen zur Verfügung stellt. „KIP 3“ heißt der Topf im politischen Fachjargon und meint „Kommunalinvestitionsprogramm“. Die Projekte können schon im laufenden Jahr begonnen haben und müssen spätestens Ende 2030 abgeschlossen sein.
4,7 Millionen für den Kreis
Die Zuschüsse aus „KIP 3“ für den Landkreis stehen bereits fest – rund 4,7 Millionen Euro. Davon fließen gut 3,1 Millionen Euro noch 2025, „der Restbetrag kann maßnahmenbezogen in den Folgejahren abgerufen werden“, heißt es im Kreishaus.
Ein Vorteil: Die Investitionen können komplett aus diesen Zuschüssen beglichen werden. Eine anteilige Finanzierung aus dem Etat des Kreises ist nicht erforderlich. Somit kann der Landkreis mit dem Geld das Schuldenwachstum zumindest dämpfen. Das ist bitter nötig, denn nach aktuellen Prognosen summiert sich das Defizit bis 2029 allein bei der Kreisbehörde auf rund 90 Millionen Euro.

Ortsausgang Oker in Richtung Harlingerode: Der Landkreis will im Straßenbau so viele staatliche Fördermittel wie möglich einsetzen. Foto: Jörg Kleine
Der Nachteil: Mit den Millionenbeträgen vom Land werden keine zusätzlichen Investitionen angeschoben, sondern bereits geplante Vorhaben umgesetzt.
Dabei gibt es noch weitere Fördertöpfe, aus denen der Landkreis schöpfen will: das „Startchancen-Programm“ (SCP) und Sondermittel zur „Sanierung kommunaler Sportstätten“.
Programme für Schulen
Beide Förderungen kommen vom Bund und zielen auf Schulen ab. Geld aus dem Startchancen-Programm des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt fließt dabei für Schulen mit hohem Anteil sozial benachteiligter Kinder. Das Land Niedersachsen hat für das Programm die Haupt- und Realschule Clausthal-Zellerfeld und die Oberschule an der Deilich in Bad Harzburg ausgewählt. Insgesamt stehen 1,9 Millionen Euro zur Verfügung – bei einer Förderquote von 70 Prozent. 30 Prozent muss also der Landkreis einbringen.
Goslar: Kreistag beschließt Haushalt
Bis 2029 droht ein Defizit von rund 90 Millionen Euro
Über das Sanierungsprogramm für kommunale Sportstätten will der Landkreis die Sanierung der „Leichtathletikanlage im Goslarer Schulzentrum Goldene Aue“ laufen lassen. Das Gelände mit alter Aschenbahn neben der nagelneuen Schule hat es auch bitter nötig. Rund 860.000 Euro soll die Modernisierung kosten.
Sportanlage Goldene Aue
Dafür möchte der Landkreis zwei Fördertöpfe zugleich anzapfen: Zum einen sind es 300.000 Euro aus der Infrastrukturhilfe des Landes. Die verbleibenden 560.000 Euro sollen mit einer Förderquote von 45 Prozent (252.000 Euro) aus dem Bundesprogramm beglichen werden. Der restliche Anteil von 308.000 Euro soll aus der Kreiskasse beigesteuert werden. Über die Vergabe der Zuschüsse entscheidet der Haushaltsausschuss des Bundestages im kommenden Jahr.
Unterm Strich begrüße der Kreis die verschiedenen Förderprogramme grundsätzlich, weil dringend notwendige Investitionen für Bürger und die Wirtschaft umgesetzt würden, betont Landrat Dr. Alexander Saipa (SPD). Erklärtes Ziel der Kreisverwaltung sei es, „die Förderprogramme im größtmöglichen Umfang auszuschöpfen“.
Finanzlage bleibt bedrohlich
Ein relevanter Faktor bei der Umsetzung seien aber nicht nur die Zuschüsse, sondern ebenso die personellen Ressourcen. Will heißen: Es kommt darauf an, ob ausführende Unternehmen zur Verfügung stehen – außerdem genügend Personal für Bauplanung beim Kreis. So seien 2026 zwei weitere Ingenieursstellen beim Landkreis vorgesehen.
GZ-Serie „Die Straßen von Goslar“
600 Millionen Euro für Asphalt und Pflaster oder 300 Jahre warten
Trotz aller Förderprogramme ist die Lage bei Städten, Gemeinden und Landkreisen zunehmend bedrohlich. „Es braucht endlich eine auskömmliche, verlässliche Grundfinanzierung, die weniger von Konjunktur, Gewerbesteuer und Einzelzuweisungen abhängt“, fordert Landrat Saipa von Bund und Land. Wer von Kommunen kluge Lösungen erwarte, müsse ihnen auch die nötige finanzielle Luft zum Atmen geben – und zwar dauerhaft „und ohne ausufernde Beantragungsmodalitäten“.
Sozialkosten und Personal
Was die meisten Kommunen am schwersten drückt, sind dabei die Sozialetats. Bei einem Ausgabenvolumen des Kreises von knapp 400 Millionen Euro für 2026, fließt rund die Hälfte davon in die Sozialbudgets – ob Hilfe zur Pflege, Jugendhilfe oder Wohngeld. Hinzu kommen rund 71 Millionen Euro Personalkosten beim Landkreis. Das alles schränkt den Spielraum für dringend nötige Investitionen erheblich ein – geschweige denn zusätzliche Investitionen über die geplanten Vorhaben hinaus.
Fazit von Alexander Saipa: „Das Land muss den kommunalen Aufgabenbestand auf das Finanzier- und Machbare zurückführen und den Verwaltungsaufwand bei den Sozialleistungen senken.“
GZ-Serie „Die Straßen von Goslar“
Über heißes Pflaster in der Kaiserstadt
Copyright © 2025 Goslarsche Zeitung | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.